Entscheidungsstichwort (Thema)

Negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft bei gemeinschaftlicher Tierhaltung durch Landwirte

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Die Befugnis der Personengesellschaft, in Prozessstandschaft für ihre Gesellschafter Rechtsbehelfe gegen die Gewinnfeststellungsbescheide einzulegen, ist mit deren Vollbeendigung erloschen, so dass die Klagebefugnis der einzelnen Gesellschafter wieder auflebt.

2. Wenn die Voraussetzungen für eine beantragte einheitliche und gesonderte Feststellung nicht erfüllt sind, ist ein negativer Feststellungsbescheid zu erlassen.

3. Wenn ein Empfangsbevollmächtigter bestellt ist, können Feststellungsbescheide ihm gegenüber auch bei einer bereits vollbeendeten Gesellschaft bekannt gegeben werden, soweit und solange die Feststellungsbeteiligten oder der Empfangsbevollmächtigte nicht widersprochen haben.

4. Zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören auch die Einkünfte aus Tierzucht und -haltung, wenn die Tierbestände die in § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG geregelte Anzahl der Vieheinheiten bezogen auf die vom Inhaber des Betriebs regelmäßig landwirtschaftlich genutzten Flächen nicht überschreiten.

5. Wird die Anzahl der Vieheinheiten nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 2 EStG dagegen überschritten, liegt gewerbliche Tierzucht vor und können Verluste nur nach § 15 Abs. 4 EStG berücksichtigt werden.

6. Die Einkünfte aus Tierzucht und -haltung einer Gesellschaft gehören aber dann zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft, wenn die Voraussetzungen des § 51a BewG erfüllt sind und andere Einkünfte der Gesellschafter aus dieser Gesellschaft zu den Einkünften aus Land- und Forstwirtschaft gehören.

7. Für landwirtschaftliche Betriebe gilt der Beweis des ersten Anscheins der Gewinnerzielung jedenfalls dann nicht, wenn fachfremde Steuerpflichtige einen landwirtschaftlichen Betrieb übernehmen, dabei auf fremde Arbeitskräfte angewiesen sind oder das angestrebte Leben auf dem Lande ein wesentliches Motiv ist.

 

Normenkette

AO § 181 Abs. 1 S. 1, § 183 Abs. 3; FGO § 48 Abs. 1 Nrn. 1-2; EStG § 13 Abs. 1 Nr. 1 Sätze 2, 5, § 15 Abs. 4; BewG § 51a; AO § 155 Abs. 1 S. 3

 

Nachgehend

BFH (Urteil vom 16.05.2024; Aktenzeichen VI R 6/22)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die K1-K2-B Tierhaltung KG (im Folgenden „KG”) negative Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft erzielt hat. Das hängt davon ab, ob die Voraussetzungen einer gemeinschaftlichen Tierhaltung nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 Satz 5 des Einkommensteuergesetzes – EStG – i.V.m. § 51a des Bewertungsgesetzes – BewG – erfüllt sind und ob die KG mit Gewinnerzielungsabsicht gehandelt hat.

Der Kläger zu 2. (K2) und seine Ehefrau K2 gründeten im Jahr 1999 die K2-Energie GmbH & Co. KG. Die Ehegatten waren zu jeweils 50 % als Kommanditisten beteiligt. Geschäftsführer der Komplementär-GmbH war der Kläger zu 2. Wegen der Einzelheiten wird auf den Gesellschaftsvertrag vom 16.08.1999 Bezug genommen (Bl. 84 ff. der Gerichtsakte). Die Biogasanlage erzielt eine elektrische Leistung von ca. 500 kW (vgl. Anlage 2 zum Bp-Bericht vom 26.01.2017). In den Jahresabschlüssen der K2-Energie GmbH & Co. KG war Personalaufwand für Aushilfskräfte in Höhe von xxx EUR (30.06.2011), yyy EUR (30.06.2012), yxy EUR (30.06.2013) und xyx EUR (30.06.2014) ausgewiesen (Bl. 141 der Gerichtsakte).

An der mit Gesellschaftsvertrag vom 30.06.2004 (Bl. 66 ff der Gerichtsakte) gegründeten K1-K2 GbR (im Folgenden „GbR”) waren zunächst der Kläger zu 1. (K1) zu 40 %, seine Mutter N. zu 10 % und der Kläger zu 2. zu 50 % beteiligt. Gesellschaftszweck war der gemeinschaftliche Betrieb eines landwirtschaftlichen Betriebes nebst Tiermast und Handel mit landwirtschaftlichen Produkten aller Art (§ 3 Abs. 1 des Gesellschaftsvertrages). N. und der Kläger zu 2. übertrugen ihre landwirtschaftlichen Betriebe (Maschinen, Feldinventar, Vieh und Vorräte) auf die GbR. Zudem brachte der Kläger zu 2. seine vollständige Arbeitskraft und die Hälfte einer weiteren Arbeitskraft in die GbR ein. Der Kläger zu 1. brachte ausschließlich seine gesamte Arbeitskraft ein (§ 5 Abs. 3 sowie die Anlage des Gesellschaftsvertrages). N. und der Kläger zu 2. verpachteten die in ihrem Eigentum stehenden Flächen an die GbR (vgl. Bl. 7 und 82 der Gerichtsakte sowie Tz. 2.2 des Bp-Berichts).

Zum 01.07.2011 kündigte N. ihre Gesellschafterstellung und der Kläger zu 1. stockte seinen Anteil an der GbR auf 50 % auf (Bl. 83 der Gerichtsakte). Ihre Flächen verpachtete N. weiterhin an die GbR.

Die GbR bewirtschaftete in den Streitjahren ca. 200 ha landwirtschaftliche Nutzfläche. Sie war im Bereich der Milchviehhaltung (120 Milchkühe) und der Putenmast (20.000 Putenmastplätze) tätig (vgl. Bl. 108 der Gerichtsakte) und erzielte daraus Einkünfte aus Land- und Forstwirtschaft. Sämtliche Flächen waren von N, dem Kläger zu 2. und Dritten gepachtet.

Zum 01.11.2011 wurde die KG gegründet. An ihr waren die GbR als Komplementärin mit 99 % und der Beigeladene als Kommanditist mit 1 % beteiligt. Die GbR brachte 150 Vieheinheiten und der Beigeladene 280 Viehei...

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