Entscheidungsstichwort (Thema)
Ablehnung eines Fristverlängerungsantrags für die Einkommensteuererklärung über den 31.12. des Folgejahres hinaus
Leitsatz (redaktionell)
1) Lehnt das Finanzamt einen Antrag auf Fristverlängerung zur Abgabe der Einkommensteuererklärung ab, so ist dafür die Fortsetzungsfeststellungsklage mit einem Verpflichtungsantrag statthaft. Es besteht Wiederholungsgefahr, dass das Finanzamt in vergleichbaren Fällen genauso entscheiden wird.
2) Gründe für eine über das Jahresende des Folgejahres verlängerte Frist zur Abgabe der Einkommensteuererklärung des beratenen Steuerpflichtigen müssen substantiiert vorgebracht werden. Der pauschale Hinweis des Steuerberaters auf eine Umstellung seiner EDV oder auf Beurlaubungen, Teilzeitarbeitsverhältnisse und Elternzeit seiner Mitarbeiter reichen als Begründungen nicht aus.
3) Der Hinweis, dass mangels Teilnahme am nordrhein-westfälischen Kontingentierungsverfahren hinsichtlich der Belastung der Finanzämter für die nicht teilnehmenden Steuerberater ein Nachteil entsteht, wenn eine Fristverlängerung über den 31.12. des Folgejahres abgelehnt wird, greifen nicht durch. Denn es ist gerade Sinn des Kontingentierungsverfahrens, dass nur die teilnehmenden Steuerberater eine Fristverlängerung für ihre Mandanten erhalten.
Normenkette
AO § 109 Abs. 1 S. 1, § 149 Abs. 2 S. 1; FGO § 100 Abs. 1 S. 4
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Ablehnung eines Fristverlängerungsantrages rechtmäßig ist.
Mit Schreiben vom 27.12.2011 beantragte der Prozessvertreter der Klägerin für seine Mandantin eine Verlängerung der Frist zur Abgabe der Steuererklärungen 2010 bis zum 28.02.2012. Zur Begründung trug er vor, aufgrund der Umstellung der Software im Büro, der steigenden Anzahl von Prüfungen durch die Sozialkasse, das Finanzamt und die Berufsgenossenschaft sowie aufgrund allgemeiner Umstände (BilMoG, ELSTAM, ELENA und E Bilanz) sei es nicht möglich, die Erklärungen fristgerecht einzureichen.
Der Beklagte lehnte den Antrag mit Verwaltungsakt vom 05.01.2012 ab, weil keine hinreichenden Gründe vorgetragen seien, um dem Einzelfristverlängerungsantrag entsprechen zu können. Zur Begründung des dagegen erhobenen Einspruchs trug der Prozessvertreter der Klägerin vor, er habe zwar nicht am Kontingentierungsverfahren teilgenommen, habe aber zweifellos die geforderte Quote erreicht. Er habe lediglich für einige wenige seiner weit über eintausend Mandanten einen Fristverlängerungsantrag gestellt. Der Beklagte wies den Einspruch durch Einspruchsentscheidung vom 02.02.2012 zurück. Bei der Entscheidung über einen Fristverlängerungsantrag sei maßgebliches Entscheidungskriterium, dem Zweck der Steuererklärungsfrist zu dienen, eine zeitnahe und zügige Durchführung der Veranlagung zu gewährleisten. Das Veranlagungsgeschäft dürfe durch die Fristverlängerung nicht beeinträchtigt werden.
Diesem Grundsatz entsprechend habe die Finanzverwaltung die Abgabefrist für die Steuererklärungen bei steuerlich beratenen Steuerpflichtigen allgemein bis zum 31.12. des Folgejahres verlängert, um der allgemein bekannten Arbeitsbelastung des Berufsstandes Rechnung zu tragen. Darüber hinaus könne die Abgabefrist nur in begründeten Einzelfällen bis zum 28.02. des darauf folgenden Jahres verlängert werden. Durch diese Regelung werde der Beraterschaft die Möglichkeit einer kontinuierlichen Erstellung der Erklärungen eröffnet und gleichzeitig ein gleichmäßiger Arbeitsanfall in den Finanzämtern erreicht.
Fristverlängerungen über den 31.12. des Folgejahres hinaus könnten nicht mehr allein auf die Arbeitsüberlastung des Beraters gestützt werden. Sie könnten nur gewährt werden, wenn in der Person des Beraters oder des Steuerpflichtigen besondere unvorhersehbare Umstände eingetreten seien, die bei der erforderlichen Arbeits- und Personalplanung nicht hätten berücksichtigt werden können. Solche Gründe habe der Prozessvertreter der Klägerin nicht vorgetragen. Die allgemeinen Arbeitsbelastungen aufgrund von Softwareumstellungen, Prüfungen und Veränderungen der Rahmenbedingungen seien durch die generelle Fristverlängerung bis zum 31.12. des Folgejahres abgegolten. Es sei zumutbar, diese Umstände in die – vorausschauende – Arbeitsplanung der Kanzlei einzubeziehen.
Auch der Hinweis auf das Kontingentierungsverfahren rechtfertige eine Fristverlängerung nicht. Der Prozessvertreter der Klägerin habe sich entschieden, nicht an dem Verfahren teilzunehmen. Dadurch habe er auch akzeptiert, dass eine Fristverlängerung über den 31.12. auch in Einzelfällen grundsätzlich nicht möglich sei. Es entspreche einer pflichtgemäßen Ermessensausübung, dass der Beklagte unter Berücksichtigung des öffentlichen Interesses an einer zeitnahen und zügigen Durchführung der Veranlagung die vorgetragenen Gesichtspunkte als die beantragte Fristverlängerung nicht tragend beurteilt habe.
Mit Schreiben vom 10.02.2012 erhob die Klägerin gegen den die Fristverlängerung ablehnenden Verwaltungsakt in Gestalt der Einspruchsentscheidung Klage. Zur Begründung trägt ...