rechtskräftig
Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerfreie Ausfuhrlieferung über inländische Tochergesellschaft
Leitsatz (redaktionell)
Lässt der im Ausland ansässige Abnehmer einen Liefergegenstand zunächst seiner inländischen Tochtergesellschaft aushändigen und ihn dann an seinen im Drittland ansässigen Kunden versenden, handelt es sich um eine Ausfuhrlieferung im Sinne des § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG.
Normenkette
UStG § 6 Abs. 1 Nr. 2, § 4 Nr. 1a
Gründe
I.
Streitig ist, ob steuerfreie Ausfuhrlieferungen vorliegen, wenn der im Ausland ansässige Abnehmer den Liefergegenstand zunächst seiner inländischen Tochtergesellschaft aushändigen und ihn dann an seinen im Drittlandgebiet ansässigen Kunden versenden läßt.
Die Klägerin (Klin.) stellt Steuerungsgeräte für Druckmaschinen her.
Großkunde der Klin. war die in Z (Schweiz) ansässige AG (MM), die von ihrer in M (Deutschland) ansässigen Tochter GmbH (GmbH) Druckmaschinen für die außergebietlichen Abkäufer der MM herstellen ließ. Nach den Feststellungen einer Betriebsprüfung (Bp, Bericht vom 29.08.1996 Tz. 11) bestellte die MM bei der Klin. Steuerungsgeräte für die von der GmbH produzierten Druckmaschinen mit der Anweisung, die Geräte zur GmbH zu verbringen und der GmbH zu übergeben. Der von der Klin. beauftragte Spediteur verbrachte die Steuerungsgeräte zur GmbH, wo Monteure der Klin. die Geräte zur Abstimmung an die Spezifikation der Druckmaschinen an dieselben anbauten und einen Probebetrieb durchführten. Bei Mängelfeststellung wurden die Geräte zur Klin. zurückgebracht und nach Mängelbeseitigung erneut zur GmbH verfrachtet. Nach erfolgreichem Probebetrieb verblieben die Geräte nach Demontage von den Druckmaschinen bei der GmbH und wurden auf Anweisung der MM zusammen mit den Druckmaschinen von der GmbH per Spediteur an die außergebietlichen Abnehmer der MM versandt. Beim Endabnehmer montierten Mitarbeiter der Klin. das Steuerungsgerät wieder an die Druckmaschine und führten einen Probebetrieb durch.
Die Klin. berechnete der MM die Lieferung ihrer Steuerungsgeräte ohne Umsatzsteuer (USt)-Ausweis. Die Rechnungen enthielten den Hinweis, daß die GmbH mit Lieferschein vom … per Spedition ein Gerät erhalten habe.
Die Bp und ihr folgend das beklagte Finanzamt (FA) in den angefochtenen USt-Bescheiden 1990 bis 1994 vertraten die Auffassung, daß die Klin. keine steuerfreie Ausfuhrlieferungen erbracht habe. Eine Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 1 Umsatzsteuergesetz 1990/1993 (UStG) scheide aus, weil die Klin. die Geräte nur ins Erhebungsgebiet nach M versandt habe. Die Lieferungen der Klin. seien auch nicht nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG steuerbefreit, denn die Klin. habe der MM bereits im Erhebungsgebiet, nämlich in M, Verfügungsmacht an den Geräten durch deren Übergabe an die GmbH verschafft. Weil also dort der Liefervorgang bereits beendet gewesen sei, liege kein Abholfall vor. Eine Steuerbefreiung nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG komme aber nur dann in Betracht, wenn der Gegenstand bei „einer” Lieferung, d. h. hier bei der Lieferung seitens der Klin. an die MM und nicht durch eine nachfolgende Lieferung durch die MM an ihre Abnehmer, ins Außengebiet gelange.
Mit der Klage begehrt die Klin. nach im Streitpunkt erfolglosem Einspruchsverfahren (Einspruchsentscheidung vom 07.02.1997) erklärungsgemäße Veranlagungen. Nach ihrer Auffassung bietet das Gesetz keine Grundlage für die Ansicht des FA. Nach § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG genüge es, daß die Lieferung der Klin. im Inland erfolge, wenn sie nur an einen ausländischen Abnehmer gerichtet sei und dieser anschließend den Gegenstand ins Drittland versende.
Die Klin. beantragt,
- unter Änderung der Bescheide vom 27.12.1996 die USt 1990 um DM, die USt 1991 um DM, die USt 1992 um 49.301,99 DM, die USt 1993 um DM und die USt 1994 um DM herabzusetzen,
- hilfsweise für den Unterliegensfall die Revision zuzulassen.
Das FA beantragt,
die Klage abzuweisen.
Der Senat entscheidet im Einverständnis der Beteiligten ohne mündliche Verhandlung, § 90 Abs. 2 Finanzgerichtsordnung (FGO).
Die Klage ist begründet.
Die streitbefangenen Lieferungen der Klin. sind steuerfrei nach § 4 Nr. 1a iVm § 6 Abs. 1 Nr. 2 UStG. Denn die in der Schweiz ansässige Firma MM hat als ausausländischer Abnehmer, § 6 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 UStG, die von der Klin. gelieferten Maschinen ins Drittlandgebiet geleitet.
Abnehmer ist derjenige, der den Anspruch auf die Lieferung hat (vgl. Birkenfeld, Das große Umsatzsteuer-Handbuch, Bd. I Teil II Rz. 55, und Schwarz in Plückebaum/Malitzky, UStG, § 6 Rz. 9). Da nicht die inländische GmbH, sondern MM die Maschinen bei der Klin. bestellt hatte, war Abnehmer die Firma MM und nicht deren inländische Tochtergesellschaft. Falls letztere als Zweigniederlassung oder Organgesellschaft der MM anzusehen wäre (vgl. dazu Heidner in Bunjes/Geist, UStG, § 6 A 7, und Pflüger in Hartmann/Metzenmacher, UStG, § 6 Rz. 52), so läge in der Entgegennahme durch die GmbH eine Selbstabholung durch den ausländischen Abnehmer MM (Pflüger aaO Rz. 28). Eine sog. Abhollieferung i. S. von § 6 Abs. 1 N...