Entscheidungsstichwort (Thema)
Veräußerung bekannter Immobilien = Sofortabzug der Vorsteuer nach Option gem. § 9 Abs. 1 UStG und deren Rückgängigmachung; Darlegung der erneuten steuerpflichtigen Verwendungsabsicht
Leitsatz (redaktionell)
Bekundet ein Bauunternehmer und Immobilienhändler gegenüber dem Finanzamt die Absicht, die nach § 4 Abs. 9 Buchst. a UStG umsatzsteuerfreie Veräußerung von bebauten Grundstücken gem. § 9 Abs. 1 UStG als umsatzsteuerpflichtig behandeln zu wollen und macht er diese Optionsabsicht in später abgegebenen Umsatzsteuererklärungen wieder rückgängig, so scheidet der Vorsteuerabzug im Wege des Sofortabzugs aus, wenn er die behauptete - erneute - steuerpflichtige Verwendungsabsicht nicht hinreichend darlegen kann.
Normenkette
UStG § 15 Abs. 2, § 9 Abs. 1, § 15 Abs. 1 Nr. 1, § 4 Nr. 9a
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin aufgrund der Abgabe berichtigter Steuererklärungen einen Anspruch auf Sofortabzug der angefallenen Vorsteuern aus der Errichtung des Objekts R. hat bzw. inwieweit bei erneut erklärter Verzichtsabsicht auf die Steuerfreiheit des Verwendungsumsatzes die steuerpflichtige Verwendungsabsicht konkretisiert sein muß, wenn die Vorsteuern im Wege des Sofortabzugs geltend gemacht werden.
Die Klägerin wurde ursprünglich 1987 als „Firma S. GmbH & Co., Gewerbebau KG“ mit Sitz in F. gegründet. Gegenstand des Unternehmens war der Erwerb und die Verwaltung von Immobilien.
Mit notarieller Urkunde vom 20. 1. 1992 erwarb die Klägerin den 3.700 qm umfassenden Grundbesitz mit der Flur-Nr. ... in der Gemarkung H. , nun R. straße 6, der bisher als Kleingartenanlage genutzt wurde. Die Klägerin beabsichtigte, das Vertragsgrundstück mit einem Boardinghouse zu bebauen (Ziffer XIII). Das Grundstück liegt im Bebauungsplan Nr. ... der Stadt N. , der für diesen Bereich ein Gewerbegebiet festsetzt, in welchem die Wohnungsnutzung nach § 8 der Baunutzungsverordnung unzulässig ist. Die einzelnen Appartements sollten an Interessenten verkauft werden, die ihrerseits verpflichtet werden sollten, diese an einen gewerblichen Betreiber weiter zu vermieten (Boardinghousekonzept).
In diesem Zusammenhang (21. 1. 1992) schloß die Klägerin mit der Firma W -GmbH einen Generalvertriebsvertrag bezüglich des geplanten Komplexes, bestehend aus 232 Appartements und der Gaststätte, ab. Aufgrund der Erklärung in Ziffer III des Vertrags war die Firma W -GmbH der Klägerin gegenüber zu erheblichen Entschädigungsleistungen für nicht verkaufte Appartements verpflichtet.
Mit Teilungserklärung vom 22. 4. 1992 wurde das Grundstück in 233 Teileigentumseinheiten aufgeteilt. Der zwischen den Eigentümern der Appartements und dem Verwalter des Objekts vorgesehene Zwischenmietvertrag zur gewerbsmäßigen Weitervermietung (vgl. Ziffer VI der Teilungserklärung) lag der Teilungserklärung bei. Da der Vertrieb der Appartements im Rahmen des Boardinghousekonzepts scheiterte, wurde dieses fallengelassen.
In Nachträgen vom 29. 9. 1993 bzw. 22. 10. 1993 zur Teilungserklärung ist dazu folgendes ausgeführt:
Ziffer II des notariellen Nachtrags vom 29. 9. 1993:
„Entgegen der Angabe in der Vorurkunde wird auf dem Grundstück, Flur-Nr. ... Gemarktung H. , kein Boardinghouse errichtet.
Vielmehr wird auf dem vorgenannten Grundstück ein Wohngebäude mit Appartements errichtet werden.
Auch wird entgegen der Angabe in der Vorurkunde der der Vorurkunde als Anlage beigefügte Mietvertrag oder Zwischenmietvertrag nicht abgeschlossen werden.
Dies wird hiermit klargestellt.“
Ziffer II des Nachtrags vom 22. 10. 1993:
„Die in dem auf dem Grundstück Flur-Nr. ... Gemarkung H. erstellten Gebäude errichteten, bzw. zu errichtenden Appartements dienen zur Wohnnutzung oder zur gewerblichen Nutzung“.
Das Grundbuch enthält in Abteilung II „Lasten“ hinsichtlich der eingeschränkten Nutzung (Nutzung nur für gewerbliche Zwecke erlaubt) keine Eintragung.
Es erfolgte die Bebauung mit einem Komplex aus Wohnappartements sowie einer nach Fertigstellung als Restaurant nutzbaren Gewerbeeinheit. Die Wohnanlage wurde im Jahr 1994 bis auf die Gaststätte fertiggestellt. Bis einschließlich 1994 wurden Appartements mit einem Miteigentumsanteil von insgesamt 249,47/1.000 verkauft, die nicht zu unternehmerischen Zwecken verwendet wurden. Im Jahr 1995 wurden Appartements mit einem Miteigentumsanteil von 56,38/1.000 zu nichtunternehmerischen Zwecken (als Wohnung) vermietet.
Mit Vertrag vom 21. 4. 1994 übertrugen die bisherigen Kommanditisten ihre Kommanditanteile an die Firma W. GmbH und die Firma R. GmbH. Zum 1. 4. 1995 schied der bisherige persönlich haftende Gesellschafter, die Firma S. GmbH, aus. Die bisherige Kommanditistin, die Firma W -GmbH, wurde neue Komplementärin. Gleichzeitig schied sie als Kommanditistin aus. Die Klägerin wurde in W -GmbH & Co. Verwaltungsgesellschaft R. KG umbenannt und der Firmensitz nach N. verlegt. Damit haben letztlich die Firmen, die für den Vertrieb der Appartements des ursprünglich als Boardinghouse geplanten Objekts verantwortlich waren, die Gesellschaftsanteile an der Kläger...