Entscheidungsstichwort (Thema)
Abzugsverbot für Sonderbetriebsausgaben nach § 4i EStG. - Revision eingelegt (Aktenzeichen des BFH: I R 58/23)
Leitsatz (redaktionell)
Im Fall der vollkonsolidierenden Gruppenbesteuerung nach niederländischem Recht (sog. „fiscale eenheid”), bei der die gruppeninternen Transaktionen unberücksichtigt bleiben, liegt keine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage i.S.d. § 4i Satz 1 EStG vor.
Normenkette
EStG § 15 Abs. 1 Nr. 2, § 4i
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist streitig, ob der Beklagte (das Finanzamt –FA–) zu Recht den Abzug der von der Kommanditistin gezahlten Schuldzinsen i.H.v. 47.900 € zur Refinanzierung ihrer Kapitaleinlage als Sonderbetriebsausgaben (nachfolgend: SBA) versagt hat.
Die Klägerin ist eine GmbH & Co. KG mit Sitz in E. Unternehmensgegenstand der Gesellschaft ist […]. Im Streitzeitraum war die in den Niederlanden ansässige C- B.V. als Kommanditistin zu 100 % an der Klägerin beteiligt. Komplementärin der Klägerin war die D GmbH, die selbst keine Anteile am Kapital der Klägerin hält.
An der C- B.V. war die ebenfalls in den Niederlanden ansässige F- B.V. zu 100 % beteiligt. Die beiden niederländischen Gesellschaften, also die F- B.V. als auch die C- B.V., befanden sich in den Niederlanden im Streitzeitraum in einer sog. niederländischen Gruppenbesteuerung für ertragsteuerliche Zwecke (sog. „fiscale eenheid”).
Mit bereits vor dem Kalenderjahr 2015 geschlossenen Darlehensverträgen gewährte die F- B.V. der C- B.V. mehrere Darlehen. Es handelt sich hierbei um Tilgungsdarlehen mit einem Gesamtfinanzierungsvolumen von ca. … Millionen €, die dazu dienten, der C- B.V. die Mittel zu verschaffen, um die Klägerin mit entsprechenden Geldbeträgen auszustatten. Die Darlehenszinsen wurden von der C- B.V. monatlich an die F- B.V. gezahlt. Die Klägerin passivierte die Verbindlichkeiten aus den von der F- B.V. gewährten Darlehen in einer Sonderbilanz der C- B.V. und berücksichtigte die Schuldzinsen als deren SBA. Für das Streitjahr 2017 machte die Klägerin Zinsaufwendungen der C- B.V i.H.v. 47.900 € als SBA geltend und erklärte für die Klägerin einen Gesamthandsgewinn von 34.226 €, der in Höhe von 33.726 € auf die C- B.V. als Kommanditistin und in Höhe von 500 € auf die Komplementärin entfiel.
Mit Feststellungsbescheid vom 06.02.2019 stellte das FA die Besteuerungsgrundlagen für 2017 antragsgemäß fest. Der Bescheid erging unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gemäß § 164 Abs. 1 der Abgabenordnung (AO).
Im Rahmen einer nachfolgenden Betriebsprüfung für die Jahre 2015 – 2017 vertrat die Betriebsprüfung die Auffassung, die von der Kommanditistin gezahlten Darlehenszinsen stellten zwar SBA nach deutschem Recht dar, da die Darlehen als notwendiges Sonderbetriebsvermögen II der Begründung bzw. Stärkung der Beteiligung der Kommanditistin an der Klägerin dienten. Die Ergebnisse der C- B.V. würden aber im Rahmen des niederländischen Rechtskonstrukts der „fiskalischen Einheit” (Gruppenbesteuerung) für steuerliche Zwecke mit den Ergebnissen ihrer Muttergesellschaft, F- B.V., konsolidiert. Durch diese Konsolidierung käme es dazu, dass der Zinsaufwand sowohl in Deutschland im Rahmen des SBA-Abzugs als auch in den Niederlanden durch die Konsolidierung der Betriebsausgaben der C- B.V. mit den Zinseinnahmen der F- B.V. Berücksichtigung finden würde. Daher sei eine Minderung der Steuerbemessungsgrundlage sowohl im Inland als auch in den Niederlanden gegeben. Denn hierfür sei keine effektive Steuerminderung im anderen Staat erforderlich, sondern ausreichend sei vielmehr die tatsächliche Minderung der Bemessungsgrundlage, was auch in Fällen der Konsolidierung im Rahmen einer Gruppenbesteuerung zu bejahen sei (vgl. Schmidt/Wacker, 38. Aufl. 2019, EStG § 4i Rn. 13). In den Abschlüssen der C- B.V. fänden sich sowohl die Verbindlichkeiten als auch die Zinsaufwendungen für die betreffenden Darlehen. Die spätere Konsolidierung erfolge lediglich im Rahmen der Ertragsbesteuerung. Diese Konsolidierung stelle nicht den Zustand einer „Nicht-Minderung” der Steuerbemessungsgrundlage wieder her, sodass zumindest rechnerisch ein doppelter Abzug vorgenommen worden sei. Die Ausnahme gemäß § 4i S. 2 EStG greife nicht, da keine Erträge desselben Steuerpflichtigen (hier der C- B.V.) in unmittelbarem Zusammenhang mit den Aufwendungen stünden. Die festzustellenden Einkünfte der Klägerin für 2017 seien gemäß § 4i S. 1 EStG um die bisher geltend gemachten SBA in Höhe von 47.900 € zu erhöhen. Für die Jahre 2015 und 2016 seien keine Einkommenskorrekturen hinsichtlich der Zinsaufwendungen vorzunehmen, da § 4i EStG erst ab dem Streitjahr 2017 Anwendung fände.
Das FA folgte den Feststellungen der Betriebsprüfung und erließ unter dem 17.08.2020 einen entsprechend geänderten Feststellungsbescheid für 2017. Darin stellte es den Gewinn der Klägerin auf nunmehr 82.126 € fest und rechnete der Kommanditistin in Höhe eines Betrags von 81.626 € Einkünfte aus Gewerbebetrieb zu. Gleichzeitig hob es den Vorbehalt der Nachprüfung auf.
Unter dem ...