Entscheidungsstichwort (Thema)
Berücksichtigung von Ausgleichszahlungen an nichteheliche Lebenspartner als Nachlassverbindlichkeit
Leitsatz (redaktionell)
1) Zahlungen von Erben an nichteheliche Lebenspartner des Erblassers, die auf einem durch Beendigung der Lebensgemeinschaft begründeten gesellschaftsrechtlichen Ausgleichsanspruch beruhen, stellen Nachlassverbindlichkeiten i. S. des § 10 Abs. 5 Nr. 1 ErbStG dar.
2) Bei nichtehelichen Lebensgemeinschaften kommt die Anwendung gesellschaftsrechtlicher Grundsätze ausnahmsweise in Betracht, wenn beide Partner durch gemeinsame Leistungen zur Schaffung eines Vermögenswerts von erheblicher wirtschaftlicher Bedeutung beitragen, den sie als gemeinsames Vermögen betrachten, auch wenn der Vermögensgegenstand rechtlich nur einem der Partner zugeordnet ist.
Normenkette
BGB § 730 ff.; ErbStG § 10 Abs. 5 Nr. 1
Tatbestand
Die Beteiligten streiten, ob Zahlungen der Erben an die nichteheliche Lebenspartnerin des Erblassers als Nachlassverbindlichkeiten steuermindernd berücksichtigt werden können.
Die Kläger (Kl.) sind Geschwister und beerbten ihren am 14.01.2004 verstorbenen Vater zu je ½.
Der Erblasser hatte seit 1980 mit Frau U in Ehe ähnlicher Gemeinschaft zusammengelebt. Beide hatten seit dem Beginn ihrer Partnerschaft eine Filialkette mit 15 Geschäften aufgebaut und nach deren Veräußerung bzw. Übertragung nach und nach Immobilien zu Vermietungszwecken erworben.
Nach dem Tod des Erblassers machte Frau U gegenüber den Erben Ansprüche geltend, da sie sich über den Rahmen einer bloßen Mithilfe in einer Lebens- oder Familiengemeinschaft hinaus um den Aufbau des Vermögens des Verstorbenen gekümmert habe. Zwischen ihr und dem Verstorbenen habe eine Übereinkunft dahingehend bestanden, dass sie einen angemessen Anteil an dem gemeinsam erwirtschafteten Vermögen erhalten sollte. In Anerkennung der Leistungen von Frau U erklärten sich die Kl. zu einer Ausgleichszahlung an Frau U bereit. Durch privatschriftliche Vereinbarung vom 25.03.2004 setzten die Kl. und Frau U den Ausgleichsanspruch einvernehmlich auf 822.607 Euro fest. Zu den näheren Einzelheiten wird auf die Kopien der Vereinbarungen (Bl. 18 – 20 der GA 3 K 1354/06) Bezug genommen. In Erfüllung dieser Vereinbarung übertrugen die Kl. u.a. durch notariellen Vertrag vom 20.04.2004 den hälftigen Anteil am Grundsbesitz Bahnhofstr. 82 b in Herne an Frau Tebbe. Auf die Kopie des notariellen Vertrages (Bl. 38 f der Steuerakte) wird Bezug genommen.
In ihrer am 05.11.2004 abgegebenen Erbschaftsteuererklärung machten die Kl. den von Frau U geltend gemachten Ausgleichsanspruch von 822.607 Euro als Nachlassverbindlichkeit geltend. Sie legten dazu einen Beschluss des AG Bochum über die Kostenfestsetzung in der Erbscheinsangelegenheit vor, in dem der Rechtspfleger davon ausging, dass die 822.607 Euro als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen seien (Bl. 21/22 der GA 3 K 1354/06).
Durch ErbSt-Bescheide vom 25.08.2005 setzte der Beklagte (Bekl.) die Erbschaftsteuer für jeden der Kl. auf 255.303 Euro fest. Dabei berücksichtigte der Bekl. die Ausgleichszahlungen wie beantragt als Nachlassverbindlichkeit. Die Festsetzung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
In der Folge vertrat der Bekl. die Auffassung, dass der Ausgleichszahlung an Frau U kein zivilrechtlich durchsetzbarer Anspruch zu Grunde gelegen habe. Vielmehr habe das andauernde persönliche Engagement von Frau U im privaten und beruflichen Bereich sowie im Bereich der Vermögensverwaltung des Erblassers honoriert und abgegolten werden sollen. Durch geänderte ErbSt-Bescheide vom 04.11.2005 setzte der Bekl. deshalb die ErbSt für jeden Kl. auf 330.239 Euro fest, ohne die Ausgleichszahlung an Frau U als Nachlassverbindlichkeiten zu berücksichtigen.
Die dagegen erhobenen Einsprüche wies der Bekl. durch EE vom 14.03.2006 als unbegründet zurück. Zwischen dem Erblasser und Frau U habe keine Innengesellschaft i. S. d. BGH-Rechtsprechung zum Ausgleichsanspruch bei Beendigung nichtehelicher Lebensgemeinschaften bestanden. Insbesondere habe Frau U kein Unternehmerrisiko getragen und sei lediglich als Arbeitnehmerin tätig gewesen. Zu den weiteren Einzelheiten wird auf die EE'en (Bl. 186 ff. der Steuerakte) hingewiesen.
Mit ihren Klagen vom 03.04.2006 verfolgen die Kl. ihr Begehren auf Berücksichtigung der Zahlung an Frau U als Nachlassverbindlichkeit weiter. Sie vertreten die Auffassung, dass Frau U bei Beendigung der Lebensgemeinschaft mit dem Erblasser ein Ausgleichsanspruch nach den vom BGH entwickelten Grundsätzen zustehe. So hätten der Erblasser und Frau U ein Handelsunternehmen gegründet und geführt und danach mit einem gewissen Grundkapital ein erhebliches Immobilienvermögen aufgebaut. Es sei allerdings zutreffend, dass der Immobilienbesitz auf den Namen des Erblassers erworben und verwaltet worden sei. Jedenfalls sei die über das Maß einer üblichen häuslichen Mitarbeit hinausgehende Tätigkeit von Frau U sowohl beim Betrieb der Filialkette als auch beim Erwerb und der Verwaltung des Immobili...