Entscheidungsstichwort (Thema)
Hinzuziehung eines vormals am Einspruchsverfahren beider Ehegatten beteiligten Ehegatten bei streitiger Zurechnung eines Veräußerungsgewinns aus gewerblichem Grundstückshandel nach Eintritt der Festsetzungsverjährung
Leitsatz (redaktionell)
Nimmt ein Ehegatte, dem ein Veräußerungsgewinn aus gewerblichem Grundstückshandel im Einspruchsverfahren des anderen Ehegatten zugerechnet worden ist, seinen Einspruch zurück, um Festsetzungsverjährung hinsichtlich seiner Nichtveranlagung eintreten zu lassen, so kann er gleichwohl gem. § 174 Abs. 4 und 5 AO zum noch schwebenden Einspruchsverfahren hinzugezogen werden, um die steuerlich richtigen Folgerungen zu ziehen. Er ist insoweit wie ein Dritter gem. § 174 Abs. 5 AO zu behandeln.
Normenkette
AO § 174 Abs. 4-5
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Hinzuziehung der Klägerin zum Einspruchsverfahren ihres Ehemannes.
Für das Jahr 1998 reichten die Klägerin und ihr Ehemann die Einkommensteuererklärung am 21.09.1999 beim Beklagten ein. In der Folge fand auch bzgl. der Einkommensteuer 1998 eine Prüfung durch das Finanzamt für Groß- und Konzernbetriebsprüfung bei der Klägerin und ihrem Ehemann statt. Nach den Feststellungen der Betriebsprüfung waren Einkünfte aus dem Erwerb, der Bebauung und Vermarktung des Objekts „U” in Höhe von gut 2 Mio. DM im Jahr 1998 nicht wie erklärt der Klägerin als Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung, sondern ihrem Ehemann als Einkünfte aus Gewerbebetrieb zuzurechnen. Wegen der Einzelheiten wird auf Tz 2.2. des Betriebsprüfungsberichts vom 12.06.2003 (Betriebsprüfungsakte) Bezug genommen.
Dementsprechend änderte der Beklagte die Einkommensteuer 1998 durch Bescheid vom 05.09.2003.
Gegen diesen Bescheid legte der Steuerberater der Eheleute unter Angabe der gemeinsamen Steuernummer und der Nennung beider Namen im Kopf des Schreibens am 25.09.2003 Einspruch ein. Der Einspruch richtete sich gegen den Ansatz des Veräußerungsgewinns aus dem Verkauf des Objekts „U”. Zu den Einzelheiten wird auf das Einspruchsschreiben (Blatt 1 Hefter ESt) hingewiesen.
Mit Schreiben vom 13.10.2003 zeigte der Prozessbevollmächtigte an, dass „uns die Eheleute R mit der Wahrnehmung ihrer rechtlichen Interessen beauftragt haben”. Der durch den Steuerberater erhobene Einspruch werde begründet werden. Im Rahmen der Einspruchsbegründung vom 28.11.2003 vertrat der Prozessbevollmächtigte dann die Auffassung, dass das Objekt „U” nicht dem Ehemann der Klägerin sondern ihr selbst steuerlich zuzurechnen sei. Die in diesem Zusammenhang eingereichten Schriftsätze vom 28.11.2003, 26.02.2004 und 11.01.2007 trugen alle die Bezeichnung „Einspruch vom 25.09.2003 der Eheleute R 2 und R 1”.
In der Folge vertrat der Beklagte die Auffassung, das Objekt „U” sei der Klägerin steuerlich zuzurechnen, und sie habe mit der Veräußerung Einkünfte aus einem gewerblichen Grundstückshandel gemäß § 15 Einkommensteuergesetz (EStG) bezogen. Daraufhin nahm die Klägerin den Einspruch gegen den Einkommensteueränderungsbescheid vom 05.09.2003 am 16.04.2007 zurück (vgl. Blatt 70 Hefter ESt).
Mit Bescheid vom 10.10.2007 zog der Beklagte die Klägerin zum Einspruchsverfahren ihres Ehemanns gestützt auf §§ 174 Abs. 5 und 360 Abs. 1 Abgabenordnung (AO) unter Hinweis auf die Zusammenveranlagung der Eheleute hinzu. Zu den Einzelheiten wird auf den Bescheid (Blatt 1 Hefter Hinzuziehung) Bezug genommen.
Das Einspruchsverfahren des Ehemanns der Klägerin ruht derzeit.
Gegen die Hinzuziehung wandte sich die Klägerin mit Einspruch vom 12.11.2007. Die Hinzuziehung sei rechtswidrig, da durch Rücknahme des Einspruchs die Einkommensteuerfestsetzung 1998 ihr gegenüber bestandskräftig geworden und im Übrigen auch Festsetzungsverjährung eingetreten sei. Nach Eintritt der Festsetzungsverjährung sei jedoch eine Hinzuziehung nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht mehr zulässig. Die Klägerin verwies insoweit auf das BFH-Urteil vom 13.04.2000 (V R 25/99, BFH/NV 2001, 137).
Den Einspruch wies der Beklagte durch Einspruchsentscheidung vom 25.01.2008 als unbegründet zurück. Die Hinzuziehung könne auf § 174 Abs. 4 und Abs. 5 AO gestützt werden. Die Festsetzungsverjährung stehe der Hinzuziehung wegen der ursprünglichen Beteiligung der Klägerin am Einspruchsverfahren des Ehemannes nicht entgegen.
Mit ihrer Klage vom 26.02.2008 verfolgt die Klägerin ihr Begehren auf Aufhebung des Hinzuziehungsbescheides weiter. Zur Begründung trägt sie vor, sie sei am Einspruchsverfahren ihres Ehemannes nie beteiligt gewesen. Sie selber habe Einspruch nicht erhoben und auch den steuerlichen Berater nicht entsprechend beauftragt. Die „Rücknahme” ihres Einspruchs habe sie nur vorsorglich erklärt, um klar zu stellen, dass sie nicht verfahrensrechtlich am Einspruchsverfahren beteiligt gewesen sei. Darüber hinaus sei die Hinzuziehung aus den bereits im Einspruchsverfahren erörterten Gründen nicht z...