Entscheidungsstichwort (Thema)
Kindergeld
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist, ob dem Kläger für seinen Sohn S. rückwirkend Kindergeld zu zahlen ist.
Der Kläger beantragte am 06.02.1998 bei der Familienkasse des Arbeitsamts … die Festsetzung des Kindergelds für seinen Sohn S. (geb. am … 1978) für den Zeitraum Januar 1996 bis September 1996 (Vollendung des 18. Lebensjahres). Nach der Ausbildungsbescheinigung vom 23.08.1994 befand sich der Sohn ab 01.09.1994 bis 28.02.1998 in Berufsausbildung zum Industriemechaniker in … Die monatliche Ausbildungsvergütung lt. Ausbildungsbescheinigung betrug ab 01.09.1994: 970 DM, ab 01.09.1995: 1.057 DM und ab 01.09.1996: 1.175 DM. Bis September 1994 hatte die Ehefrau des Klägers das Kindergeld für den Sohn S. bezogen.
Die beklagte Behörde lehnte mit Bescheid vom 20.02.1998 den Antrag ab, da bei einer Antragstellung nach dem 31.12.1997 rückwirkend längstens ab Juli 1997 Kindergeld gezahlt werden könne (§ 52 Abs. 32b EStG). Für weiter zurückliegende Monate könne kein Kindergeld gezahlt werden.
Der Einspruch des Klägers blieb ohne Erfolg (Einspruchsentscheidung vom 20.03.1998),
Der Kläger hat Klage erhoben und durch seinen steuerlichen Vertreter folgendes ausgeführt:
1. Der Beklagte habe zu Unrecht die Nachzahlung des Kindergelds abgelehnt. Das Kindergeld sei bis zur Vollendung des 18. Lebensjahres einkommensunabhängig zu gewähren. Der Sohn S. habe am … 1996 das 18. Lebensjahr vollendet. Damit habe ein bedingungsloser Anspruch des Klägers auf Kindergeld bestanden. Die beklagte Behörde hätte den Kläger aufgrund ihrer rechtsstaatlichen Fürsorgepflicht hierüber informieren müssen (§ 89 AO 1977). Dies sei aber nicht geschehen. Die Beratungspflicht der Behörde umfasse auch die Pflicht, die Anspruchsberechtigten über die Rechtsänderungen zu informieren. Es werde insoweit auf die Entscheidung des Finanzgerichts Brandenburg vom 12.02.1998 (EFG 1998, 752) verwiesen. Ebenso könne die beklagte Behörde den Kläger nicht auf die Berichterstattung in den Medien verweisen. Die Medien seien nicht das geeignete Mittel, um sich über eine zukünftige Rechtslage Klarheit zu verschaffen.
Im übrigen sei das Kindergeld primär beantragt und nur durch die Überschreitung der alten Einkommensgrenzen unterbrochen worden. Für das Wiederaufleben des Kindergeldanspruchs ab 01.01.1996 hätte es die Fürsorgepflicht der Behörde geboten, die Berechtigten auf eine notwendige erneute Antragstellung hinzuweisen.
2. Darüber hinaus beständen gegen die Vorschrift des § 66 Abs. 3 EStG a. F. – und die neue Anwendungsregelung des § 52 Abs. 32b EStG – verfassungsrechtliche Bedenken, weil eine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ausgeschlossen sei. Da das Kindergeld nach dem Willen des Gesetzgebers (§ 31 EStG) der steuerlichen Freistellung des Existenzminimums der Familie diene, sei es verfassungswidrig, die Durchführung des Familienleistungsausgleichs von einer – noch dazu fristgebundenen – Antragstellung abhängig zu machen. Die Forderung des Bundesverfassungsgerichts, das Existenzminimum der Familie steuerfrei zu stellen, verbiete jegliche verfahrensrechtlichen Schranken, die den Steuerpflichtigen mit Kindern im Vergleich zu kinderlosen Steuerpflichtigen belasteten.
Im übrigen werde auf die Entscheidung des Finanzgerichts Düsseldorf vom 26.03.1998 10 K 8887/97 Kg (EFG 1998, 1017) Bezug genommen, in der u. a. festgestellt werde, daß § 66 Abs. 3 EStG a.F. verfassungswidrig sei. Diesen Ausführungen schließe sich der Kläger zur Klagebegründung an.
Der Kläger hat beantragt, den Ablehnungsbescheid vom 20.02.1998 in der Fassung der Einspruchsentscheidung vom 20.03.1998 aufzuheben, die beklagte Behörde zu verpflichten, dem Antrag des Klägers vom 05.02.1998 stattzugeben und das Kindergeld für den Sohn S. für die Zeit von Januar 1996 bis September 1996 in Höhe von 1.800 DM festzusetzen;
hilfsweise hat er beantragt, die Revision wegen grundsätzlicher Bedeutung zuzulassen.
Die beklagte Behörde hat beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie hat hierzu – unter Bezugnahme auf die Einspruchsentscheidung – im wesentlichen folgendes ausgeführt:
1. Im Streitfall habe der Kläger für den Sohn S. erstmals am 06.02.1998 die Festsetzung des Kindergelds nach dem EStG beantragt. Gemäß § 52 Abs. 32b EStG könne das Kindergeld auf einen nach dem 31.12.1997 gestellten Antrag rückwirkend längstens bis einschließlich Juli 1997 gezahlt werden. Ab Juli 1997 lägen jedoch die Voraussetzungen gemäß § 32 Abs. 4 EStG für einen Anspruch auf Kindergeld für S. nicht mehr vor.
2. Die beklagte Behörde habe sich keiner Verletzung einer Beratungspflicht – dem Kläger gegenüber – schuldig gemacht. Das Kindergeld werde seit Januar 1996 als Steuervergütung und nicht mehr als Sozialleistung gewährt. Für die Familienkasse des Arbeitsamts habe keine Pflicht be...