Entscheidungsstichwort (Thema)

Grunderwerbsteuer 1995

 

Tenor

Der Grunderwerbsteueränderungsbescheid vom 23.2.1996 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 17.9.1996 wird ersatzlos aufgehoben.

Die Kosten des Verfahrens werden dem Beklagten auferlegt.

Das Urteil ist wegen der Kostenentscheidung ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des Kostenerstattungsanspruchs der Klägerin abwenden, soweit nicht die Klägerin zuvor Sicherheit in derselben Höhe leistet.

 

Gründe

Streitig ist, ob Gegenstand des Erwerbsvorgangs ein Grundstück in unbebautem oder bebautem Zustand ist.

Die Klägerin (Klin.) ist eine sogenannte Objektgesellschaft der E GmbH (E-GmbH), die das Immobilienleasing und das Leasing von Großmobilien ab Gesamtinvestitionskosten des Leasingobjektes von ca. 5 Millionen DM betreibt. Hierzu gründet die E-GmbH für jede Investition eine eigene Tochtergesellschaft, um insbesondere die jeweiligen Immobilien haftungsrechtlich gegeneinander abzuschirmen.

Die Firma M GmbH beabsichtigte auf Industriegrundstücken der Gemeinde X einen Betrieb zu errichten. Zur Durchführung dieses Objektes führte die E-GmbH bereits im Jahre 1994 Gespräche mit der Firma M GmbH über eine Leasing Konzeption und mit der Gemeinde X über den Grundstückserwerb. Am 13.10.1994 stellte die Firma M GmbH einen Bauantrag bei der Gemeinde. Am 21.10.1994 verhandelte die E-GmbH mit dem für die Beurkundung des Grundstückskaufvertrages vorgesehenen Notar über die Vertragsinhalte. Am 29.12.1994 und 26.01.1995 wurde der Leasingvertrag zwischen der Klin. und der Firma M GmbH geschlossen. Am 22.12.1994 hatte die Firma M GmbH eine Teilbaugenehmigung erhalten. Nachdem die Gemeinde X am 01.02.1995 eine Entscheidung über den Grundstücksverkauf an die Klin. getroffen hatte, wurde am 02.03.1995 der notarielle Grundstückskaufvertrag geschlossen, wonach die Gemeinde X den im Grundbuch des Amtsgerichts P von X Blatt Flur Nr. und Flur Nr. verzeichneten Grundbesitz an die Klin. zu einem Kaufpreis von insgesamt 714.371 DM veräußerte. In § 7 des notariellen Kaufvertrages war bestimmt, daß der Grundbesitz innerhalb von zwei Jahren nach Vertragsschluß mit gewerblichen Zwecken dienenden Anlagen zu bebauen sei. Die Klin. verpflichtete sich gegenüber der Gemeinde X ferner dazu, das zu erwerbende Grundstück nach Fertigstellung des Bauvorhabens in erster Linie an die Firma M GmbH zum Zwecke der Firmenniederlassung in X zu vermieten.

Am 17.05.1995 wurde der Firma M GmbH die Baugenehmigung erteilt. In der Folgezeit führte die Firma M GmbH mit entsprechenden Bauunternehmungen Verhandlungen. Am 12.04. und 11.05.1995 schlossen die Klin. und die Firma M einen Generalübernehmervertrag über die Errichtung des Gebäudes durch die Firma M GmbH für die Klin. Für alle Leistungen aus dem Vertrag sollte der Generalunternehmer eine Vergütung bis zum einem Höchstbetrag von 5.300.000 DM zzgl. der gesetzlichen Umsatzsteuer erhalten.

Durch Grunderwerbsteuerbescheid vom 07.04.1995 setzte der Beklagte (Bekl.) die Grunderwerbsteuer mit 2 % von 764.371 DM auf 15.287 DM fest. Nachdem dem Bekl. bekannt geworden war, daß die Klin. mit der Firma M GmbH einen Generalübernehmervertrag geschlossen hatte, änderte er den Grunderwerbsteuerbescheid am 23.02.1996 und bezog die Herstellungskosten für das Gebäude von 5.300.000 DM in die Bemessungsgrundlage mit ein, so daß die Grunderwerbsteuer auf 137.187 DM festgesetzt wurde.

Gegen den Grunderwerbsteueränderungsbescheid legte die Klin. Einspruch ein, den der Bekl. als unbegründet zurückwies.

Mit der Klage macht die Klin. geltend, daß der Bekl. nicht berechtigt gewesen sei, den bestandskräftigen Grunderwerbsteuerbescheid vom 07.04.1995 zu ändern und daß er die Errichtungskosten für das Gebäude zu Unrecht in die Bemessungsgrundlage mit einbezogen habe.

Dem Bekl. seien nach Erlaß des ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheides vom 07.04.1995 keine neuen Tatsachen i.S.v. § 173 Abs. 1 Nr. 1 Abgabenordnung (AO) bekannt geworden. Der Generalübernehmervertrag vom 12.04. und 11.05.1995 sei nach Erlaß des Grunderwerbsteuerbescheides vom 07.04.1995 abgeschlossen worden, so daß es sich dabei nicht um eine Tatsache handeln könne, die nachträglich bekannt geworden sei. Denn bei Erlaß des ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheides sei diese Tatsache noch gar nicht vorhanden gewesen. Im übrigen sei der Bekl. auch aus Gründen von Treu und Glauben an der Änderung des ursprünglichen Grunderwerbsteuerbescheides gehindert gewesen. Denn aufgrund des § 7 des Grundstückskaufvertrages vom 02.03.1995 sei ihm bekanntgeworden, daß das Grundstück für die Firma M GmbH bebaut werden sollte. Daher hätte Anlaß bestanden, weitere Ermittlungen anzustellen, ob auch die Herstellungskosten für das Gebäude in die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer miteinzubeziehen seien. Schließlich könnten die Gebäudeherstellungskosten nicht in die Bemessungsgrundlage bei der Grunderwerbsteuer einbezogen werden. Richtig sei, d...

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