Entscheidungsstichwort (Thema)
Änderung nach § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO
Leitsatz (redaktionell)
§ 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO findet auch dann - ein zweites Mal - Anwendung, wenn das Finanzamt bereits einen - ersten - Änderungsbescheid auf § 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 AO gestützt hat, in diesem - ersten - Änderungsbescheid die Steuer aber unter Hinweis auf §§ 177, 351 AO niedriger festgesetzt hat.
Normenkette
AO § 171 Abs. 10, §§ 177, 351, 175 Abs. 1 S. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte berechtigt war, den Einkommensteuerbescheid für 2003 nochmals nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) zu ändern.
Die Kläger wurden im Streitjahr zusammen zur Einkommensteuer veranlagt.
Die Klägerin war u.a. Gesellschafterin der J GmbH & Co. KG –J KG– (Anteil 100 %) und der I Grundbesitz Gesellschaft bürgerlichen Rechts –I GbR– (Anteil 90 %).
Die I GbR vermietete ab Dezember 2003 das Grundstück A-Straße 30 in K an die J KG, welche das Grundstück zum Teil für eigene betriebliche Zwecke nutzte und zum Teil weitervermiete.
Der Beklagte erfasste die Einkünfte aus der Vermietung des Grundstücks ab dem Jahr 2003 in Bescheiden über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bei der I GbR. Für die Klägerin wurden für das Jahr 2003 Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung in Höhe von ./.108.997,20 € festgestellt.
Die J KG gab am 05.08.2005 ihre Feststellungserklärung für das Streitjahr ab, in der sie keine Sonderbetriebseinnahmen und -ausgaben ihrer Gesellschafter erklärte. Der Beklagte veranlagte die Klägerin mit Bescheid vom 29.08.2005 erklärungsgemäß. Für die Klägerin wurden Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 313.692,13 € festgestellt.
Am 07.09.2005 erließ der Beklagte einen Einkommensteuerbescheid für 2003, in dem er die Einkommensteuer für 2003 unter Berücksichtigung von Einkünften der Klägerin aus Gewerbebetrieb von 313.692 € und aus Vermietung und Verpachtung aus Beteiligungen von -108.998 € auf 51.424 € festsetzte.
Mit geändertem Einkommensteuerbescheid für 2003 vom 08.01.2008 setzte der Beklagte die Einkommensteuer auf 46.570 € fest. Die Änderung beruhte auf einer Mitteilung über die gesonderte und einheitlichen Feststellung bei der A GmbH & Co. KG, laut der der Klägerin Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von -10.006,60 € zuzurechnen waren (Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb danach 303.686 €).
Das Finanzamt für Konzernbetriebsprüfung E (FA KBP) führte ab dem 13.10.2008 eine die Jahre 2003 bis 2006 betreffende Betriebsprüfung bei der J KG durch. Das FA KBP vertrat in seinem Prüfungsbericht vom 09.11.2009, auf den wegen der Einzelheiten verwiesen wird, die Auffassung, dass das Grundstück A-Straße 30 in K mit einem Anteil von 90 % zum Sonderbetriebsvermögen der Klägerin bei der J KG gehöre. Für das Streitjahr ermittelte der Prüfer auf der Grundlage der von der I GbR abgegebenen Feststellungserklärung gewerbliche Einkünfte der Klägerin aus der Vermietung des Grundstücks an die J KG in Höhe von -73.890,41 €.
Der Beklagte folgte diesen und weiteren Prüfungsfeststellungen und erließ am 14.04.2010 einen geänderten Bescheid für 2003 über die gesonderte und einheitliche Feststellung von Besteuerungsgrundlagen bei der J KG, in dem er der Klägerin unter Berücksichtigung von Sonderbetriebsausgaben von 73.890,41 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb in Höhe von 250.748,72 € zurechnete.
In der Folge erließ der Beklagte am 10.05.2010 einen nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, in dem er Einkünfte der Klägerin aus Gewerbebetrieb in Höhe von 240.742 € (250.748,72 € – 10.006,60 € aus der Feststellung bei der A GmbH & Co. KG) sowie Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung aus Grundstücksgemeinschaften in Höhe von 0 € zu Grunde legte. Die Einkommensteuer setzte er trotz des nun deutlich höheren zu versteuernden Einkommens weiterhin auf 46.570 € fest (statt 73.312 €). Zur Begründung verwies er bei der Berechnung der Einkommensteuer auf die §§ 177 und 351 AO. In den Erläuterungen zu dem Bescheid findet sich folgender Text: „Die Änderung erfolgte aufgrund einer Mitteilung des Finanzamts E betreffend die J KG. Die Beteiligungseinkünfte aus der I GbR wurden im Rahmen dieser Mitteilung als Sonder-BV berücksichtigt. Es kommt somit zu einem doppelten Ansatz der Einkünfte. Dieser Rechtsfehler wurde nach § 177 AO berichtigt.”
Am 04.05.2011 erließ der Beklagte einen weiteren nach § 175 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO geänderten Einkommensteuerbescheid für 2003, in dem er die Einkommensteuer auf 73.312 € festsetzte. Zur Begründung gab er an, dass die Änderung aufgrund der Mitteilung des Finanzamts E betreffend die J KG vom 14.04.2010 erfolgt sei. Danach seien die Beteiligungseinkünfte aus der I GbR von Einkünften aus Vermietung und Verpachtung in gewerbliche Einkünfte umqualifiziert worden. Eine Änderungssperre nach § 177 AO bestehe nicht.
Die Kläger legten gegen den Bescheid vom 04.05.2011 am 11.05.2011 Einspruch ein. Zur Begründung trugen sie vor, dass der Beklagte die Mitteilung d...