Entscheidungsstichwort (Thema)
Frage der Unternehmereigenschaft von Hundezüchtern
Leitsatz (redaktionell)
1. Die Stpfl. hat in den Streitjahren mit den Verkäufen von Hunden aus ihrer Hundezucht eine wirtschaftliche, d.h. nachhaltige gewerbliche Tätigkeit i.S. des § 2 Abs. 1 UStG ausgeübt. Die Stpfl. hat – auch wenn die Hundezucht ihr langjähriges Hobby und ein für sie wichtiger persönlicher Lebensinhalt war – ähnlich wie ein Händler agiert; sie war somit unternehmerisch tätig.
2. Es ist auch vor dem Hintergrund des Neutralitätsprinzips als Ausprägung des Gebotes der Wettbewerbsgleichheit systemgerecht, die Umsätze der Stpfl. der Umsatzsteuer zu unterwerfen – sofern sie die Kleinunternehmergrenzen des § 19 Abs. 1 UStG übersteigen. Das Neutralitätsprinzip gebietet, Umsätze bzw. Anbieter gleichartiger Waren und Dienstleistungen gleichermaßen mit Umsatzsteuer zu belasten. Vorliegend besteht ein zumindest potentieller Wettbewerb mit anderen Züchtern.
Normenkette
UStG § 19; MwStSystRL Art. 9; UStG § 2 Abs. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Unternehmereigenschaft der Klägerin für die Streitjahre 2013, 2015 und 2016.
Die Klägerin züchtete seit 2011 in ihrem Privathaus Hunde der Rasse C. Sie ist Mitglied des Verbandes Deutscher Hundezüchter (VH), der unter dem Deutschen Dachverband des Hundewesens (VDH) organisiert ist. Der VDH ist dem Weltdachverband FCI unterstellt. Der VDH legt für die von der Klägerin gezüchtete Rasse eigene Zuchtziele und strenge Vorgaben fest, an die sich die Züchter innerhalb des jeweiligen Verbandes zu halten haben. Außerdem haben die Züchter die Regularien des FCI zu beachten, denen sich der VDH seinerseits unterworfen hat.
Der Hund der Rasse C ist vom FCI nicht als internationale Rasse anerkannt; hingegen ist er vom VDH als nationale Rasse anerkannt. Dies gibt der Rasse einen Stammbaum, der dazu dient, Rassemerkmale und Gesundheit zu steigern, eine Inzucht aber zu unterbinden.
Die Klägerin selbst hat sich den Regularien des VDH und FCI unterworfen und diese bei der Züchtung der Rasse C beachtet. Der Züchtername der Klägerin lautet „SQ”, weshalb die Klägerin ihre Internetseite … (verändert/neutralisiert) genannt hat. Die Klägerin hatte eine eigene Zuchtlinie und begleitete die Hunde und Welpen entsprechend der Vorgaben des Verbandes.
Außerhalb des VDH gibt es auch in sog. Desidenzvereinen organisierte Züchter der Rasse C. Desidenzvereine geben auch Stammbäume aus, die international jedoch nicht anerkannt sind. Außerdem müssen sich die Züchter dort erheblich leichteren Regularien unterwerfen, was den Züchtern gewinnorientierte Züchtungen erleichtert.
Am 02.02.2016 meldete die Klägerin bei der Stadt X ein Gewerbe „….Hundezucht, etc. …” (verändert/neutralisiert) zum 01.01.2016 an. Auch in dem am 15.04.2016 beim Finanzamt eingereichten Fragebogen zur steuerlichen Erfassung gab sie als Tätigkeitsbeginn den 01.01.2016 an. Weiter kreuzte sie an, dass sie die Kleinunternehmergrenzen nach § 19 UStG voraussichtlich nicht überschreiten werde und sie die Kleinunternehmerregelung in Anspruch nehme. Am 12.01.2017 meldete sie das Gewerbe zum 31.12.2016 wieder ab, weil sie keine hinreichende Gewinnerzielungsmöglichkeit sah.
Nach Streitigkeiten im Züchterverein erfolgten Anzeigen zulasten der Klägerin u.a. an das Finanzamt; woraufhin ein Steuerstrafverfahren gegen die Klägerin eingeleitet wurde, welches später eingestellt wurde.
Der Beklagte führte zudem für die Veranlagungszeiträume 2011-2017 eine Umsatzsteuersonderprüfung durch. Der Prüfer stellte fest, dass es sich bei der Tätigkeit der Klägerin um eine unternehmerische Tätigkeit i.S.v. § 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) gehandelt habe. Die Klägerin beantragte die Ist-Versteuerung gemäß § 20 UStG ab dem 01.01.2012. Im Rahmen der Prüfung wurden für die Klägerin nachträglich Einnahme-/Überschussrechnungen erstellt, welche für sämtliche Jahre Verluste auswiesen. Der Prüfer berechnete die steuerpflichtigen Umsätze wie folgt:
Kalenderjahr |
sämtliche Umsätze |
abzgl. stfr. Umsätze |
Steuerpflichtige Umsätze |
2011 |
15.150,25 |
0,00 |
15.150,25 |
2012 |
17.822,50 |
0,00 |
17.822,50 |
2013 |
16.200,00 |
1.150,00 |
15.050,00 |
2014 |
23.700,00 |
1.000,00 |
22.700,00 |
2015 |
20.500,00 |
1.000,00 |
19.500,00 |
2016 |
18.600,00 |
2.000,00 |
16.600,00 |
Der Prüfer stellte daraufhin fest, dass für die Jahre 2013, 2015 und 2016 die Kleinunternehmerregelung nicht in Betracht komme, weil die Umsatzgrenzen nach § 19 UStG des jeweiligen Vorjahres überschritten worden seien. Es seien folgende Nettoumsätze mit 19 % Umsatzsteuer zu versteuern: 12.647,00 € (2013), 16.386,00 € (2015) und 13.949,00 € (2016). Im Gegenzug seien Vorsteuern i.H.v. 1.371,82 € (2013), 1.389,58 € (2015) und 2.487,47 € (2016) zu berücksichtigen.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 04.02.2019 Bezug genommen.
Daraufhin erließ der Beklagte für die Streitjahre erstmalige Umsatzsteuerbescheide vom 01.04.2019, mit denen er die Umsatzsteuer entsprechend der Prüfungsfeststellungen auf 1.031,49 € (201...