Entscheidungsstichwort (Thema)
Entschädigung für "entgehende" Einnahmen bei Schadensersatz für den Nichtabschluss eines neuen Vertrags
Leitsatz (redaktionell)
1) Eine Entschädigung für "entgehende" Einnahmen i.S. des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG liegt auch dann vor, wenn Schadensersatz dafür geleistet wird, dass kein neuer Vertrag abgeschlossen wird.
2) Für eine einengende Auslegung des Wortlauts des § 24 Nr. 1 Buchst. a) EStG oder für eine teleologische Reduktion besteht kein Anlass.
Normenkette
EStG § 24 Nr. 1 Buchst. a, §§ 34, 19 Abs. 1 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob gewerbliche Verluste aus den Jahren 2002 bis 2004 im Streitjahr 2005 zu berücksichtigen sind und ob und in welchem Umfang eine Schadensersatzzahlung im Streitjahr 2009 steuerpflichtig ist.
Der am …1946 geborene Kläger ist geschieden und wurde in den Streitjahren 2005, 2009 und 2010 allein zur Einkommensteuer veranlagt.
Er war seit dem …1995 hauptamtliches Mitglied des Vorstandes der X-Bank. Der Dienstvertrag wurde durch die Bank bereits im Jahr 1997 ordentlich mit Wirkung zum 31.3.1999 gekündigt. Für diesen Zeitpunkt war eine Fusion mit einer anderen Bank geplant, wobei der Kläger nach der Fusion eine Vorstandsposition in der fusionierten Bank erhalten sollte.
Das frühere Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen, die rechtliche Vorgängerin der heutigen Bundesanstalt für Finanzdienstleistungsaufsicht (im Folgenden: „BaFin”), forderte die X-Bank mit Bescheid vom 2.6.1998 auf, den Kläger wegen vermeintlich mangelnder fachlicher Eignung als Vorstandsmitglied abzuberufen. In dem Bescheid war ausgeführt, in welcher Weise der Kläger seine Pflichten als Geschäftsführer angeblich verletzt hatte. Die Behörde bezog sich hierbei auf Hinweise und Empfehlungen eines vorausgegangenen Prüfungsberichts sowie auf ihre bereits zuvor geäußerten Einwendungen gegen die Ordnungsmäßigkeit der Geschäftsführung des Klägers, welche dieser angeblich nicht beachtet hatte. Wegen der Einzelheiten wird auf den Bescheid verwiesen. Daraufhin kündigte die X-Bank dem Kläger außerordentlich und fristlos am 9.7.1998. In der Folge konnte der Kläger keine Tätigkeiten mehr als Bankvorstand ausüben.
Mit rechtskräftigem Urteil vom 18.9.2001 stellte das Verwaltungsgericht C. (Az. …) fest, dass der Bescheid des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen rechtswidrig war. Dies begründete es im Wesentlichen damit, das Abberufungsverlangen habe nicht auf der gebotenen umfassenden Sachverhaltsermittlung und -würdigung beruht und habe sich zudem als unverhältnismäßig erwiesen vor dem Hintergrund der Übernahme der Geschäftsleitung erst im April 1995. Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
Der Kläger nahm daraufhin die BaFin als Rechtsnachfolgerin des Bundesaufsichtsamts für das Kreditwesen auf Ersatz seines materiellen und immateriellen Schadens in Anspruch. Mit rechtskräftigem Urteil vom 13.7.2006 (Az. …) stellte das Oberlandesgericht G. in zweiter Instanz fest, dass die BaFin verpflichtet war, dem Kläger sämtliche materiellen Schäden zu ersetzen, die ihm durch den Abberufungsbescheid des Bundesaufsichtsamtes für das Kreditwesen entstanden waren und künftig entstehen würden. Der Schadensersatz war nach den Urteilsgründen auch nicht durch eine anderweitige Ersatzmöglichkeit ausgeschlossen, etwa durch Geltendmachung der Bezüge, die dem Kläger aus seinem Anstellungsvertrag mit der Bank bis zum Zeitpunkt der ordentlichen Kündigung zum 31.3.1999 zugestanden hätten (82.117,23 €). Wegen der Einzelheiten wird auf das Urteil verwiesen.
In einem weiteren zivilgerichtlichen Verfahren gegen die BaFin machte der Kläger mit Klageschrift vom 12.12.2007 vor dem Landgericht G. (Az. …) die Höhe des Schadens mit 2.355.367,30 € geltend. Maßgeblich für die Höhe des geltend gemachten Schadens war die Überlegung, dass der Kläger nach der Bankenfusion als Vorstand übernommen werden sollte und nur aufgrund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens der Rechtsvorgängerin der BaFin nicht übernommen wurde. Zwar war die Übernahme des Klägers als Vorstandsmitglied zum damaligen Zeitpunkt weder vertraglich noch durch die zuständigen Organe der Genossenschaft und des Genossenschaftsverbands rechtsverbindlich festgelegt. Jedoch sei dem Kläger, so sein Vortrag vor dem Zivilgericht, von einem Vertreter des für die Personalentscheidung seinerzeit zuständigen Genossenschaftsverbands D. bereits im Jahr 1997 die Übernahme als Bankvorstand mündlich zugesagt worden. Der rechtsverbindliche Bestellungsakt sei nur noch eine „Formsache” gewesen (Klageschrift vom 12.12.2007, S. 9 ff). Im Übrigen, so argumentierte der Kläger im Zivilverfahren weiter, sei er nach der ausgebliebenen Übernahme in die fusionierte Bank auch gehindert gewesen, bei einer anderen Bank eine vergleichbare Position zu erlangen, und zwar nur aufgrund des rechtswidrigen Abberufungsverlangens. Hieraus seien ihm – monatsweise aufgelistete – „Verdienstausfallschäden” für den Zeitraum v...