Entscheidungsstichwort (Thema)
Anschaffungskosten, Veräußerungsgewinn
Leitsatz (redaktionell)
Werden im Rahmen einer Erbauseinandersetzung überquotal Vermögensgegenstände und Schulden übernommen, so führt dies nicht zu Anschaffungskosten beim Übernehmenden, wenn dieser kein zusätzliches Entgelt an den anderen Miterben für dessen Vermögensverzicht leistet.
Normenkette
EStG § 16 Abs. 2, § 6 Abs. 1 Nr. 1
Tatbestand
Streitig ist die Höhe eines Veräußerungsgewinns.
Die Klägerin ist neben ihren Brüdern X (X) und Y (Y) zu jeweils 1/3 Erbin nach ihrem am 18.01.1998 verstorbenen Vater V (V) geworden. Zum Nachlass gehörten u.a. verschiedene Grundstücke und ein Gewerbebetrieb (Betriebsaufspaltung mit dem Grundstück U A-Straße und Anteilen an der A GmbH (im Folgenden kurz A GmbH genannt, Amtsgericht C HRB)). Am Stammkapital der A GmbH, die früher unter „Ing. V GmbH” firmierte, waren die Klägerin und X bei Eintritt des Erbfalls jeweils mit … DM und V mit … DM beteiligt.
V hatte im Rahmen eines Erbvertrags eine Teilungsanordnung erlassen, nach der nur die Klägerin und X das gewerbliche Vermögen erben sollten. Der Sohn Y sollte seinen Erbteil aus dem privaten Vermögen erhalten.
Die Erben setzten sich mit notariellem Vertrag vom 29.08.2000 auseinander (Notar I, UrkNr). Und zwar wurde die Erbschaft dergestalt geteilt, dass Y, der noch minderjährig war (geb. 05.09.1990), lediglich folgende Wirtschaftsgüter erhielt:
- das Eigentum an dem Grundstück B-Straße, 2.482 qm, Wert lt. Vertrag 65.000 DM
- das Eigentum an dem Grundstück C-Straße 3, 146 qm, Wert lt. Vertrag 5.000 DM
- eine titulierte Forderung gegen „K” über … DM, die als „derzeit uneinbringlich” beschrieben wird
- Ansprüche gegen die Miterben für den Fall, dass der an die Klägerin und X übertragene Grundbesitz Bauerwartungs- oder Bauland werden sollte.
Das übrige Vermögen einschließlich sämtlicher sowohl privat als auch betrieblich veranlassten Verbindlichkeiten übernahmen die Klägerin und X zu gleichen Teilen.
Am 19.12.2002 errichteten die Klägerin und X eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts unter der Bezeichnung Grundstücks- und Vermögensverwaltungsgesellschaft X – N GbR, in die sie die ihnen im Erbgang zugewandten Grundbesitzungen und die Geschäftsanteile an der A GmbH einbrachten. Am 30.12.2002 wurde die GbR in die Firma A GmbH & Co. KG (A KG, Amtsgericht C HRA) umgewandelt. Komplementärin war die A GmbH und Kommanditisten waren die Klägerin und X mit einer Kommanditeinlage von jeweils …. EUR.
Mit Vertrag vom 31.07.2003 (Notar G aus C, UrkNr) schied die Klägerin mit Wirkung zum 30.06.2003 aus der A KG aus und übertrug ihren Geschäftsanteil an der A GmbH auf X. Als Gegenleistung erhielt sie ausweislich § 2 Abs. 2 des Abschnitts III des Vertrags eine Abfindung von xa EUR sowie das Alleineigentum an dem Grundstück D-Straße 4 in C und an einer Teilfläche des Grundstücks C-Straße in C; die Grundstücke standen zuvor im jeweils hälftigen Eigentum der Klägerin und des X. An dem Ergebnis der Gesellschaft für die Zeit vom 01.01.2003 bis zum 30.06.2003 war die Klägerin ausweislich § 3 des Abschnitts III des Vertrags nicht mehr beteiligt.
Mit weiterem Vertrag vom 31.07.2003 (Notar G aus C, UrkNr) wurde die A GmbH mit der A KG verschmolzen. Die KG wurde sodann in A GmbH & Co. KG (KG2) umfirmiert. Komplementärin ist nunmehr allein die neu gegründete T GmbH (AG C HRB).
In der am 13.01.2005 beim Beklagten eingereichten Feststellungserklärung der A KG (jetzt KG2) wurde für die Klägerin ein Veräußerungsgewinn in Höhe von … EUR erklärt. Der Betrag wurde wie folgt ermittelt:
Kaufpreis |
xa EUR |
Kapitalkonto 30.06.2003 |
… EUR |
|
… EUR |
übernommene Kosten von X 01.07.-31.12.2003 |
… EUR |
Veräußerungsgewinn |
xb EUR |
Auf einer Anlage zu der Feststellungserklärung heißt es erläuternd, dass sich der Veräußerungsgewinn auf die Anteile an der A GmbH beziehe, die sich im Betriebsvermögen der A KG befunden hätten. Ansonsten seien keine wesentlichen stillen Reserven vorhanden gewesen. Dementsprechend komme das Halbeinkünfteverfahren zur Anwendung.
Der Beklagte stellte im Feststellungsbescheid 2003 vom 16.02.2005 für die Klägerin einen Veräußerungsgewinn von xb EUR fest, den er unter Anwendung des Halbeinkünfteverfahrens i.H.v. … EUR als steuerpflichtig ansah.
Hiergegen legte die Klägerin Einspruch ein, mit dem sie die Herabsetzung des Veräußerungsgewinns auf xc EUR begehrte. Sie trug vor, dass nicht hinreichend berücksichtigt worden sei, dass sie und X ihren Bruder Y über ihre Erbquoten hinaus von Verbindlichkeiten freigestellt hätten und es sich bei der überquotalen Übernahme von Verbindlichkeiten um Anschaffungskosten handele. Anschaffungskosten lägen vor, wenn ein Erbe im Rahmen einer Realteilung von der Erbengemeinschaft mehr Gemeinschaftsvermögen erhalte, als es dem Wert seines Erbteils entspreche und er im Gegenzug dafür Abfindungsleistungen erbringe, indem er über seine Erbquote hinaus Verbindlichkeiten der Erbengemeinschaft übernehme. Sie – die Klägerin – und ihre beiden Brüder seien gleichberechtigte Erben mit einem Erb...