Entscheidungsstichwort (Thema)
Verwertbarkeit von im Rahmen der Bargeldkontrolle der Zollbehörde gewonnener personenbezogener Daten im Besteuerungsverfahren
Leitsatz (amtlich)
Von Zollbehörden im Rahmen ihrer Aufgaben zur Überwachung des grenzüberschreitenden Bargeldverkehrs rechtmäßig gewonnene Daten können gemäß § 12a Abs. 4 FVG bzw. § 12a Abs. 5 ZollVG an die Finanzbehörden übermittelt und von diesen bei der Ermittlung des Sachverhalts (§ 88 Abs. 1 AO) als Beweismittel gemäß § 92 AO verwendet und verwertet werden.
Normenkette
AO § 88 Abs. 1, §§ 92, 162; FVG § 12a Abs. 4; ZollVG § 12a Abs. 5
Tatbestand
Streitig ist, ob das Finanzamt berechtigt war, die Steuerfestsetzungen für die Streitjahre 1993 bis 2002 wegen der Hinterziehung von Umsatzsteuern zu ändern und die Steuern im Wege der Schätzung höher als erklärt festzusetzen.
Der Kläger betrieb in den Streitjahren eine Gastwirtschaft und eine Pension. Er erklärte für seine wirtschaftliche Tätigkeit Umsätze und Umsatzsteuern in folgender Höhe:
Erklärung vom |
steuerpfl. Umsätze |
Umsatzsteuer |
06.04.1995 für 1993 |
146.808 DM |
7.765 DM |
15.12.1995 für 1994 |
155.972 DM |
5.414 DM |
17.12.1996 für 1995 |
186.315 DM |
15.191 DM |
09.01.1998 für 1996 |
146.401 DM |
10.915 DM |
21.06.1999 für 1997 |
204.184 DM |
17.074 DM |
21.06.2000 für 1998 |
109.282 DM |
- 6.023 DM |
23.03.2001 für 1999 |
157.590 DM |
3.787 DM |
06.06.2002 für 2000 |
132.350 DM |
7.145 DM |
24.06.2003 für 2001 |
168.759 DM |
4.800 DM |
07.05.2004 für 2002 |
78.813 € |
7.694 € |
Das Finanzamt folgte den Angaben in den Steuererklärungen, so dass die Anmeldungen Steuerfestsetzungen unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleichstanden (§§ 164, 168 AO).
Am 22.02.2000 reiste der Kläger mit seiner Ehefrau in die Schweiz. Beim Grenzübertritt in A wurden sie von Beamten des Hauptzollamtes B nach Bargeld befragt und durchsucht. Dabei fanden die Beamten im Gewahrsam der Eheleute Terminplaner mit Aufzeichnungen über An- und Verkäufe von Aktien sowie Aufzeichnungen über Kontoeröffnungen in der Schweiz und die Kopie eines Anlageverzeichnisses der C mit einem Kontostand über 216.974 €. Diese Erkenntnisse teilte das Hauptzollamt gemäß § 12a Abs. 4 Finanzverwaltungsgesetz –FVG– (i.d.F. des StBereinG 1999 Art. 23, 28, BGBl. I 1999, 2601) der Steuerfahndungsstelle beim Finanzamt D mit. Wegen des Verdachts der Steuerhinterziehung durchsuchten die Beamten der Steuerfahndungsstelle am 01.03.2005 die Wohnung des Klägers und fanden dabei im Tresor ein Verzeichnis über Geldanlagen bei einer Schweizer Bank.
Im Rahmen der Ermittlungen der Steuerfahndung hinsichtlich der Besteuerungsgrundlagen für die streitbefangenen Zeiträume wurden auch die betrieblichen Aufzeichnungen des Klägers überprüft. Dabei stellte der Fahndungsbeamte fest, dass Grundaufzeichnungen zur Nachprüfung des Kassenbuchs nicht vorlagen, Getränkeeinkäufe nicht vollständig erfasst und Betriebseinnahmen aus Geburtstagsfeiern nicht vollständig aufgezeichnet waren. Zudem wurden Aufzeichnungen über unversteuerte Lohnzahlungen aufgefunden. Diese Feststellungen nahm der Fahndungsprüfer zum Anlass, die erklärten betrieblichen Daten kalkulatorisch zu überprüfen. Die Kalkulation ergab für den Zeitraum von 1993 bis 2002 um 194.601 DM höhere Bruttoeinnahmen als sie der Kläger erklärt hatte.
Zudem überprüfte der Fahndungsbeamte die Vermögensverhältnisse des Klägers mittels einer Geldverkehrsrechnung und stellte unter Berücksichtigung der Geldanlagen in der Schweiz Fehlbeträge für den Zeitraum von 1993 bis 1997 in Höhe von 82.707 DM und für den Zeitraum von 1998 bis 2002 in Höhe von 116.685 DM fest. Aufgrund dieser Erkenntnisse verwarf der Prüfer die erklärten wirtschaftlichen Ergebnisse und änderte die Besteuerungsgrundlagen um Zuschätzungen betrieblicher Einnahmen von rund 194.601 DM für die Streitjahre.
Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Fahndungsprüfers und änderte die Steuerfestsetzungen mit den Umsatzsteuerbescheiden vom 20.02.2007 bzw. vom 26.02.2007 entsprechend der Darstellungen in dem Prüfungsbericht wie folgt:
Bescheide vom 20. bzw. 26.02.2007 |
steuerpflichtige Umsätze |
festgesetzte Umsatzsteuer |
Umsatzsteuer-Nachforderung |
für 1993 |
173.762 DM |
11.808 DM |
2.067,00 € |
für 1994 |
171.306 DM |
7.714 DM |
1.175,92 € |
für 1995 |
207.562 DM |
18.378 DM |
1.629,33 € |
für 1996 |
148.742 DM |
11.267 DM |
179,57 € |
für 1997 |
215.109 DM |
18.713 DM |
837,75 € |
für 1998 |
137.554 DM |
- 1.572 DM |
2.276,22 € |
für 1999 |
179.672 DM |
7.320 DM |
1.806,24 € |
für 2000 |
149.586 DM |
9.902 DM |
1.409,58 € |
für 2001 |
175.413 DM |
5.864 DM |
543,87 € |
für 2002 |
87.728 € |
9.120,94 € |
1.426,40 € |
Als Änderungsvorschrift führten die Bescheide § 164 Abs. 2 AO an.
Der Kläger legte mit Schreiben vom 21.03.2007 Einsprüche gegen die Änderungsbescheide ein, über die das Finanzamt nicht entschieden hat.
Der Kläger erhob am 21.02.2008 Untätigkeitsklage und beantragt, die Änderungsbescheide vom 20. bzw. vom 26.02.2007 für Umsatzsteuer 1993 bis 2002 aufzuheben.
Zur Begründung macht er folgende Gesichtspunkte geltend:
Anlass für die Änderung der Besteuerungsgrundlagen habe ein gegen ihn geführtes Steuerstrafverfahren...