Entscheidungsstichwort (Thema)

Zum Vorliegen einer atypischen stillen Gesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Ist ein stiller Gesellschafter bei Auflösung der Gesellschaft (GmbH) an einem evtl. Geschäftswert, dessen Entstehung nicht ausgeschlossen ist, nicht beteiligt, so fehlt es an dem für die Annahme einer Mitunternehmerschaft grundsätzlich erforderlichen Mitunternehmerrisiko. An dieser Beurteilung ändert auch eine zeitlich begrenzte, von einer Bedingung abhängigen Sicherungsabrede nichts, wonach der stille Gesellschafter unter gewissen Bedingungen bei Ausscheiden aus der Gesellschaft auch an sämtlichen stillen Reserven einschließlich Firmenwert partizipieren soll.

2) Die mangelnde Ausprägung des Mitunternehmerrisikos wird auch nicht durch eine besonders stark ausgeprägte Mitunternehmerinitiative ausgeglichen, wenn der stille Gesellschafter, der nach dem Gesellschaftsvertrag nicht an der Geschäftsführung beteiligt ist, zwar faktisch die Möglichkeit hat, auf die Geschäftsführung der Gesellschaft Einfluss zu nehmen, diese Möglichkeit der mittelbaren Einflussnahme aber nicht rechtlich abgesichert ist.

 

Normenkette

EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2; AO §§ 179, 180 Abs. 1 Nr. 2a; HGB §§ 335 ff.

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 09.12.2002; Aktenzeichen VIII R 20/01)

 

Tatbestand

Streitig ist das Vorliegen einer atypisch stillen Gesellschaft.

Gegenstand des Unternehmens der Klägerin (Klin.) zu 1. ist im Wesentlichen der Vertrieb von Kunstdrucken. Gem. Gesellschaftsvertrag vom 03.06.1996 war an dem Stammkapital der Klin. zu 1. von 100.000 DM u.a. Herr P. beteiligt. Herr P. war Angestellter des Klägers (Kl.) zu 2., der ein überregional bekannter Künstler ist.

Mit dem als Vertrag über eine atypisch stille Gesellschaft bezeichneten Vertrag vom 24.01.1997 beteiligte sich der Kl. zu 2. an dem Handelsgewerbe der Klin. zu 1. mit einer Einlage von 250.000 DM (§ 1 des Vertrages). Er war an dem in der Steuerbilanz der Klin. zu 1. ausgewiesenen Jahresüberschuß bzw. Jahresfehlbetrag sowie im Innenverhältnis am Geschäftsvermögen der Klin. zu 1. mit 25 v.H. beteiligt (§ 3 des Vertrags). Bei Auflösung der stillen Gesellschaft war eine Auseinandersetzungsbilanz aufzustellen, in welcher die stillen Reserven aufzulösen waren, jedoch ein Geschäftswert nicht anzusetzen war (§ 7 des Vertrages).

Darüber hinaus trafen die Klin. zu 1. und der Kl. zu 2. unter dem 26.03.1997 eine Sanierungsvereinbarung. Darin hieß es u.a., es habe sich nach Abberufung des Geschäftsführers herausgestellt, daß die Gesellschaft ohne finanzielle Hilfe von außen ihre finanziellen Probleme nicht bewältigen könne. Insbesondere der Vertrag über die atypisch stille Gesellschaft werde dazu führen, der Gesellschaft ausreichende Liquidität zur Verfügung zu stellen. Im Zuge dieser Vereinbarung erhalte der Gesellschafter B. (Kl. zu 2.) besondere Kontroll- und Mitspracherechte. Er sei monatlich über den Stand der Sanierungsmaßnahmen zu unterrichten und berechtigt, bei unternehmerischen Entscheidungen, die die inhaltliche Ausrichtigung der Gesellschaft betreffen, mitzuwirken. Die Gesellschaft verpflichte sich, mit der Volksbank H. eG (im Folgenden Voba) dahingehend zu verhandeln, daß diese ihr Sicherungseigentum an dem umfänglichen Warenlager der Gesellschaft aufgebe, damit dem stillen Gesellschafter B. eine zusätzliche Sicherung zur Verfügung gestellt werden könne.

Ferner trafen die Vertragsbeteiligten folgende Vereinbarungen:

Unter Nr. 3 c)

„Den Gesellschaftern ist bekannt, daß das umfängliche Warenlager im Rahmen z.Z. der Kreditsicherung gegenüber der Volksbank H. durch Sicherungsübereignungsvertrag abgetreten wurde. Die Geschäftsführung der Firma T. GmbH verpflichtet sich, mit der Bank dahingehend zu verhandeln, daß der Sicherungsübereignungsvertrag mit der Volksbank aufgehoben werden kann, um sodann eine zusätzliche Besicherung für den stillen Gesellschafter B. aus diesem Warenlager darzustellen.”

Unter Nr. 3 d)

„Bis zur Entscheidung über die mögliche Aufhebung des Sicherungsübereignungsvertrages mit der Volksbank H. über das Warenlager wird zwischen der Gesellschaft und dem atypisch stillen Gesellschafter B. vereinbart, daß dieser im Falle des Ausscheidens aus der Gesellschaft in vollem Umfang von sämtlichen stillen Reserven einschl. Firmenwert der Gesellschaft partizipiert.

Die Vertragsparteien sind sich z.Z. darüber einig, daß stille Reserven nicht vorhanden sind.

Sollte aber z.B. durch eine Veräußerung des Warenlagers, des Kundenstammes sowie der sonstigen Rechte aus den Bilddarstellungen sich ein Firmenwert ermitteln, steht dieser in vollem Umfang dem Gesellschafter B. zu.”

Unter Nr. 3 e)

„Im Gegenzug ist der Gesellschafter B. bereit, einen Anteil am Jahresüberschuß bzw. …

Diese Vereinbarung gilt ab dem 01.04.1997.”

Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Sanierungsvereinbarung verwiesen.

Mit der Erklärung zur gesonderten und einheitlichen Feststellung für das Jahr 1997 erklärten die Kl. in ihrer Verbundenheit als stille Gesellschafter unter der Bezeichnung atypisch stille Beteiligung T. GmbH ei...

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