Entscheidungsstichwort (Thema)

Teilnahme einer zukünftigen Prüferin als Zuhörerin an einer Steuerberaterprüfung kein Verfahrensfehler

 

Leitsatz (redaktionell)

1) Die Teilnahme einer Finanzbeamtin als Zuhörerin bei einer Steuerberaterprüfung zu dem Zweck, sie auf künftige Einsätze als Prüferin vorzubereiten, ist grundsätzlich auch dann zulässig, wenn sie in einem gegen einen der Prüfungsteilnehmer laufenden steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren tätig war.

2) Es ist allerdings nicht generell auszuschließen, dass eine feindselige oder unsachliche Einstellung eines Zuhörers gegenüber einem Kandidaten diesen in seiner Chancengleichheit beeinträchtigen könnte.

 

Normenkette

AO 1977 § 83; GG Art. 3 Abs. 1; GVG § 175 Abs. 2, § 193; DVStB § 26 Abs. 8; StBerG § 164 a

 

Gründe

Streitig ist, ob die Entscheidung des Prüfungsausschusses für Steuerberater beim Beklagten (Bekl.) über das Nichtbestehen der Steuerberaterprüfung wegen Teilnahme einer Finanzbeamtin als Zuhörerin aufzuheben ist, weil diese in einem gegen den Kläger (Kl.) laufenden steuerstrafrechtlichen Ermittlungsverfahren tätig war.

Der Kl. hat die Steuerberaterprüfung 2000 als Wiederholer des Jahres 1999 nicht bestanden. Bei einer Gesamtnote für die Aufsichtsarbeiten von 4,33 erzielte er im mündlichen Teil der Prüfung die Note 4,28. Daraus ergab sich die Prüfungs-Gesamtnote 4,30, mit der der Prüfungsausschuss 15 am 15.03.2001 die Prüfung des Kl. für nicht bestanden erklärte.

An der mündlichen Prüfung hat auch Frau D., die als Sachgebietsleiterin beim Finanzamt für Steuerstrafsachen und Steuerfahndung – Straf- und Bußgeldsachenstelle-(Strabu) tätig ist, als Zuhörerin teilgenommen. Hierauf hat der Vorsitzende des Prüfungsausschusses die Prüflinge vor Beginn der Prüfung hingewiesen. Der Grund des Zuhörens war die vom Beklagten beabsichtigte Heranziehung von Frau D. als Prüferin bei der Steuerberaterprüfung. Sie war deshalb auch bei den Beratungen des Prüfungsausschusses zugegen. Sie hat sich zu den Prüfungsleistungen nicht geäußert.

Der Kl. hatte Frau D. zuvor im Rahmen von Ermittlungen wegen Steuerstraftaten kennengelernt. Gegen den Kl. selbst war ein Strafverfahren wegen Umsatzsteuerverkürzungen eines Mandanten des früheren Arbeitgebers des Kl. eingeleitet worden, das mit Schreiben vom 06.04.2001 der StraBu gem. § 170 Abs. 2 Strafprozeßordnung (StPO) eingestellt worden ist.

Mit der gegen die Prüfungsentscheidung vom 15.03.2001 gerichteten Klage trägt der Kl. vor, durch die Teilnahme von Frau D. sei er, der Kl., außer Stande gewesen, seine Konzentration allein auf die Prüfungsfragen und die Antworten zu beschränken. Durch die Beteiligung der Zuhörerin an der mündlichen Prüfung seien der Grundsatz der Chancengleichheit, das Gebot der Sachlichkeit und der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit verletzt worden. Zu dem Zeitpunkt sei das Strafverfahren gegen ihn selbst noch nicht eingestellt gewesen, vielmehr sei erst kurz zuvor, am 14.02.2001, ein weiterer Angestellter des früheren Arbeitgebers des Kl. als Zeuge vernommen worden. Der Kl. habe daher die begründete Besorgnis gehabt, daß inzwischen gegen ihn selbst noch belastend ausgesagt worden war. Frau D. habe ihm bei einer Vernehmung im Dez. 2000 entgegen ihrer Stellungnahme gegenüber dem Bekl. nicht erklärt, das Strafverfahren werde eingestellt. Dies habe ihm vielmehr der zuständige Sachbearbeiter der Strabu-Stelle, Herrn J., fernmündlich nach der Vernehmung als sicher in Aussicht gestellt (Schriftsatz vom 02.07.2001). Im Vorfeld der Prüfung habe er sich deshalb bei diesem mehrfach telefonisch nach dem Stand des Ermittlungsverfahrens erkundigt, auf die besondere Bedeutung der Einstellung für seine bevorstehende Prüfung hingewiesen und diesen gebeten, Frau D. von der Ladung zum Termin am 15.03.2001 zu unterrichten. Er, der Kl., habe bei der Prüfung vermutet, daß dieser seine Teilnahme an dieser Prüfung bekannt gewesen sei. Es sei jedenfalls pflichtwidrig gewesen, daß sich die Zuhörerin nicht erkundigt gehabt habe, ob der Kl. an der Prüfung am 15.03. teilnehme.

Frau Dr. Schulze sei in der zweiten Pause der mündlichen Prüfung, nicht schon in der ersten, auf ihn zugekommen und habe ihn sinngemäß gefragt, ob es ihm etwas ausmache, daß sie an der Prüfung teilnehme. Hierzu habe er sich sachlich nicht geäußert, sondern nur erklärt, die Prüfung habe ja begonnen. Zu diesem Zeitpunkt habe die Prüfung schon 2 ½ Stunden gedauert gehabt.

Durch die Prüfungsteilnahme von Frau D. sei er, der Kl., überrascht und stark verunsichert worden. Er habe unter Zeitdruck und dem Eindruck der Gesamtumstände der Prüfungssituation und vor der Frage gestanden, ob er den Prüfungsausschuß über das anhängige Strafverfahren und die Beteiligung von Frau D. hätte aufklären sollen, was sich möglicherweise negativ auf den Prüfungsablauf hätte auswirken können. Die Tatsache, daß sich der Kl. gegenüber dem Prüfungsausschuß nicht offenbart habe, könne dem Kl. daher nicht angelastet werden. Soweit der Eindruck entstanden sei, er habe ruhig gewirkt, beruhe dies nur da...

Dieser Inhalt ist unter anderem im Haufe Finance Office Premium enthalten. Sie wollen mehr?


Meistgelesene beiträge