Entscheidungsstichwort (Thema)
Schweizer Kapitalgesellschaft, Kapitalverkehrsfreiheit
Leitsatz (redaktionell)
Die Verlustabzugsbeschränkung des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 EStG ist auch auf die Veräußerung der Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft mit Geschäftsleitung und Sitz in der Schweiz anwendbar. Hierin liegt kein Verstoß gegen die Kapitalverkehrsfreiheit.
Normenkette
EStG § 2a Abs. 1 S. 1 Nr. 4
Tatbestand
Streitig ist, ob der Verlust der Klägerin (Klin.) aus der Veräußerung von Schweizer Aktien der Abzugsbeschränkung des § 2a Abs. 1 Satz 1 Nr. 4 Einkommensteuergesetz (EStG) unterliegt.
Mit Vertrag vom 01.04.2007 erwarb die Klin. zehn Stammaktien der Z AG (Z AG). Den Kaufpreis von 50.000 EUR entrichtete sie am 03.05.2007.
Die Z AG ist eine Aktiengesellschaft mit Sitz in der Schweiz. Das gesamte Aktienkapital der Z AG zum Zeitpunkt des Aktienerwerbs durch die Klin. betrug 100.000 CHF und war in 1.000 Namensaktien zu nominell zu je 100 CHF aufgeteilt. Zu einem späteren Zeitpunkt wurde das Kapital der Z AG in 10.000.000 Namensaktien im Nominalwert von je 0,01 CHF eingeteilt, so dass die Klin. gemäß Aktienzertifikat vom 26.10.2010 Inhaberin von 100.000 Namensaktien im Gesamtwert von nominal 1.000 CHF und dadurch mit 1 % am Gesamtkapital der Gesellschaft beteiligt war.
Die Z AG hält 14 % der Aktien der C Holding (C Holding), die ihren Sitz ebenfalls in der Schweiz hat. Die C Holding wiederum hält das gesamte Aktienpaket der C AG (C AG).
Zweck der C AG sollte es sein, in Deutschland ein Werk zur Produktion von Biogenen Kraftstoffen im Energieverbund mit einem Kraftwerk nach dem Prinzip der Kraftwärmekoppelung zu errichten. Im Streitjahr 2010 befand sich die C AG in einem Konkursverfahren nach Schweizer Recht.
Mit Vertrag vom 15.12.2010 veräußerte die Klin. ihren gesamten Aktienbestand an der Z AG für einen Verkaufspreis von 1 EUR. In der Einkommensteuer(ESt)-Erklärung für das Streitjahr 2010 machte sie einen Veräußerungsverlust aus § 17 EStG in Höhe von 49.999 EUR steuermindernd geltend.
Im Rahmen der Durchführung der ESt-Erklärung für das Streitjahr 2010 vertrat das beklagte Finanzamt (FA) die Auffassung, nach § 2a Abs. 1 Nr. 4 EStG bestehe in den Fällen des § 17 EStG bei einem Anteil an einer Drittstaaten-Kapitalgesellschaft eine Verlustabzugsbeschränkung. Der Verlust dürfe nur mit positiven Einkünften der jeweils selben Art und aus dem selben Staat ausgeglichen und nicht nach § 10d EStG abgezogen werden. Er sei zum 31.12.2010 nach § 2a EStG gesondert festzustellen.
Die Ausnahmeregelung nach § 2a Abs. 2 Satz 1 2. Halbsatz EStG greife nicht ein, da die Klin. nicht unmittelbar mit 25 % am Kapital der Gesellschaft beteiligt gewesen sei.
Mit ESt-Bescheid vom 16.07.2012 führte das beklagte FA die ESt-Veranlagung für 2010 durch und setzte dabei die ESt auf 11.103 EUR fest. Den Verlust aus der Veräußerung der Aktien der Z AG berücksichtigte es dabei nicht. Mit Bescheid vom gleichen Tage stellte es den Veräußerungsverlust im Sinne des § 17 EStG in Höhe von 49.999 EUR vielmehr nach § 2a EStG für Zwecke des Progressionsvorbehalts zum Schluss des Veranlagungszeitraums 2010 gesondert fest. Außerdem erließ der Beklagte (Bekl.) am 16.07.2012 einen Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrages auf den 31.12.2010 für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften und stellte den Verlustvortrag auf 23.630 EUR fest.
Gegen die vorgezeichneten Bescheide vom 16.07.2012 legte die Klin. mit Schreiben vom 14.08.2012 Einspruch ein. Zur Begründung führte sie aus, die Steuerbescheide vom 16.07.2012 seien rechtswidrig, da das Verlustausgleichsverbot nach § 2 Abs. 1 Nr. 4 EStG im Streitfall nicht eingreife. Die Beteiligung der Klin. an der Z AG sei eine Beteiligung an einer Holding-Gesellschaft gewesen, an deren Ende die Errichtung einer Bioethanolanlage in Deutschland gestanden habe. Die Errichtung und der Betrieb einer Bioethanolanlage sei als solches zweifelsfrei eine gewerbliche Tätigkeit und falle damit unter die Aktivitätsklausel der Ausnahmeregelung des § 2a Abs. 2 EStG. Wegen der Einspruchsbegründung im Einzelnen wird auf die Schriftsätze der Klin. vom 14.08.2012 und 14.05.2013 Bezug genommen. Der Bekl. wies den Einspruch der Klin. mit Einspruchsentscheidung (EE) vom 04.06.2013 als unbegründet zurück.
Mit der am 05.07.2013 erhobenen Klage verfolgt die Klin. ihr Begehren weiter. Zur Begründung trägt sie ergänzend vor, die streitigen Steuerbescheide seien rechtswidrig, da sie gegen das EG-Primärrecht verstoßen würden. Die vom beklagten FA angewandte Vorschrift des § 2a Abs. 1 EStG verstoße gegen die Kapitalverkehrsfreiheit gemäß Art. 63 des Vertrages über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV). Nach der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofes (EuGH) sei der Grundsatz der Kapitalverkehrsfreiheit, obwohl die Schweiz weder Mitgliedsstaat der Europäischen Union noch EWR-Staat sei, anzuwenden. Im konkreten Fall liege durch die Anwendung des § 2a Abs. 1 EStG in Form der Verlustausgleichsbeschränkung ...