Entscheidungsstichwort (Thema)
Aussetzung der Vollziehung wegen unbilliger Härte
Leitsatz (amtlich)
Der Vollstreckungsschuldner hat auch Forderungspfändungen durch die er sozialhilfebedürftig wird hinzunehmen. Eine unbillige Härte i. S. d. § 69 Abs. 2 S. 2 FGO kann deshalb allein aus der Vollziehung einer Pfändungs- und Einziehungsverfügung, die den Vollstreckungsschuldner zwar sozialhilfebedürftig werden lässt, bei der aber die gesetzlichen Pfändungsschutzvorschriften beachtet werden, grundsätzlich nicht folgen.
Normenkette
AO §§ 309, 314; FGO § 69 Abs. 2-3; SGB I § 55 Abs. 1; ZPO § 850k
Tatbestand
I.
Der Antragsgegner betreibt wegen fälliger Steuern und steuerlicher Nebenleistungen in Höhe von zunächst 1.938,15 € die Vollstreckung gegen den Antragsteller.
Mit Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 29.05.2007 pfändete der Antragsgegner alle dem Antragsteller gegenwärtig und künftig gegen die Sparkasse A , die Bank B und die BAUSPARKASSE C zustehenden Ansprüche, Forderungen und Rechte aus den dort geführten Konten bzw. Bausparverträgen. Zugleich wurde die Einziehung der gepfändeten Ansprüche in Höhe des geschuldeten Gesamtbetrags angeordnet. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 29.05.2007 verwiesen.
Nach der Drittschuldnererklärung der Sparkasse A vom 06.06.2007 besteht dort ein Sparkonto Nr. 67 mit einem Guthabenstand von 591,57 €, welches als Mietkaution dem Vermieter des Antragstellers als Sicherheit zusteht. Nach der Drittschuldnererklärung der BAUSPARKASSE C vom 11.06.2007 wurde die Pfändung im Nachrang vorgemerkt, weil das Bausparguthaben zu Sicherungszwecken vorrangig verpfändet sei. Die Bank B teilte in ihrer Drittschuldnererklärung vom 07.06.2007 mit, das laufende Konto des Antragstellers habe bei Zustellung der Pfändungs- und Überweisungsverfügung ein Guthaben in Höhe von 1.592,57 € ausgewiesen, die gepfändete Forderung werde in dieser Höhe als begründet anerkannt, das Guthaben werde nach Abschluss überwiesen, sofern keine vorrangigen Rechte bestünden. Außerdem wurde mitgeteilt, die gepfändete Forderung aus dem Sparkonto Nr. 24 werde in Höhe von 276,67 € als begründet anerkannt.
Mit (Fax-)Schreiben vom 08.08.2007 legte der Antragsteller gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügungen vom 29.05.2007 Einspruch ein.
Ebenfalls mit Schreiben vom 08.08.2007, eingegangen per Fax beim Finanzgericht Nürnberg am selben Tag, begehrt der Antragsteller eine „einstweilige Anordnung“ gegen die Pfändungs- und Einziehungsverfügung vom 29.05.2007. Aufgrund dieser Verfügung habe er keine Miete bezahlen, keine Versicherungen begleichen und noch nicht einmal Toilettenpapier kaufen können. Er sei gezwungen gewesen Sozialhilfe zu beantragen.
Auf Anfrage des Gerichts teilte der Antragsteller mit, einen Antrag nach § 850k ZPO werde er in den nächsten Tagen stellen. Sein Antrag vom 08.08.2007 beziehe sich auf das Konto bei der Bank B und die Konten bei der Sparkasse A und der BAUSPARKASSE C . Die Guthaben bei der Sparkasse A und der BAUSPARKASSE C seien Kautionen für sein Mietverhältnis. Sollte er umziehen, benötige er diese Gelder für eine neue Mietkaution. Von seiner geringen Rente könne er nicht leben. Er sei auf Stellensuche und möchte nicht der Sozialhilfe lästig fallen.
Der Antragsgegner trägt vor, ein Anspruchsgrund liege nicht vor. Am 29.05.2007 seien drei Konten gepfändet worden, darunter ein einziges Girokonto bei der Bank B . Der Antragsteller trage nicht vor, dass bestimmte Einnahmen, die auf dieses Konto fließen, einem Pfändungsschutz unterliegen. Dieser wäre ohnehin von der kontoführenden Bank zu beachten (Hinweis auf § 55 Abs. 1 SGB I) bzw. vom Antragsteller zu beantragen (§ 850k ZPO). Ein solcher Antrag sei nicht gestellt worden. Der Antragsteller trage lediglich vor, er benötige Geld für bestimmte Zwecke. Insoweit sei im Gesetz ein Pfändungsschutz nicht vorgesehen. Es sei auch nicht nachvollziehbar, welche Einnahmen in welcher Höhe der Antragsteller von einer Pfändung freigestellt haben will.
Wegen des weiteren Vorbringens wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen und die dem Gericht vorliegenden Vollstreckungsakten verwiesen.
Entscheidungsgründe
II.
Der Antrag hat keinen Erfolg.
Die den Begriff „einstweilige Anordnung“ enthaltende Antragsschrift des Antragstellers vom 08.08.2007 bedarf der Umdeutung (vgl. Tipke/Kruse, Abgabenordnung - Finanzgerichtsordnung, § 114 FGO Tz. 57 m.w.N.).
Gegen eine Pfändungsverfügung nach § 309 AO kann ebenso wie gegen eine Einziehungsverfügung nach § 314 AO einstweiliger Rechtsschutz durch Aussetzung der Vollziehung (§ 69 Abs. 3 FGO) oder bei Pfändung fortlaufender Bezüge im Sinne des § 313 AO durch einstweilige Anordnung (§ 114 FGO) gewährt werden. Die Aussetzung der Vollziehung kann auch noch nach Einziehung der Forderung verlangt werden (vgl. Tipke/Kruse, AO-FGO, § 309 AO Tz. 56).
Im wohlverstandenen Interesse des Antragstellers ist sein auf Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes gerichtetes Begehren als Antrag auf Aussetzung d...