Entscheidungsstichwort (Thema)
Vermietung von Pferdeboxen, Überlassung von Reitanlagen, Steuerfreiheit, Steuersatz, Wettbewerb
Leitsatz (redaktionell)
1) Umsätze eines gemeinnützigen Vereins aus der Vermietung von Pferdeboxen sind nicht steuerfrei nach § 4 Nr. 12 Buchst. a UStG, wenn neben der Überlassung der Stallräumlichkeiten eine Vielzahl weiterer Leistungen erbracht wird. Auch eine Steuerbefreiung nach Art 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m Richtlinie 77/388/EWG (ab 2007: Art. 132 Abs. 1 Buchst. m MwStSystRL) scheidet aus, wenn die Pferdepensionsleistungen im Wesentlichen dazu bestimmt sind, dem Verein zusätzliche Einnahmen zu verschaffen, die in unmittelbaren Wettbewerb zu anderen gewerblichen Unternehmen stehen.
2) Umsätze eines gemeinnützigen Vereins aus der Vermietung von Pferdeboxen unterliegen nicht dem ermäßigten Steuersatz nach § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a UStG, wenn der Verein mit den Leistungen in größerem Umfang zu anderen Unternehmen in Wettbewerb tritt, als dies bei Erfüllung seiner steuerbegünstigten Zwecke unvermeidbar ist.
3) Umsätze eines gemeinnützigen Vereins aus der Überlassung von Reitanlagen, die als unselbständige Annexverträge zu den Einstellungsverträgen anzusehen sind, teilen deren rechtliche Beurteilung und unterliegen damit ebenfalls dem regulären Steuersatz.
Normenkette
UStG § 12 Abs. 2 Nr. 8 Buchst. a; AO § 65 Nr. 3; Richtlinie 77/388/EWG Art. 13 Teil A Abs. 1 Buchst. m; MwStSystRL Art. 132 Abs. 1 Buchst. m; UStG § 4 Nr. 12 Buchst. a
Tatbestand
Streitig ist, ob die Umsätze des Klägers aus der Vermietung von Pferdeboxen und der Überlassung von Reitanlagen von der Umsatzsteuer befreit sind oder jedenfalls dem ermäßigten Umsatzsteuersatz unterliegen.
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, dessen Vereinszweck in der Förderung des Reitsports liegt. Er ist als gemeinnützig anerkannt, da er ausschließlich und unmittelbar steuerbegünstigte gemeinnützige Zwecke i.S. der §§ 51 ff. AO verfolgt. Gemäß § 2 der Vereinssatzung liegt der Zweck des Vereins insbesondere in der Ausbildung der Mitglieder im Reiten, Fahren sowie in der Haltung und im Umgang mit Pferden, in der Ausübung des Reit- und Fahrsports, im gegenseitigen Erfahrungsaustausch und in der Veranstaltung von Turnieren.
Der Kläger bot in den Streitjahren folgende Leistungen an seine Mitglieder an:
- • Pferdepension,
- • Anlagennutzung,
- • Reitunterricht/Schulbetrieb,
- • Ausrichtung und Teilnahme an Turnieren.
Die Pferdepension beinhaltet Fütterung, Bereitstellung von Stroh, Wasser, Licht und Weide, nicht aber die Pflege des Pferdes.
Der Kläger betreibt eine Reitanlage auf einem Grundstück, welches er von Herrn T gepachtet hat. Gegenstand des Pachtvertrages sind neben dem Grundstück ein Stallgebäude und eine Scheune. Die auf dem Grundstück errichtete Reithalle steht im Eigentum des Klägers, der verpflichtet ist, diese bei Beendigung des Pachtvertrages abzubrechen. Diverse Einbauten in den gepachteten Gebäudeteilen stehen ebenfalls im Eigentum des Klägers (Stallgebäude: Boxeneinbauten, Versorgungsleitungen, Waschbox, Solarium, Futtersilo, Haferquetsche, Entstaubung; Scheune: Stroh-, Heu-, Silagelager). Auf dem Pachtgelände befinden sich außerdem zwei Außenreitplätze, Hofbefestigung, Waschplatz, Löschteich, Weiden, Mistplatte. Der Verpächter liefert zudem Stroh und Wasser und entsorgt den Mist.
Der Pferdestall verfügte über 24 Boxen. In den Streitjahren waren durchschnittlich ca. 8 vereinseigene Schulpferde in den Boxen untergebracht. Die weiteren Pferdeboxen wurden an Vereinsmitglieder vermietet, die dort ihre eigenen Pferde einstellten. Unter Berücksichtigung unterjähriger Leerstandszeiten waren in den Streitjahren durchschnittlich 12 Pensionsboxen durchgehend an Vereinsmitglieder vermietet. Der Pensionspreis laut Einstellungsvertrag betrug 165 EUR monatlich; in den Wintermonaten außerhalb der Weidesaison erhöhte sich der Pensionspreis aufgrund zusätzlich erforderlicher Hausfütterung auf 185 EUR monatlich. Der Kläger stellte Futter, Einstreu (Stroh), Strom und Wasser bereit. Außerdem wurden den Einstellern ein Schrank und ein Sattelhalter zur Verfügung gestellt. Nach der Auskunft des Klägers in seinem Schriftsatz an den Beklagten vom 05.03.2010 (Rechtsbehelfsakte Bl. 56) haben im Zeitraum von 2005-2007 mindestens 25 Vereinsmitglieder ihre Pferde nicht beim Kläger, sondern außerhalb der Anlage des Klägers gehalten. In einer Anlage zum o.g. Schreiben, auf das wegen der Einzelheiten Bezug genommen wird, hat der Kläger nach Aufforderung durch den Beklagten in seiner näheren Umgebung sechs weitere Reitvereine und elf bäuerliche und gewerbliche „Pferdeaufstaller” benannt, die teilweise – ebenso wie der Kläger – Pferdepensionsleistungen mit Reithalle erbringen.
Die Zahl der Mitglieder des Klägers betrug durchschnittlich 199 im Jahr 2005, 201 im Jahr 2006 und 166 im Jahr 2007. Der Jahresbeitrag für erwachsene Mitglieder des Klägers betrug in den Streitjahren 53 EUR. Wegen der Einzelheiten der Kostenstruktur beim Kläger wird auf die Betriebsprüfungsakte Bl. 6...