Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung einer Organgesellschaft für Steuerschulden des Organträgers nach § 73 AO bei umsatzsteuerlicher Organschaft
Leitsatz (amtlich)
1. Mit der Haftung der Organgesellschaft nach § 73 AO sollen Steuerausfälle vermieden werden, die aufgrund von Vermögensverlagerungen im Organkreis entstehen können.
2. Die Haftung der Organgesellschaft für Umsatzsteuer des Organträgers erfordert für den Haftungszeitraum eine umsatzsteuerliche Organschaft nach den Voraussetzungen des§ 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG und somit die finanzielle, wirtschaftliche und organisatorische Eingliederung in das Unternehmen des Organträgers.
3. Die wirtschaftliche Eingliederung verlangt, dass die Tätigkeiten von Organträger und Organgesellschaft aufeinander abgestimmt sind und sich fördern und ergänzen.
4. Für die Beurteilung der Rechtmäßigkeit des Haftungsbescheides durch das Finanzgericht ist der Rechtsstand zum Zeitpunkt des Ergehens der Einspruchsentscheidung maßgeblich.
Normenkette
AO § 73; UStG § 2 Abs. 2 Nr. 2
Tatbestand
Streitig ist, ob der Beklagte die Klägerin zu Recht nach § 73 AO als Organgesellschaft für Steuerschulden des Organträgers A in Anspruch genommen hat.
Die Klägerin ist eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung (GmbH), die mit dem notariellen Vertrag vom 19.12.2013 gegründet wurde mit dem Zweck der Verwaltung von Immobilien. Ihre Betriebsstätte befand sich zunächst in 2, ab 01.01.2015 in 1, Str. 1. Ihr alleiniger Gesellschafter und Geschäftsführer war A, der laut Eintrag im Handelsregister vom 20.07.2016 als Geschäftsführer ausgeschieden ist. A betrieb seit März 2009 in 2 einen Gewerbebetrieb für Hausverwaltungen und Hausmeisterdienstleistungen, dessen Sitz er zum 01.12.2014 nach 1, Str. 1 ummeldete. A blieb dem Beklagten Umsatzsteuern für 2014 und Umsatzsteuervorauszahlungen für die Monate August bis Dezember 2015 sowie für Januar bis März 2016 mit Fälligkeiten von 30.10.2015 bis 07.07.2016 insgesamt in Höhe von 27.279 € schuldig; Beitreibungsversuche in sein Vermögen blieben ohne Erfolg.
Der Beklagte ging von einem umsatzsteuerlichen Organschaftsverhältnis zwischen A als dem Organträger und der Klägerin als Organgesellschaft aus. Nach Anhörung, in der vorgetragen wurde, es läge keine Organschaft vor, weil A und die GmbH in unterschiedlichen Geschäftsgebieten tätig gewesen seien, erließ der Beklagte am 13.09.2016 einen Haftungsbescheid gegenüber der Klägerin, den er auf § 73 AO stützte, und forderte die rückständigen Umsatzsteuern in Höhe von 27.279 € zur Zahlung an. Nach den Feststellungen einer Umsatzsteuernachschau am 07.04.2015 habe zwischen A und der Klägerin ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis im Sinne von § 2 Abs. 2 Nr. 2 UStG bestanden, da die Klägerin finanziell, wirtschaftlich und organisatorisch in das Unternehmen des A eingegliedert gewesen sei; daher seien bei ihm als Organträger die Umsätze der Klägerin erfasst worden.
Wegen der Darstellung der Haftungsschulden, der Begründung der Haftungsvoraussetzungen und der Ermessenserwägungen wird auf den Haftungsbescheid vom 13.09.2016 verwiesen.
Der von der Klägerin fristgerecht erhobene Einspruch, in dem die Klägerin geltend machte, die Voraussetzungen des § 73 AO lägen nicht vor, es fehle jeglicher Bezug etwaiger Forderungen gegen den Geschäftsführer, Gesellschafter und die Organgesellschaft, es gäbe keine Steuern innerhalb eines Organkreises und es bestünde keine Organschaft, blieb ohne Erfolg.
In der Entscheidung vom 25.01.2017, mit der der Einspruch als unbegründet zurückgewiesen wurde, führte der Beklagte unter anderem folgendes aus:
Zwischen A und der Klägerin habe ein umsatzsteuerliches Organschaftsverhältnis vorgelegen. Die finanzielle Eingliederung der Klägerin bestehe, weil A deren Alleingesellschafter gewesen sei, die organisatorische Eingliederung folge aus dessen alleiniger Befugnis, die Geschäfte sowohl seines Einzelunternehmens als auch die der Klägerin zu führen. Für die wirtschaftliche Eingliederung genüge die Verflechtung der beiden Unternehmen in ihren Tätigkeitsbereichen der Verwaltung von Immobilien sowie der Hausverwaltungen und Hausmeisterdienstleistungen in der Person des Alleingesellschafters und Geschäftsführers der Klägerin.
Die Haftung erstrecke sich auf die während der Organschaft entstandenen Umsatzsteuern; das Organschaftsverhältnis habe mit dem Ausscheiden des Geschäftsführers am 20.07.2016 geendet.
Wegen der Begründung im Einzelnen wird auf die Einspruchsentscheidung verwiesen.
Die Klägerin hat fristgerecht Klage erhoben und beantragt zuletzt sinngemäß, den Haftungsbescheid in Gestalt der Einspruchsentscheidung, diese geändert durch den Widerrufsbescheid vom 26.10.2017, ersatzlos aufzuheben.
Sie trägt vor, die Steueransprüche gegen A, für die sie in Haftung genommen worden sei, hätten sich aufgrund zwischenzeitlich geänderter Steuerfestsetzungen erheblich gemindert. Zudem läge kein Organverhältnis als Haftungsvoraussetzung vor.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist er hinsichtlich d...