rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflichtige Übertragung der Anteile an einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft innerhalb eines Organkreises
Leitsatz (redaktionell)
Auch die Übertragung aller Anteile einer grundbesitzenden Kapitalgesellschaft innerhalb eines Organkreises löst Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG aus. Der Rechtsgedanke einer grunderwerbsteuerlichen Einheit zwischen herrschender und abhängiger Person im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 1 GrEStG führt zu keinem anderen Ergebnis.
Normenkette
GrEStG § 1 Abs. 3 Nrn. 1, 3
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte (das Finanzamt - FA -) zu Recht wegen Übertragung aller Anteile einer grundbesitzenden GmbH auf die Klägerin Grunderwerbsteuer gemäß § 1 Abs. 3 Nr. 3 des Grunderwerbsteuergesetzes (GrEStG) festgesetzt hat.
Die … AG (KB-AG) war die alleinige Gesellschafterin der … GmbH (V-GmbH), der in … Grundstücke gehören. Sie ist außerdem an der Klägerin zu 100 v. H. beteiligt.
Durch notariell beurkundeten Kauf- und Abtretungsvertrag vom 13.09.1995 (UR-Nr. 2649/F/1995 des Notars …) erwarb die Klägerin den einzigen Geschäftsanteil der V-GmbH von der KB-AG.
Das FA sah in dem Kaufvertrag ein Rechtsgeschäft im Sinne des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG und setzte mit Grunderwerbsteuerbescheid vom 26.09.1995 die Grunderwerbsteuer auf … DM fest.
Hiergegen richtet sich nach erfolglosem Vorverfahren (Einspruchsentscheidung vom 08.10.1996) die vorliegende Klage.
Die Klägerin meint, die Übertragung der 100 %igen Beteiligung an der grundbesitzenden Firma V-GmbH durch die KB-AG auf sie erfülle entgegen der Rechtsauffassung des FA nicht den grunderwerbsteuerlichen Tatbestand des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG. Der Bundesfinanzhof (BFH) habe zwar mit Urteil vom 30.03.1988 II R 81/85, BStBl. II 1988, 682 entschieden, daß die Übertragung aller Anteile an einer grundbesitzenden Gesellschaft durch eine Organgesellschaft auf eine andere Organgesellschaft Grunderwerbsteuer nach § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG auslöse. Das Urteil aus dem Jahre 1988 könne heute in Anbetracht der neueren BFH-Rechtsprechung zur Frage der Grunderwerbsteuerpflicht bei Anteilsverschiebungen im Konzern keine Gültigkeit mehr beanspruchen (Hinweis auf die BFH-Urteile vom 20.10.1993 II R 116/90, BStBl. II 1994, 121 und vom 12.01.1994 II R 130/91, BStBl. II 1994, 408).
Auch die dem § 1 Abs. 3 GrEStG zugrundeliegenden Wertungen würden eine weitere Anwendung der vom BFH in seinem Urteil vom 30.03.1988 aufgestellten Grundsätze verbieten. Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG sei nicht der Erwerb der Geschäftsanteile als solcher; der Anteilserwerb sei nur rechtstechnischer Anknüpfungspunkt. Gegenstand der Besteuerung nach § 1 Abs. 3 GrEStG sei vielmehr die durch den Anteilserwerb begründete, spezifisch grunderwerbsteuerrechtlich veränderte Zuordnung von Grundstücken. Maßgeblich dafür, ob die Anteilsübertragung einen grunderwerbsteuerpflichtigen Vorgang auslöse, sei demnach nicht die Veränderung der zivilrechtlichen, sondern der grunderwerbsteuerlichen Rechtszuständigkeit. Der Vorschrift des § 1 Abs. 3 GrEStG liege der Rechtsgedanke zugrunde, wonach der Übergang der tatsächlichen Sachherrschaft an einem Grundstück besteuert werden solle. Von einem Übergang der Sachherrschaft auf sie, die Klägerin, könne aber nur dann gesprochen werden, wenn sie diejenige sei, die die Herrschaftsmacht über das Grundstück in einer Weise ausübe, bei der sie in Angelegenheiten, die das Grundstück betreffen würden, jederzeitige Einflußnahme habe. Von einer solchen tatsächlichen Sachherrschaft ihrerseits könne nicht gesprochen werden. Sie werde nicht zivilrechtliche Eigentümerin des Grundstücks, da dieses weiterhin im Vermögen der Firma V-GmbH bleibe. Auch wirtschaftlich könne ihr die tatsächliche Sachherrschaft über das Grundstück nicht zugeordnet werden, da trotz ihrer 100 %igen Beteiligung an der Firma V-GmbH hinter ihr weiterhin zu 100 % die KB-AG als Veräußerin stehe und letztere damit uneingeschränkte Einflußnahme auf sie und damit auf die grundbesitzende Firma habe. Durch ihre (der Klägerin) Zwischenschaltung als eine Organgesellschaft der Veräußern habe kein Wechsel in der tatsächlichen Sachherrschaft stattgefunden. Der Verkauf einer 100 %igen Beteiligung könne daher nicht zu einem grunderwerbsteuerlich relevanten Übergang führen, wenn lediglich im Konzern ein Austausch von unmittelbarem und mittelbarem Anteilsbesitz stattfinde. Auch wenn nach dem Wortlaut des § 1 Abs. 3 Nr. 3 GrEStG das Bestehen eines Konzerns unerheblich sei, da die einzelne Gesellschaft als Erwerber auftrete, müsse der der Vorschrift zugrundeliegende Rechtsgedanke sowie der Sinn und Zweck dieser Vorschrift eine einschränkende Auslegung des Wortlauts unter dem Gesichtspunkt verlangen, daß bei einer Anteilsübertragung im Konzern kein Übergang der Herrschaftsmacht von einem Unternehmen auf das andere Unternehmen erfolge. Die Herrschaftsmacht liege, wie sich aus § 1 Abs. 3 Nr. 1 2. Alternative GrEStG ergebe, nicht bei dem vom Konzern zu 100 % beherrschten Unter...