Entscheidungsstichwort (Thema)
Behandlung der unentgeltlichen Übertragung einer Kapitallebensversicherung unter Nießbrauchsvorbehalt. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: II R 27/22)
Leitsatz (redaktionell)
1) Überträgt ein Versicherungsnehmer einen Versicherungsvertrag im Wege der Vertragsübernahme auf den Bedachten, ist Zuwendungsgegenstand die Versicherung selbst.
2) Ein unbedingt vereinbarter Nießbrauchsvorbehalt ist erwerbsmindernd zu berücksichtigen, wobei die Bewertung des Kapitalwerts des Nießbrauchs nach §§ 13 ff. BewG i.V. mit der Anlage 9a zum BewG erfolgt.
Normenkette
ErbStG § 7 Abs. 1; BewG § 13 Abs. 1, § 16; BewG Anlage 9a; ErbStG § 1 Abs. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die schenkungsteuerliche Behandlung der unentgeltlichen Übertragung eines Kapitallebensversicherungsvertrags sowie der Berücksichtigung eines Nießbrauchs.
Die am 00.00.1956 geborene Mutter des Klägers, Frau B. N., stellte am 12.06.2017 bei der C-Versicherung […] einen Antrag auf Abschluss einer fondsgebundenen Rentenversicherung im Tarif A. Als Versicherungsnehmerin war die Mutter des Klägers und als versicherte Person der am 00.00.1981 geborene Kläger angegeben. Der Versicherungsvertrag sollte eine Laufzeit von 49 Jahren haben. Der Vertrag sah eine einmalige Beitragszahlung zu Beginn der Vertragslaufzeit in Höhe von 2,5 Millionen Euro vor, die von der Mutter des Klägers am 28.06.2017 erbracht wurde. Im Erlebensfall gewährte die Versicherung wahlweise die Auszahlung einer lebenslangen Rente oder einer einmaligen Kapitalabfindung. Im Fall des Versterbens der versicherten Person vor dem vorgesehenen Ablaufdatum wurde eine Todesfallleistung fällig. Begünstigte der Versicherung sowohl im Erlebensfall als auch im Falle des Versterbens der versicherten Person war die Versicherungsnehmerin. Bis zum vorgesehenen Ablaufdatum konnte der Vertrag zu jeder Zeit ganz oder teilweise gekündigt werden, wobei in diesem Fall der entsprechende Rückkaufswert der Rentenversicherung an die Versicherungsnehmerin ausgezahlt werden sollte. Der Versicherungsschein zum Vertrag Nr. … wurde am 02.08.2017 ausgestellt.
Auf die Vertragsunterlagen, insbesondere die „Allgemeinen Versicherungsbedingungen” (Bl. 40 ff. der Gerichtsakte), wird im Übrigen Bezug genommen.
Mit privatschriftlicher Vereinbarung vom 11.10.2017 übertrug die Mutter des Klägers diesem den Kapitallebensversicherungsvertrag Nr. … unentgeltlich im Wege der Vertragsübernahme. Die Mutter des Klägers wird im Vertrag als „Alt-Versicherungsnehmer” oder „Nießbraucher” und der Kläger als „Neu-Versicherungsnehmer” bezeichnet.
Die Übertragung sollte am Tag der Genehmigung der Vertragsübernahme durch die C-Versicherung wirksam werden, die die C-Versicherung noch am gleichen Tag mündlich erklärte. Ausweislich des Nachtrags zum Versicherungsschein vom 10.03.2021 (Bl. 160 der Gerichtsakte) ist der Kläger seit dem 11.10.2017 als Versicherungsnehmer eingetragen.
Nach der Präambel des Vertrags vom 11.10.2017 beabsichtigte die Mutter des Klägers, diesem „den Kapitallebensversicherungsvertrag unter Vorbehalt des Nießbrauchs an der Rückkaufsleistung” zu übertragen.
§ 4 des Vertrags ist mit „Schenkungsabrede, Nießbrauchsvorbehalt” überschrieben und regelt in Absatz 2, dass sich die Mutter des Klägers „den Nießbrauch an der Rückkaufsleistung nach Maßgabe des § 5” vorbehält.
Nach § 5 Abs. 1 des Vertrags können sowohl der Kläger als auch seine Mutter den Versicherungsvertrag ganz oder teilweise kündigen, ohne dass es der Zustimmung des jeweils anderen bedürfte.
§ 5 Abs. 2 enthält für den Fall der als „Rückkauf” bezeichneten Kündigung des Versicherungsvertrags folgende Regelung: „Im Falle des Rückkaufs, gleich durch wen er veranlasst ist, steht die Nutzung des vom Versicherer ausgezahlten Rückkaufswerts dem Nießbraucher zu. Der Nießbraucher zieht den Rückkaufswert ein und das eingezogene Geld geht in sein Eigentum über. Ihm stehen die Erträge aus der Anlage dieses Geldes zu. Der Nießbraucher ersetzt dem Neu-Versicherungsnehmer jedoch zum Ablaufdatum der Kapitallebensversicherung oder, falls der Nießbraucher vorher verstirbt, an seinem Todestag, den Nominalwert des Stichtags-Rückkaufswerts.” In § 2 Abs. 2 des Vertrags ist der „Stichtags-Rückkaufswert” als der Rückkaufswert des Kapitallebensversicherungsvertrags definiert, den dieser am Tag der Genehmigung der Vertragsübernahme durch die C-Versicherung, also am 11.10.2017, hatte.
Nach § 5 Abs. 6 endet der Nießbrauch, wenn das versicherte Ereignis eintritt oder das vereinbarte Ablaufdatum des Kapitallebensversicherungsvertrags erreicht ist.
Die C-Versicherung teilte den Gesamtwert in Vertragswährung auf den 11.10.2017 mit 2.460.093,12 Euro mit (Bl. 89 der Gerichtsakte).
In der vom Beklagten angeforderten Schenkungsteuererklärung gab der Kläger den Wert des Erwerbs mit 630.820 Euro an.
Vor Erlass des angefochtenen Bescheids erläuterte der Beklagte, dass der Nießbrauch zugunsten der Mutter des Klägers nicht erwerbsmindernd berücksichtigt werden könne. Aus den Regelunge...