rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Verzicht auf Ersatz von Kassenfehlbeträgen als Arbeitslohn

 

Leitsatz (redaktionell)

Verzichtet ein Arbeitgeber gegenüber seinen Arbeitnehmern - teilweise - auf die Geltendmachung eines Kassenmankos, liegt Arbeitslohn nur insoweit vor, als dem Arbeitgeber ein entsprechender Ersatzanspruch gegenüber den Arbeitnehmern tatsächlich zustand und dieser auch durchsetzbar gewesen wäre. Dieses ist nicht der Fall, soweit der vom Arbeitgeber übernommene Anteil dem Prozeßrisiko in einem entsprechenden Mankoprozeß entspricht.

 

Normenkette

EStG § 19 Abs. 1 Nr. 1, § 8 Abs. 1; LStDV § 2 Abs. 1 S. 2

 

Gründe

Die Beteiligten streiten darüber, ob die von der Klägerin (Klin.) getragenen Kassenfehlbeträge der Lohnsteuer (LSt) zu unterwerfen sind.

Die Klin. beschäftigte in den Streitjahren … Personen im Kassendienst, die an Kassenplätzen innerhalb von Kassenboxen bzw. Filialen tätig sind, in denen sich jeweils mehrere, räumlich nicht voneinander getrennte Kassenplätze innerhalb einer Kassenbox befinden. Den Kassierern ist im Streitzeitraum unter Anwendung von Abschnitt 70 Abs. 2 Nr. 11 LStR jeweils ein monatliches Mankogeld in Höhe von 30 DM lohnsteuerfrei gezahlt worden. Darüber hinausgehende Kassenfehlbeträge wurden aufgrund eines Vorstandsbeschlusses vom … zu 75 % von der Klin. getragen und zu 25 % von den betreffenden Arbeitnehmern ersetzt. Die Kassenfehlbeträge wurden täglich festgestellt, zunächst zu Lasten des Aufwandskontos „Kassenfehlbeträge” gebucht und am Ende des Kalenderjahres nach den Kassierern aufgegliedert und summiert festgestellt.

Im Anschluß an eine im Jahr 199… durchgeführte LSt-Außenprüfung ging der Beklagte (Bekl.) davon aus, daß der von der Klin. getragene Anteil der Kassenfehlbeträge steuerpflichtiger Arbeitslohn der jeweils betroffenen Kassierer sei, weil die Klin. insoweit auf den Ersatz des Fehlbetrages durch den Arbeitnehmer verzichtet habe.

Dem LSt-Haftungsbescheid vom … liegen insoweit folgende Beträge (in DM) zugrunde (vgl. Anlagen 3-12 des LSt-Außenprüfungsberichts vom …):

199

199

199

199

geldw. Vorteil

LSt

Sol-Zuschlag

ev. KiSt

rk. KiSt

Der gegen den Haftungsbescheid eingelegte Einspruch blieb erfolglos. In der Einspruchsentscheidung (EE) vom … führte der Bekl. aus, Zahlungen der im Kassendienst beschäftigten Arbeitnehmer zum Ersatz aufgetretener Fehlgelder seien Werbungskosten im Rahmen der Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Ersetze der Arbeitgeber seinen im Kassendienst beschäftigten Arbeitnehmern diese Werbungskosten, handele es sich bei den Ersatzleistungen grundsätzlich um steuerpflichtigen Arbeitslohn. Steuerfrei seien lediglich Fehlgeldentschädigungen in Höhe von monatlich 30 DM.

Im Streitfall liege auch kein steuerfreier Auslagenersatz nach § 3 Nr. 50 EStG vor. Werbungskostenersatz werde von dieser Vorschrift nicht erfaßt.

Mit Schreiben vom … erhob die Klin. gegen die EE Klage. Zur Begründung macht sie geltend, die von ihr getragenen Kassenfehlbeträge stellten keinen Arbeitslohn der Kassierer dar, weil die Arbeitnehmer nicht dadurch bereichert worden seien, daß sie entsprechende Ausgaben erspart hätten. Die Klin. habe insbesondere gegenüber ihren Arbeitnehmern nicht auf eine realisierbare Forderung verzichtet. Die Klin. habe ausschließlich im eigenen Interesse 75 % des nach Abzug des Mankogeldes verbleibenden Fehlgeldbetrages getragen. Das ergebe sich aus den dem Vorstandsbeschluß vom … zugrundeliegenden Überlegungen:

Bestehe keine entsprechende Abrede, falle das Risiko von Kassenfehlbeträgen nach allgemeinen Grundsätzen in vollem Umfang in das allgemeine Betriebsrisiko des Arbeitgebers. Der Arbeitnehmer hafte bei - vom Arbeitgeber nachzuweisender - vorsätzlicher oder fahrlässiger Schadensverursachung. Die auftretenden Nachweisschwierigkeiten, die Folgen von Schadenersatzprozessen für das Betriebsklima und die Motivation der Mitarbeiter, die Prozeßkosten und rufschädigenden Auswirkungen der Prozesse hätten zu dem im Vorstandsbeschluß niedergelegten Risikoausgleich zwischen der Bank und den Arbeitnehmern geführt. In Höhe des von der Bank zu tragenden Mankobetrages habe keine realisierbare Forderung gegenüber den Arbeitnehmern bestanden, auf die zu deren Vorteil verzichtet worden sei.

Die Klin. beantragt,

  • den Haftungsbescheid vom … insoweit aufzuheben, wie die Haftungsbeträge auf der Bewertung des von ihr getragenen Anteils der Kassenfehlbeträge als Arbeitslohn beruhen,
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Der Bekl. beantragt,

  • die Klage abzuweisen
  • hilfsweise, die Revision zuzulassen.

Zur Begründung nimmt er im wesentlichen auf die EE Bezug. Ergänzend teilt er mit, er stelle den von der Klin. angewendeten Ausgleichssatz (75 : 25) als angemessenen Risikoausgleich streitlos.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Schriftsätze vom 23.10.1998 (Klin.) und vom 9.12.1998 (Bekl.) sowie auf die LSt-Arbeitgeberakte Bezug genommen.

Am 12.11.1999 hat ein Erörterungstermin stattgefunden. Auf das Protokoll wird verwiesen.

Der Senat entscheidet mit Einverständnis der B...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge