Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung der in den Semesterferien erzielten Einkünfte auf den Ausbildungsfreibetrag (AFB). Keine Beschränkung des Antrags auf AFB auf einzelne Monate bei ganzjähriger Berufsausbildung. Einkommensteuer 1988
Leitsatz (amtlich)
1. Befindet sich ein Kind während des gesamten Veranlagungszeitraums in Berufsausbildung, sind für die Berechnung des Ausbildungfreibetrages (AFB) sämtliche im Kalenderjahr bezogenen eigenen Einkünfte des Kindes zu berücksichtigen, unabhängig davon, in welchen Monaten sie bezogen wurden.
2. Der Steuerpflichtige hat nicht die Möglichkeit, durch Beantragung eines AFB ausschließlich für die Monate der Studiensemester zu erreichen, dass die in den übrigen Monaten (Semesterferien) erzielten Einkünfte des Kindes den AFB nicht mindern.
Normenkette
EStG 1987 § 33a Abs. 2 S. 4, Abs. 4 Sätze 1-2
Tenor
Unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 11.6.1991 wird die Einkommensteuer 1988 anderweitig auf 40.018 DM festgesetzt. Im übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten für die Zeit bis zum 20.1.1993 zu 18 v.H., danach zu 1/3, im übrigen den Klägern auferlegt.
Beschluß:
Der Streitwert beträgt für die Zeit bis zum 20.1.1993 1.464; DM für die Zeit danach 786 DM.
Gründe
Streitig ist, ob den Klägern (Kl.) ein Ausbildungsfreibetrag (AFB) für die Monate zusteht, in denen ihr Sohn keine eigenen Einkünfte bezogen hat.
Der am 3.11.1966 geborene Sohn … für den die zur ESt zusammenveranlagten Kl. im Streitjahr 1988 einen Kinderfreibetrag (KFB) erhalten haben, studierte ganzjährig Chemie an der … Universität in ….
Der Sohn … bezog im Streitjahr in der Zeit vom 1.3. – 8.4.1988 einen Bruttoarbeitslohn von 3.531 DM und in der Zeit vom 1.8. – 9.9.1988 von 3.557 DM.
Nachdem die Kl. im Einspruchsverfahren vergeblich die Aufwendungen eines Arbeitsverhältnisses mit dem Sohn als Werbungskosten (Wk) bei ihren Einkünften aus Vermietung und Verpachtung (VuV) geltend gemacht hatten, ließen sie diesen Punkt während des Klageverfahrens fallen und begehrten nunmehr nur noch die Berücksichtigung eines zeitanteiligen AFB für diejenigen Monate, in denen der Sohn keinen Arbeitslohn bezogen hat.
Die Kl. beantragen,
einen AFB in Höhe von 1.600 DM (für die Monate Januar, Februar, Mai-Juni sowie Oktober bis Dezember 1988 jeweils 200 DM) zu berücksichtigen.
Der Bekl. beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach Auffassung des Bekl. sind die von dem Sohn erzielten Einkünfte anzurechnen, da er sich während des ganzen Jahres in der Ausbildung befunden habe. Eine Nichtanrechnung nach § 33 a Abs. 4 Satz 2 EStG erfolge nur für die Monate, in denen sich ein Kind nicht in der Ausbildung befunden habe.
Der Senat entscheidet bei einem Streitwert unter 1.000 DM gemäß § 94 a FGO ohne mündliche Verhandlung.
Die Klage ist zum Teil begründet.
Den Kl. steht für ihren Sohn … ein AFB für das Streitjahr in Höhe von 556 DM nach § 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG zu.
Nach § 33 a Abs. 2 Satz 1 EStG wird auf Antrag des Steuerpflichtigen ein Ausbildungsfreibetrag vom Gesamtbetrag der Einkünfte abgezogen, wenn diesem Aufwendungen für die Berufsausbildung eines Kindes erwachsen, für das er einen KFB erhält. Nach § 33 a Abs. 2 Satz 3 Nr. 2 EStG beträgt der AFB für ein Kind, das das 18. Lebensjahr vollendet hat 2.400 DM.
Der AFB vermindert sich um die eigenen Einkünfte und Bezüge des Kindes, die zur Bestreitung seines Unterhalts oder seiner Berufsausbildung bestimmt oder geeignet sind, soweit diese 3.600 DM im Kalenderjahr übersteigen (§ 33 a Abs. 2 Satz 4 EStG).
Danach errechnet sich im Streitfall für den Sohn … folgender AFB:
Arbeitslohn 1.3. – 8.4.1988 |
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3.531 DM |
Arbeitslohn 1.8. – 9.9.1988 |
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3.557 DM |
Arbeitslohn 1988 |
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7.088 DM |
Weihnachts- und Arbeitnehmerfreibetrag |
./. |
1.080 DM |
WK-Pauschale |
./. |
564 DM |
Einkünfte |
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5.444 DM |
Betrag nach § 33 a Abs. 2 Satz 4 EStG |
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3.600 DM |
anzurechnende Einkünfte |
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1.844 DM |
Freibetrag (höchstens) |
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2.400 DM |
AFB |
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556 DM |
Die Anrechnung der Einkünfte des Sohnes der Kl. ergibt sich aus § 33 a Abs. 4 Satz 1 u. 2 EStG. Durch diese ab dem Veranlagungszeitraum 1986 in das EStG eingefügte Vorschrift wird bestimmt, daß Einkünfte, die auf Zeiträume außerhalb der Ausbildung entfallen, nicht angerechnet werden. Dies bedeutet für den Streitfall, in dem die Ausbildung über das ganze Jahr gedauert hat, daß die im ganzen Jahr erzielten Einkünfte des Sohnes unabhängig davon, in welchen Monaten sie erzielt worden sind, anzurechnen sind. Der Steuerpflichtige hat nicht die Möglichkeit, durch Beschränkung des Antrags auf AFB ausschließlich für die Monate der Studiensemester zu erreichen, daß die in den übrigen Monaten (Semesterferien) erzielten eigenen Einkünfte des Kindes den AFB nicht mindern (ebenso: Arndt in Kirchhof/Söhn, EStG, September 1990, § 33 a RdNr: F 11; Hessisches FG rkr Urteil vom 12. Oktober 1909 I K 286/87 in EFG 1990, 360; OFD Köln in DB 1987, 2333; a.A. Herrmann/Heuer/Raupach EStG Dezember 1986, § 33 Anm. 88 und Dankmeyer/Klöckner/Puhl in DB 1986, 505; offen bei Schmidt/Glanegger, EStG, 11. Aufl. 1992, § 33 a...