Revision eingelegt (BFH X R 33/23)
Entscheidungsstichwort (Thema)
Abspaltung zu Buchwerten: IT-Infrastruktur als eigenständiger Betriebsteil
Leitsatz (redaktionell)
1. Wirtschaftsgüter, die sowohl bei der übertragenden als auch der abgespaltenen Körperschaft eingesetzt werden, stehen einer Abspaltung zu Buchwerten entgegen.
2. Eine IT-Infrastruktur gehört grundsätzlich zu den funktional betriebsnotwendigen Einrichtungen. Wird die IT-Infrastruktur an einem Standort aber so konfiguriert, das sie - wie bei einem Rechenzentrum für verschiedene Unternehmen - jedem Betriebsteil über eigene Zugriffsrechte selbständig zur Verfügung steht, kann die IT-Infrastruktur als eigenständiger Betriebsteil angesehen werden.
Normenkette
UmwStG §§ 11, 15
Tatbestand
Streitig ist, ob zum 31.12.2014 ein Teilbetrieb i.S.d. § 15 Umwandlungssteuergesetz (UmwStG) abgespalten wurde und dies somit ohne Aufdeckung der stillen Reserven erfolgen konnte.
Die Klägerin - die A-GmbH mit dem Sitz in Stadt 1 - ist eine 100-prozentige Tochtergesellschaft der B-Holding GmbH mit dem Sitz in Stadt 2. Bis zur Abspaltung betrieb sie ihre Geschäfte (Warenlogistik) in Stadt 1 und in Stadt 3.
Für eine engere Kooperation mit einem Unternehmen in Stadt 3 wurde der Stadt 3er Unternehmensteil im Wege der Abspaltung zur Neugründung gemäß § 123 Abs. 2 Nr. 2 Umwandlungsgesetz (UmwG) auf die dadurch neu gegründete C-GmbH übertragen. Wegen der Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 05.08.2015 mit Anlagen Bezug genommen.
In den Steuererklärungen des Streitjahres 2014 hat die Klägerin die Abspaltung zu Buchwerten (xxx €) angesetzt. Die Veranlagung erfolgte unter dem Vorbehalt der Nachprüfung.
Im Rahmen einer Außenprüfung durch das Finanzamt Stadt 4 (zuständig für die Konzernspitze), die sich auf das Jahr 2014 erstreckte, stellten die Prüfer, unter Einbeziehung der Fachprüfer für Unternehmensumwandlungen, fest, dass nicht alle wesentlichen Betriebsgrundlagen übertragen worden seien und deshalb die Abspaltung nicht zu Buchwerten möglich sei. Sie erhöhten den Jahresüberschuss um xxx €. Wegen der Berechnung des gemeinen Wertes in Höhe von xxx € wird auf Tz 45 des Prüfungsberichtes und der Anlagen 1 und 2 hierzu verwiesen. Das beklagte Finanzamt folgte den Feststellungen und änderte am 09.10.2020 die Bescheide entsprechend. Das Einspruchsverfahren blieb ohne Erfolg.
Die Klägerin hat form- und fristgerecht Klage erhoben und vorgetragen, dass ein Teilbetrieb abgespalten worden sei. Im Spaltungsplan seien nicht nur die Stadt 3 zugeordneten Vermögensgegenstände einzeln aufgelistet worden, sondern mit einem Bestimmungsrecht nach § 315 Bürgerliches Gesetzbuch (BGB) alle in Stadt 3 benötigten Vermögensgegenstände mit umfasst worden.
Soweit die Betriebsprüfung den gemeinen Wert mit dem vereinfachten Ertragswertverfahren ermittelt habe, habe sie unberücksichtigt gelassen, dass nach ihrer Ansicht funktional wesentliche Betriebsgrundlagen nicht mit übertragen worden seien. Hierfür seien jedoch nennenswerte Abzüge vorzunehmen. Hinzu kämen Abhängigkeitsabschläge wegen Einbindung im Konzern, Risikofaktoren und Investitionen für die Erhaltung des Unternehmenswertes. Als Kapitalisierungsfaktor könnte nicht 14,1, sondern allenfalls 6-7 zugrunde gelegt werden. Wenn überhaupt könnte mit dem unzutreffenden rechtlichen Ansatz des Finanzamts von in den übergegangenen Wirtschaftsgütern einschließlich immaterieller Werte/Firmenwerte enthaltenen stillen Reserven von höchstens xxx € ausgegangen werden. Nach RB 199.1 Abs. 6 Satz 1 Nr. 1 Erbschaftsteuerrichtlinien (ErbStR) 2019 führe das vereinfachte Bewertungsverfahren bei komplexen Strukturen von verbundenen Unternehmen zu unzutreffenden Ergebnissen.
Das vom Finanzamt angeführte Rechenzentrum sei keine wesentliche Betriebsgrundlage. Die eingesetzte Software X sei ein weltweit von tausenden Dienstleistern eingesetztes Standardprodukt zur Warenlogistik. Es seien keinerlei spezielle kundenspezifische Anpassungen erforderlich; es könne nach der Installation unmittelbar betrieben werden. Insbesondere seien individuelle Programmierungen nicht erforderlich. Die Aufgaben von X seien vorher mit der Tabellenkalkulation Excel ausgeführt worden.
Zum Spaltungsstichtag 31.12.2014 habe jeder Standort - auch Stadt 3 - sein eigenes Netzwerk in den eigenen Büroräumen unterhalten. In Stadt 3 sei die X-Software auf dem System Y gelaufen. Erst im September 2015 sei in Stadt 1 ein Rechenzentrum zusammengefasst worden, auf das Stadt 3 dann Zugriff erhalten habe. Das Nutzungsrecht an der Software sei auf die C-GmbH kraft Gesetzes übergegangen. Nach § 131 Abs. 1 Nr. 1 UmwG gehe das Vermögen einschließlich der Verbindlichkeiten entsprechend dem Spaltungsplan auf den übernehmende Rechtsträger über. Konkret könne ein Schuldverhältnis in einzelnen Ansprüchen und Verbindlichkeiten aufgeteilt werden oder aber ein einheitliches Schuldverhältnis auf mehrere Rechtsträger übergehen.
Das negative Tatbestandsmerkmal eines fehlenden Spaltungshindernisses ergebe sich nicht aus dem Gese...