Entscheidungsstichwort (Thema)
Steuerpflicht bei Teilnahme an sog. "Tafelrunden"
Leitsatz (redaktionell)
Ein Steuerpflichtiger erbringt sonstige Leistungen i.S.d. § 22 Nr. 3 EStG, wenn er in "Tafelrunden", aus denen er Einnahmen erzielt, neue Mitglieder wirbt.
Die Kosten für Fahrten zu den wöchentlichen Treffen seiner Tafelrunden sowie seiner Krönungsfeiern stellen Werbungskosten dar.
Fahrtkosten sind entweder mit den tatsächlichen Kosten oder mit den pauschalen Kilometersätzen (vgl. H 38 LStH 2002) anzusetzen.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 2, § 9 Abs. 1 S. 1, § 12 Nr. 1, § 3
Tatbestand
Streitig ist, ob der Kläger (Kl.) aus der Beteiligung an Schenkkreisen („Tafelrunden”) sonstige Einkünfte (§ 22 Nr. 3 Einkommensteuergesetz – EStG –) erzielt hat und wenn ja, in welcher Höhe Fahrtaufwendungen, pauschal geltend gemachte Aufwendungen für Telefon, Internet und „Krönungsfeiern” sowie Kosten des finanzgerichtlichen Verfahrens als Werbungskosten zu berücksichtigen sind.
Der Kl. ist Gesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH und erzielte im Streitjahr 2002 Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit (§ 19 EStG) sowie aus Kapitalvermögen (§ 20 EStG). Er wurde – von seiner Ehefrau seit 2001 getrennt lebend – einzeln zur Einkommensteuer (ESt) veranlagt.
Der Beklagte (Bekl.) setzte die ESt 2002 nach Abgabe der Steuererklärung in 2003 mit Bescheid vom 05.12.2003 auf 21.774 EUR fest.
Im Jahr 2006 wurde im Rahmen von Ermittlungen des Finanzamts für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung B (StrafaFA B) bekannt, dass der Kl. sich im Rahmen eines Pyramidenspiels an vier Schenkkreisen beteiligt hatte. Die als Tafelrunde bezeichneten Schenkkreise waren im August 2002 im Raum O entstanden.
Eine Tafelrunde war nach den im Internet unter „www.t.net” veröffentlichten Spielregeln nach Art einer Pyramide organisiert. Jede Tafelrunde bestand aus 15 Personen und gliederte sich in vier Stufen. An der Spitze (erste Stufe) stand eine Person (König), auf der zweiten Stufe zwei Personen (Edelmann), auf der dritten Stufe vier Personen (Ritter) und auf der vierten und letzten Stufe acht Personen (Knappen). Ein Eintritt in eine Tafelrunde erfolgte auf der vierten Stufe.
Die Spielregeln sahen vor, dass mit Besetzung sämtlicher Knappenpositionen alle acht Knappen an den König „Schenkungen” i. H. v. jeweils 5.000 EUR –in der Summe 40.000 EUR –zu leisten hatten. Die Schenkungen erfolgten durch Übergabe von Bargeld im Rahmen einer Feier. Hierbei wurden vom König, den Knappen und einem Zeugen eine vorformulierte „Schenkungs-Urkunde” unterzeichnet. Wegen des Inhalts der Schenkungsurkunden wird auf diese (graue Sonderakte des Bekl.) verwiesen.
Nach der Beschenkung des Königs schied dieser aus der Tafel aus und es entstanden durch Aufteilung zwei neue Tafeln. An deren Spitze traten die Personen, welche zuvor auf der zweiten Stufe (Edelmänner) gestanden hatten. Die zweite Stufe wurde mit jeweils zwei Personen der dritten Stufe der Ausgangstafel besetzt. In die dritte Stufe rückten jeweils vier Knappen der Ausgangstafel auf, so dass die Knappenpositionen der neuen Tafeln erneut zu besetzen waren.
Grundlage der Tafelrunden war neben den Spielregeln ein ebenfalls im Internet veröffentlichter „Ehrencodex”. Tafeln, welche gegen den Ehrencodex verstießen, konnten von der Internetseite ausgeschlossen werden.
Die Kommunikation der Teilnehmer einer Tafelrunde erfolgte über die Internetseite; dort waren sämtliche Teilnehmer mit Vornamen und Telefonnummern aufgeführt. Treffen der Tafeln, insbesondere Ort und Datum einer Krönungsfeier (Beschenkung des Königs) wurden auf der Internetseite veröffentlicht. Die Verwaltung der Angaben zu einer Tafel erfolgte durch den König. Die Beschenkungsfeier wurde vom König organisiert. Nach seiner Krönung erhielt der König ein „Tool” zum Aufteilen der Tafelrunde. Nach dem Ehrencodex oblag es dem König, sich an der Finanzierung eines Treffens zu beteiligen; zudem musste der König einen „Beitrag” für die Erhaltung der Internetseite erbringen.
Für die Teilnehmer sah der Ehrencodex die „Obliegenheit” zur Anwerbung neuer Teilnehmer vor. Ein Teilnehmer, der bis zum Erreichen der zweiten Stufe (Edelmann) selbst keinen Teilnehmer geworben hatte, sollte durch Mehrheitsentscheid gegen Rückgabe seines Geschenks durch einen „aktiven neuen Mitspieler” ersetzt werden können.
Wegen der weiteren Einzelheiten zum Inhalt der Spielregeln sowie des Ehrencodex wird auf diese verwiesen (Anhänge 1 und 2 zum Bericht des StrafaFA B vom 02.03.2007, graue Sonderakte des Bekl.).
Der Kl. war in 2002 an drei Tafelrunden (Nr. 19, 138 und 288) als König und zugleich als Knappe beteiligt und an einer weiteren Tafel (Nr. xxx) als Knappe; bei zwei Tafeln (Nr. xx und xxx) wurde der Kl. in 2002 zum König gekrönt und erzielte Einnahmen i. H.
v. insgesamt 60.000 EUR. Aus den beiden anderen Tafeln (Nr. 165 und 288) erzielte er im Streitjahr 2002 keine Einnahmen.
Der Kl. selbst warb Teilnehmer aus seinem Bekannten- und Freundeskreis, wobei im Einzelnen nicht festgestellt werden konnte, wie viele P...