Entscheidungsstichwort (Thema)
Inanspruchnahme des Schenkers in Nachversteuerungsfällen
Leitsatz (redaktionell)
1) Dem FA steht es entsprechend § 421 BGB grundsätzlich frei, ob es sich wegen der Schenkungsteuer an den Schenker oder den Beschenkten als Gesamtschuldner wendet.
2) Aus dem Wortlaut des § 20 Abs. 1 Satz 1 ErbStG und dem Charakter der Schenkungsteuer als einer Bereicherungssteuer folgt, dass sich das FA grundsätzlich zunächst an den Beschenkten halten muss.
3) Eine Inanspruchnahme des Schenker ist zulässig, wenn sich der Schenker verpflichtet, die Schenkungsteuer zu übernehmen.
4) Eine Inanspruchnahme des Schenkers ist auch in sog. Nachversteuerungsfällen nach § 13a Abs. 5 ErbStG zulässig.
5) § 20 Abs. 1 ErbStG i.V. mit § 13a Abs. 5 ErbStG sind verfassungsrechtlich unbedenklich.
Normenkette
ErbStG § 13a Abs. 5; AO §§ 5, 44; BGB § 421; GG Art. 3, 14; ErbStG § 20 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist die Inanspruchnahme des Schenkers als Gesamtschuldner gem. § 20 Abs. 1 Erbschaftsteuergesetz (ErbStG).
Der Kläger (Kl.) war Inhaber einer Schreinerei, die er auf dem ihm allein gehörenden Grundstück N-Str. 1 (Flur 1, Flurstück 1) in T-Stadt betrieb. Mit Betriebspachtvertrag vom 19.03.1993 hatte er seinem Sohn, Herrn N. T., die Betriebsräume und die Betriebsflächen sowie die beweglichen Wirtschaftsgüter verpachtet. Der Kl. hatte insoweit einen ruhenden Gewerbebetrieb.
Mit Vertrag vom 29.12.1998 übertrug der Kl. seinem Sohn das Grundstück N-Str. 1 (Flur 1, Flurstück 1) und die ihm bis dahin verpachteten Wirtschaftsgüter und Betriebsausstattungen im Wege der vorweggenommenen Erbfolge, und zwar teilentgeltlich. Der Kl. gab seinen ruhenden Gewerbebetrieb endgültig auf.
Zum Zeitpunkt des Vertragsabschlusses vom 29.12.1998 schuldete der Beschenkte dem Kl. noch Pacht und Umsatzsteuer auf Pacht von 121.350 DM. Der Kl. erklärte im Vertrag vom 29.12.1998 sein Einverständnis damit, „dass mit Zahlung einer Summe von 50 % des vorgenannten Saldos, bei dem Erschienenen zu 1. (das ist der Kl.) bis zum 28. Februar 1999 eingehend, diese Forderungen erledigt sind. Der Erschienene zu 1. verzichtet mit Eingang und unter der Bedingung des fristgerechten Zahlungseingangs des hälftigen Forderungsbetrags auf die Restforderung.”
Weiter heißt es in dem Vertrag vom 29.12.1998:
„Der Erschienene zu 3. (das ist der Sohn des Kl.) schließt in Kürze mit allen seinen ungesicherten Gläubigern einen außergerichtlichen Vergleich, wonach die Forderungen der Gläubiger mit Zahlung von 50 % der jeweiligen Forderungssummen erledigt werden.”
Wegen der Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.12.1998, UR-Nr. 1/1998 des Notars H. in T-Stadt Bezug genommen, insbesondere Ziff. 11 und 12, Bl. 2 ff der Schenkungsteuerakte.
Weiter ist in dem Vertrag geregelt, dass der Beschenkte an den Kl. und seine Ehefrau als Gesamtgläubiger ein Teilentgelt in Höhe von insgesamt 240.000 DM zu zahlen hatte. Dieses Teilentgelt sollte in monatlichen Teilbeträgen von 1.000 DM gezahlt werden. Weiter übertrug der Kl. noch seinem Sohn seine hälftigen Miteigentumsanteile an zwei weiteren Grundstücken N-Str. 1 (Flur 1, Flurstücke 2 und 3) in T-Stadt. Die andere Hälfte der Miteigentumsanteile wurde dem Beschenkten mit gleichem Vertrag von seiner Mutter übertragen. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den Vertrag vom 29.12.1998, UR-Nr. 1/1998 des Notars H. in T-Stadt Bezug genommen, Bl. 2 ff der Schenkungsteuerakte N. T..
Im November 1999 forderte der Beklagte (Bekl.) den Beschenkten zur Abgabe einer Schenkungsteuererklärung auf. Die Schenkungsteuererklärung ging am 27.01.2000 beim Bekl. ein. Die in der Schenkungsteuererklärung unter D. enthaltende Frage, ob bei Schenkungen von inländischem land- und forstwirtschaftlichen Vermögen, inländischem Betriebsvermögen und Anteilen an Kapitalgesellschaften im Sinne des § 13a Abs. 4 ErbStG der Freibetrag in Anspruch genommen wird, beantwortete der Beschenkte mit ja. Er fügte der Erklärung die unwiderrufliche Erklärung des Schenkers, das ist der Kl., zur Inanspruchnahme des Freibetrags nach § 13a ErbStG für die Übertragung des Betriebsvermögens bei; die Erklärung ist vom Schenker handschriftlich unterzeichnet (Bl. 20 der Schenkungsteuerakte N. T.).
Der Bekl. ermittelte den Wert des Erwerbs aufgrund der Angaben des Beschenkten in der Steuererklärung mit 541.236 DM; wegen der Einzelheiten der Berechnung wird auf Bl. 35, Bl. 51 f. der Schenkungsteuerakte N. T. Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des Freibetrags nach § 13a ErbStG und des persönlichen Freibetrag von 100.000 DM ergab sich keine zu erhebende Schenkungsteuer. Das FA teilte dem Beschenkten mit Bescheid vom 22.03.2000 mit, dass der Erwerb steuerfrei bleibt. Dem Bescheid war eine Anlage über die Höhe des Freibetrags gem. § 13a ErbStG beigefügt. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid vom 22.03.2000 mit Anlage Bezug genommen, Bl. 36 f. der Schenkungsteuerakte N. T..
Am 18.11.2003 erfuhr der Bekl., dass die Stadt T-Stadt dem Beschenkten die Ausübung seines Gewerbes untersagt hatte; die Untersagun...