rechtskräftig

 

Entscheidungsstichwort (Thema)

Aufwendungen zur Befriedigung der Spielsucht sind keine außergewöhnlichen Belastungen. Einkommensteuer 1995

 

Leitsatz (redaktionell)

Aufwendungen eines Steuerpflichtige zur Befriedigung seiner krankhaften Spielsucht stellen keine außergewöhnlichen Belastungen dar, denn sie sind ihm nicht zwangsläufig i.S. des § 33 Abs. 2 EStG erwachsen.

 

Normenkette

EStG § 33 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist jetzt noch, ob der Beklagte (das Finanzamt -FA-) es zu Recht abgelehnt hat, die 50.000 DM, die der Kläger (Kl.) zur Befriedigung seiner Spielsucht aufgewandt hat, als außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuer (ESt) zu berücksichtigen.

Nachdem die Kl. trotz Aufforderung keine Einkommensteuererklärung 1995 abgegeben hatten, schätzte das FA die Besteuerungsgrundlagen mit Bescheid vom 20.06.1997.

Da die Kl. den hiergegen eingelegten Einspruch nicht begründeten, wies das FA den Einspruch als unbegründet zurück (Einspruchsentscheidung -EE- vom 24.11.1997). Nachdem die Kl. im Laufe des Klageverfahrens die ESt-Erklärung 1995 eingereicht hatten, erließ das FA den ESt-Änderungsbescheid vom 10.03.1998, den der Kl. mit Antrag vom 07.04.1998 zum Gegenstand des Verfahrens erklärt hat.

Das FA berücksichtigte bei der ESt-Veranlagung nicht die vom Kl. geltend gemachten 50.000 DM als außergewöhnliche Belastungen. Es meint, Aufwendungen eines Steuerpflichtigen für therapeutische Maßnahmen zur Heilung von Spielsucht seien als außergewöhnliche Belastungen abziehbar, nicht dagegen die Aufwendungen zur Befriedigung der Spielsucht.

Die Kl. meinen demgegenüber, daß die Aufwendungen als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden müßten, weil sich der Kl. aufgrund seiner Spielsucht der – sinnlosen – Verausgabung der Aufwendungen nicht habe entziehen können. Im übrigen meinen die Kl., daß der Kl. als Handelsvertreter Einkünfte aus Gewerbebetrieb erzielt habe und nicht – wie das FA meine – Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit.

Die Kl. beantragen,

unter Änderung des ESt-Änderungsbescheides 1995 vom 10.03.1998 sowie unter Aufhebung der EE die ESt 1995 dahingehend anderweitig festzusetzen, daß zusätzlich 50.000 DM als außergewöhnliche Belastungen berücksichtigt werden.

Das FA, das bisher schriftsätzlich keinen Antrag gestellt hat, ist der Auffassung, daß die Aufwendungen in Höhe von 50.000 DM nicht als außergewöhnliche Belastungen abgezogen werden könnten.

Der Senat hat in dieser Sache am 25.04.2001 mündlich verhandelt. Auf die Niederschrift hierüber wird Bezug genommen.

 

Entscheidungsgründe

Die Klage ist unbegründet.

Das FA hat es zu Recht abgelehnt, die von den Kl. geltend gemachten 50.000 DM, die der Kl. zur Befriedigung seiner krankhaften Spielsucht aufgewendet haben will, bei der ESt-Festsetzung 1995 zu berücksichtigen. Der Senat läßt offen, ob diese Ausgaben überhaupt vom Kl. getätigt worden sind. Derartige Ausgaben, die der Kl. zur Befriedigung seiner Spielsucht getätigt haben will, können nicht nach § 33 Einkommensteuergesetz (EStG) als außergewöhnliche Belastung berücksichtigt werden. Sie sind einerseits keine Krankheitskosten, da sie nicht zur Heilung oder Linderung der grundsätzlich als Spielsucht anzuerkennenden Krankheit aufgewandt worden sind. Diese Ausgaben dienten nur der Befriedigung der Spielsucht nicht aber ihrer Heilung.

Die aufgewandten Beträge sind auch außerhalb des Bereichs der Krankheitskosten nicht als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Sie sind nicht zwangsläufig im Sinne des § 33 Abs. 2 EStG erwachsen. Bei der Prüfung der Frage, ob ein Steuerpflichtiger sich Aufwendungen aus rechtlichen, tatsächlichen oder sittlichen Gründen nicht entziehen konnte, ist nach der Rechtsprechung des BFH ein strenger Maßstab anzulegen. Zu den tatsächlichen Gründen im Sinne des § 33 Abs. 2 Satz 1 EStG zählen nur elementare Ereignisse wie Unwetter, Hochwasser, Brand, Krankheit, Geburt oder Todesfall oder sonst unabwendbare Ereignisse, wie etwa Erpressung mit Gefahr für Leib oder Leben, Vertreibung, politische Verfolgung und ähnliches. Es kann zwar im Einzelfall mitunter zweifelhaft sein, unter welchen Umständen ein Ereignis noch als „unabwendbar” anzusehen ist. Aufwendungen eines Spielsüchtigen zur Befriedigung seiner Sucht können jedenfalls nicht als unabwendbar angesehen werden. Es mag zwar sein, daß die Spielsucht die Steuerungsfähigkeit des Erkrankten soweit einschränken kann, daß dieser sich infolge seiner Sucht den Ausgaben zur ihrer Befriedigung nicht zu entziehen vermag. Die Ausgaben zur Befriedigung der Spielsucht beruhen jedoch nicht auf einem unabwendbaren Ereignis. Der Steuerpflichtige kann ihnen vielmehr dadurch entgehen, daß er sich einer entsprechenden stationären Heilbehandlung unterwirft (vgl. hierzu das in der Juris-Rechtsprechungsdatei veröffentlichte BFH-Urteil vom 14.08.1981 VI R 34/78; Urteil des Finanzgerichts Baden Württemberg vom 21.04.1994 8 K 227/93 EFG 1995, 262 und das Urteil des Finanzgerichts Hamburg vom 01.10.1998 II 90/98, EFG 1999, 554).

Soweit sich die Kl. darauf be...

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