Nichtzulassungsbeschwerde eingelegt (BFH IX B 185/12)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Anerkennung eines vom Erblassers nicht ausgenutzten Verlustvortrags nach § 10d EStG bei der Veranlagung zur Einkommensteuer des Gesamtrechtsnachfolgers
Leitsatz (amtlich)
1. Auch vor der Veröffentlichung des Beschlusses des Großen Senates am 12. März 2008 (BFH-Beschluss vom 17. Dezember 2007 2 GrS 2/04, BFHE 220, 129, BStBl II 2008, 608) stellte die Rechtsprechung auf das Kriterium der „wirtschaftlichen Belastung“ ab, sodass dies auch für Fälle, die in den Übergangszeitraum fallen, gilt.
2. Da die Berücksichtigung eines vom Erblasser nicht ausgeschöpften Verlustabzugs beim Erben die das Einkommensteuerrecht beherrschenden Grundsätze der Individualbesteuerung und der Besteuerung nach der persönlichen Leistungsfähigkeit durchbricht, kann diese Durchbrechung nur dadurch gerechtfertigt werden, wenn auch der Erbe durch die "ererbten" Verluste in seiner Leistungsfähigkeit zum Beispiel durch die Haftung für Nachlassverbindlichkeiten beeinträchtigt ist. Es kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Beeinträchtigung der Leistungsfähigkeit des Erblassers allein über die Gesamtrechtsnachfolge beim Erben fortwirkt.
Normenkette
EStG § 10d Abs. 2, 4
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Anerkennung eines vom Erblassers nicht ausgenutzten Verlustvortrags nach § 10d EStG bei der Veranlagung zur Einkommensteuer des Gesamtrechtsnachfolgers.
Der Vater der Klägerin ist am 02.05.2007 verstorben und wurde von der Klägerin und deren Schwester jeweils mit beerbt. Das Finanzamt stellte mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2007 vom 11.08.2010 für den Erblasser den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften auf 226.709 € fest. Dieser Verlust beruht im Wesentlichen darauf, dass der Erblasser das Grundstück G am 27.02.2007 zum Kaufpreis von 2.951.988 € erworben und am 01.05.2007 zum Preis von 2.750.000 € veräußert hat.
Das Finanzamt stellte mit Bescheid an die Kläger über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zum 31.12.2007 vom 05.06.2009 und 21.09.2010 den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften für den Kläger auf 19 € fest.
Weiter stellte das Finanzamt mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2008 vom 11.08.2010 und 21.09.2010 den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften für den Kläger auf 19 € und für die Klägerin auf 19.594 € fest. Am 09.02.2011 erging ein nach § 10d Abs. 4 und Abs. 5 EStG geänderter Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2008, der für den Kläger einen verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. 19 € und für die Klägerin i.H.v. 29.222 € ausweist.
Mit Bescheid über die gesonderte Feststellung des verbleibenden Verlustvortrags zur Einkommensteuer zum 31.12.2009 vom 16.02.2011 stellte das Finanzamt den verbleibenden Verlustvortrag nach § 10d Abs. 4 EStG für die Einkünfte aus privaten Veräußerungsgeschäften für den Kläger auf 11 € und für die Klägerin auf 0 € fest.
Der Prozessbevollmächtigte machte für die Kläger mit dem Einspruch geltend, dass der verbleibende Verlustvortrag des Erblassers der mit Bescheid vom 11.08.2010 festgestellt worden ist, auf die beiden Gesamtrechtsnachfolgerinnen zu übertragen sei. Deshalb sei auf die Klägerin die Hälfte des Betrages von 226.709 €, also 113.355 € zu übertragen.
Das Finanzamt wies die Einsprüche mit Einspruchsentscheidung vom 04.08.2011 als unbegründet zurück.
Zur Begründung wurde im Wesentlichen ausgeführt:
Im Streitfall handele es sich um einen vom Erblasser nach § 10d Abs. 4 EStG festgestellten Verlust aus privaten Veräußerungsgeschäften i.H.v. insgesamt 226.709 €. Der Große Senat des BFH habe mit Beschluss vom 17.12.2007 (GrS 2/04) entschieden, dass der Erbe einen vom Erblasser nicht ausgenutzten Verlustabzug gemäß § 10d EStG nicht bei seiner eigenen Veranlagung zur Einkommensteuer geltend machen könne. Für Erbfälle bis zum 12.03.2008 gelte aus Vertrauensschutzgründen die bisherige Rechtsprechung und Verwaltungspraxis weiter. Danach könne der Erbe die Verluste des Erblassers dann ausgleichen, wenn er durch sie wirtschaftlich belastet sei (BFH-Urteil vom 16.05.2001 I R 76/99). Dies bedeute, dass es allein darauf ankomme, ob der Erbe rechtlich für Schulden des Erblassers in Anspruch genommen werden könne. Der Erbe müsse aufgrund der Verluste des Erblassers wirtschaftlich in seiner Einkommens- und Vermögenssphäre belastet sein. Hafte der Erbe zwar kraft Gesetzes für Verbindlichkeiten, die mit den Verlusten des Erblassers in Zusammenhang stehen, sei aber auszus...