Entscheidungsstichwort (Thema)
Bemessungsgrundlage für 1%-Regelung bei Kfz-Umrüstungskosten auf Flüssiggasbetrieb
Leitsatz (redaktionell)
Umrüstungskosten auf Flüssiggasbetrieb bei Fahrzeugen, die Arbeitnehmern zur privaten Nutzung überlassen werden, sind in die Bemessungsgrundlage für die sog. 1%-Regelung einzubeziehen.
Normenkette
EStG § 6 Abs. 1 Nr. 4 S. 2, § 8 Abs. 2, § 19 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob bei Fahrzeugen, die Arbeitnehmern zur privaten Nutzung überlassen werden, Umrüstungskosten auf Flüssiggasbetrieb in die Bemessungsgrundlage für die sog. 1%-Regelung einzubeziehen sind.
Die Klägerin, die den Vertrieb von Flüssiggas betreibt, bemüht sich seit 2002 in verstärktem Maße durch Werbeaktionen, Auftritte auf Energie- und Kraftfahrzeug-Messen sowie sonstige Medienmaßnahmen, den Flüssiggasabsatz für Kraftfahrzeuge zu fördern. Ihr Autoabgasabsatz erfolgt im Wesentlichen über zusätzliche Zapfanlagen an Tankstellen. Hierzu werden entweder mit den Mineralölkonzernen Lieferverträge oder mit den Tankstellenpächtern vergleichbare Verträge geschlossen, nach denen die Vertragspartner als Agentur der Klägerin fungieren oder die Zapfanlage in Eigenregie betreiben. Die Kontakte mit den Tankstellenpächtern bzw. mit den Kunden im Brenngasgeschäft werden über Außendienstmitarbeiter hergestellt oder aufrechterhalten.
Die Klägerin stellt ihren leitenden Angestellten und Außendienstmitarbeitern kostenlos geleaste Firmenfahrzeuge zur Verfügung, die auch privat genutzt werden dürfen. Die Firmenfahrzeuge der Außendienstmitarbeiter werden in zeitlicher Nähe nach Auslieferung zusätzlich für den Betrieb mit Flüssiggas umgerüstet. Die Umbaukosten pro Pkw in Höhe von rund EUR 2.500,– trägt jeweils die Leasinggesellschaft, die diese Kosten über die Leasinggebühr abrechnet. Die Leasinggebühren, die sich nach Listenpreis, Sonderausstattungen und Umbauten richtet, und alle weiteren Aufwendungen für die Firmenfahrzeuge trägt ausschließlich die Klägerin. Die auf Gasbetrieb umgerüsteten Firmenfahrzeuge erhalten einen oder mehrere Werbeaufkleber, mit denen mit den Worten „X.”, Flüssiggas” und „Autogas” auf das Autogasgeschäft der Klägerin aufmerksam gemacht wird.
Die Klägerin rechnete die Umrüstungskosten auf den Flüssiggasbetrieb nicht in die Bemessungsgrundlage der sog. 1%-Regelung für die private Pkw-Nutzung ein.
Nach einer im Jahre 2006 durchgeführten Lohnsteueraußenprüfung für den Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2005 vertrat der Beklagte die Auffassung, auch die Umrüstungskosten seien in die Berechnung des geldwerten Vorteils einzubeziehen, da es sich insoweit nicht um ein eigenständiges Wirtschaftsgut handele, dessen Nutzbarkeit getrennt von der Möglichkeit zum privaten Gebrauch des Fahrzeugs bewertet werden könne. Die nach dieser Auffassung nachzuversteuernden Sachbezugswerte sind der Höhe nach unstreitig und im Prüfungszeitraum einvernehmlich mit jährlich EUR 19.200,– ermittelt worden.
Nach einem Antrag der Klägerin auf Nachversteuerung mit einem durchschnittlichen Nettosteuersatz i.S.d. § 40 Absatz 1 Satz 2 Einkommensteuergesetz (EStG) setzte der Beklagte mit Nachforderungsbescheid vom 9.6.2006 für den Zeitraum 1.1.2003 bis 31.12.2005 Lohnsteuern, Solidaritätszuschläge sowie evangelische und katholische Kirchensteuern in Höhe von insgesamt EUR XX,YY fest.
Mit der hiergegen nach erfolglosem Vorverfahren erhobenen Klage vertritt die Klägerin weiterhin die Auffassung, die Umrüstungskosten seien nicht in die Bemessungsgrundlage für den Sachbezug aus privater Kfz-Nutzung einzubeziehen.
Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor, die Umrüstung der geleasten Fahrzeuge stelle für die jeweiligen Arbeitnehmer bereits keinen geldwerten Vorteil dar, da sich für die Arbeitnehmer kein erhöhter Nutzungsvorteil oder Mehrwert in Form zusätzlich ersparter Aufwendungen ergebe. Die geleasten Firmenfahrzeuge könnten immer nur entweder mit Flüssiggas oder mit normalem Kraftstoff betrieben werden. Etwaige Vorteile aus niedrigeren Kraftstoffkosten stünden allein der Klägerin zu. Die Arbeitnehmer hätten auf Grund der Umrüstung vielmehr zusätzlichen organisatorischen Aufwand, da ihnen die Terminvereinbarung mit der Fachwerkstatt sowie die Übergabe der geleasten Fahrzeuge zwecks Umrüstung obliege. Zudem liege die Umrüstung in ihrem (der Klägerin) überwiegenden eigenbetrieblichen Interesse. Neben den Kostenvorteilen gehe sie von einer enormen Werbewirksamkeit der Umrüstung für ihre eigenen Produkte aus. Für ihre Marktstrategie sei es von wesentlicher Bedeutung, die mit entsprechender Werbung versehenen Betriebsfahrzeuge mit Einsatz im Kundenkontakt auf Flüssiggas umzurüsten. Ein Einsatz von mit herkömmlichen Kraftstoffen betriebenen Vertriebsfahrzeugen würde die Aussagen zur Vorteilhaftigkeit des Flüssiggases unglaubwürdig erscheinen lassen und somit einen betrieblichen Imageschaden verursachen. Deshalb habe sie insbesondere die geleasten Fahrzeuge der im betrieblichen Außendienst tätigen Mitarbeiter mit der Möglichkeit des Flüssiggasbetriebs ausgestattet...