Entscheidungsstichwort (Thema)

Testamentsvollstreckervergütung als Einkünfte aus § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG - - Voraussetzungen für die Änderung eines Einkommensteuerbescheids nach § 174 AO

 

Leitsatz (redaktionell)

Nach § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG führen Vergütungen für die Vollstreckung von Testamenten im Regelfall zu Einkünften aus sonstiger selbstständiger Arbeit und gehören somit zu den Einkünften aus selbständige Arbeit nach § 18 Abs. 1 EStG. Wird eine an sich unter § 18 Abs. 1 Nr. 3 EStG fallende Tätigkeit im Rahmen eines freien Berufs im Sinn der Nr. 1 der Vorschrift ausgeübt, so ist sie der Hauptberufstätigkeit zuzurechnen.

§ 174 Abs. 4 S. 1 AO erlaubt für den Fall, dass aufgrund irriger Beurteilung eines bestimmten Sachverhaltes ein Steuerbescheid ergangen ist, der aufgrund eines Rechtsbehelfs oder sonst auf Antrag des Steuerpflichtigen durch die Finanzbehörde zu seinen Gunsten aufgehoben oder geändert wird, aus dem Sachverhalt nachträglich durch Erlass oder Änderung eines Steuerbescheides die richtigen steuerlichen Folgen gezogen werden.

 

Normenkette

EStG § 18 Abs. 1 Nrn. 1, 3; AO § 174 Abs. 4

 

Nachgehend

BFH (Beschluss vom 21.08.2008; Aktenzeichen VIII B 197/07)

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht den Einkommensteuerbescheid für 1994 gemäß § 174 Abs. 4 AO geändert hat.

Der Kläger war im Streitjahr wie auch in den Vorjahren als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer selbständig tätig. Seinen Gewinn ermittelte er durch Betriebsvermögensvergleich nach § 4 Abs. 1 EStG. Die Einkommensteuererklärung für das Streitjahr 1994 reichte der Kläger beim Finanzamt am 10.06.1996 ein. Das Finanzamt erließ am 07.08.1996 einen Einkommensteuerbescheid unter Vorbehalt der Nachprüfung gem. § 164 Abs. 1 AO. Die Einkommensteuer wurde entsprechend den erklärten Einkünften auf 137.269 DM festgesetzt. Die Einkünfte aus selbständiger Tätigkeit beliefen sich auf 378.407 DM. Mit Bescheid vom 10.11.2000 wurde der Vorbehalt der Nachprüfung aufgehoben.

Bei einer steuerlichen Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1997 (vgl. Bericht vom 06.07.2000) stellte das Finanzamt fest, dass der Kläger von einer Mandantin seiner Steuerkanzlei als Privatperson zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden war. Am 18.08.1992 war er vom AG X - Nachlassgericht - zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 09.07.1992 verstorbenen A ernannt worden. Die Vergütung war nicht ausdrücklich geregelt. Die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker nahm der Kläger in den Jahren 1992 und 1993 durch die Inbesitznahme des aus Bankguthaben, Wertpapieren und Immobilien bestehenden Nachlasses und durch die Auseinandersetzung und Verteilung des Nachlasses an die Vermächtnisnehmer und an die Erbin wahr. Seine Vergütung für diese Tätigkeit stellte er der Erbengemeinschaft unter Hinweis auf § 2221 BGB mit einem Honorarbetrag von 51.200 DM brutto am 24.08.1994 in Rechnung. Im Kalenderjahr 1994 wurde das für die Testamentsvollstreckung eingerichtete Treuhandkonto durch Einlage in das betriebliche Bankkonto aufgelöst. Das Honorar wurde dem Kläger mit Wertstellung 04.01.1995 auf sein betriebliches Konto überwiesen. Der Kläger behandelte die Zahlung als privaten Vorgang und den überwiesenen Betrag als Einlage. Zu keinem Zeitpunkt erfasste er das Entgelt als steuerpflichtige Einnahmen.

Den Feststellung der Außenprüfung folgend sah das Finanzamt den Zahlungsbetrag als Gewinn aus selbständiger Arbeit an. Es änderte die Einkommensteuerfestsetzung 1995 mit Bescheid vom 31.07.2000 nach § 164 Abs. 2 AO und erhöhte u.a. die Einkünfte aus § 18 Abs. 1 EStG um 44.374 DM, den Nettobetrag der vereinnahmten Testamentsvollstrecker-Vergütung.

Im Einspruchsverfahren hiergegen gab das Finanzamt dem Vorbringen des Klägers statt. Die Einnahmen aus der Testamentsvollstreckung wurden nicht mehr im Jahre 1995 angesetzt. Das Finanzamt änderte daher in der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2003 die Einkommensteuerfestsetzung für 1995 insoweit zu Gunsten des Klägers, indem es die Gewinneinkünfte aus § 18 EStG wieder um das Entgelt für die Testamentsvollstreckung minderte.

Mit Bescheid vom 13.03.2003 änderte das Finanzamt die Einkommensteuerfestsetzung für 1994 nach § 174 Abs. 4 AO und erfasste das Honorar aus der Testamentsvollstreckung nun in diesem Jahr. Dabei erhöhte es die Einkünfte aus selbständiger Arbeit um 44.374 DM auf 422.781 DM und setzte eine Einkommensteuerschuld von 160.795 DM und Zinsen hierzu i.H.v. 5.412 DM fest. Der Einspruch wurde mit Entscheidung vom 14.03.2005 als unbegründet zurückgewiesen.

Der Kläger hat am 14.04.2005 Klage erhoben.

Nachdem der Kläger zunächst von nicht einkommensteuerpflichtigen privaten Einkünften ausgegangen war, betrachte er zwischenzeitlich selbst die Einkünfte aus Testamentsvollstrecker-Tätigkeit als Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit nach § 18 Abs. 1 Nr. 1 EStG.

Weiterhin bestreite er nicht mehr die grundsätzliche Richtigkeit der Erfassung der Einkünfte im Jahre 1994 nach materiellem Steuerrecht.

Die Voraussetzungen für eine Änderung des Ein...

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