Entscheidungsstichwort (Thema)

Einmalige Testamentsvollstreckung als umsatzsteuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit / Änderungsmöglichkeit bei Irrtum über den maßgeblichen Besteuerungszeitraum eines in einer steuerlichen Außenprüfung festgestellten Sachverhalts

 

Leitsatz (amtlich)

  1. Auch eine nur einmalige Testamentsvollstreckung, die eine Vielzahl von Tätigkeiten mit sich bringt, ist eine umsatzsteuerpflichtige unternehmerische Tätigkeit.
  2. Um einen möglichen Missbrauch der absichtlichen Herbeiführung einer Änderungsmöglichkeit zu verhindern und um Rechtssicherheit zu gewährleisten, bestimmen §§ 174 Abs. 4 Sätze 3 und 4 AO, dass der Ablauf der Festsetzungsfrist unbeachtlich ist, wenn die steuerlichen Folgerungen innerhalb eines Jahres nach Aufhebung oder Änderung des fehlerhaften Steuerbescheides gezogen werden.
 

Normenkette

AO § 174 Abs. 4, 3; UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob das Finanzamt zu Recht den Umsatzsteuerbescheid für 1994 gemäß § 174 Abs. 4 AO ändern konnte.

Der Kläger war im Streitjahr wie auch in den Vorjahren als Steuerberater und Wirtschaftsprüfer unternehmerisch tätig. Seine Umsätze versteuerte er nach vereinbarten Entgelten gemäß § 16 Abs. 1 UStG. Die Umsatzsteuererklärung für das Streitjahr 1994 reichte er bei dem Finanzamt am 10.06.1996 ein. Darin gab er Umsätze zu 15 % von ....... DM und Umsätze aus früheren Jahren zu 14 % von ....... DM an. Die von ihm berechnete Umsatzsteuerschuld von ....... DM stand einer Steuerfestsetzung unter dem Vorbehalt der Nachprüfung gleich (§ 168 Satz 1 AO).

Bei einer steuerlichen Außenprüfung für die Veranlagungszeiträume 1995 bis 1997 (vgl. Bericht vom 06.07.2000) wurde festgestellt, dass der Kläger von einer Mandantin seiner Steuerkanzlei als Privatperson zum Testamentsvollstrecker bestimmt worden war. Am 18.08.1992 war er vom Amtsgericht XXXX - Nachlassgericht - zum Testamentsvollstrecker über den Nachlass der am 09.07.1992 verstorbenen A. B. ernannt worden. Die Tätigkeit als Testamentsvollstrecker nahm der Kläger in den Jahren 1992 und 1993 durch die Inbesitznahme des aus Bankguthaben, Wertpapieren und Immobilien bestehenden Nachlasses und durch die Auseinandersetzung und Verteilung des Nachlasses an die Vermächtnisnehmer und an die Erben wahr. Seine Vergütung für diese Tätigkeit stellte er der Erbengemeinschaft unter Hinweis auf § 2221 BGB mit einem Honorarbetrag von ......... DM ohne Mehrwertsteuerausweis am 24.08.1994 in Rechnung. Das Honorar wurde ihm im Jahre 1995 auf sein betriebliches Konto überwiesen. Er behandelte die Zahlung als privaten Vorgang und den überwiesenen Betrag als Einlage. Zu keinem Zeitpunkt erfasste er das Entgelt als steuerpflichtigen Umsatz.

Den Feststellungen der Außenprüfung folgend sah das Finanzamt den Zahlungsbetrag als Bruttoentgelt für eine steuerpflichtige Leistung im Jahre 1995 an und änderte daher die Umsatzsteuerfestsetzung für 1995 mit Bescheid vom 31.07.2000 nach § 164 Abs. 2 AO, in dem es die steuerpflichtigen Umsätze zu 15 % um .......... DM, also dem gemäß § 10 Abs. 1 Satz 2 UStG berechneten Entgelt, erhöhte. Im Einspruchsverfahren hiergegen gab das Finanzamt dem Vorbringen des Klägers statt, eine Umsatzsteuerschuld sei wegen der Versteuerung nach vereinbarten Entgelten jedenfalls nicht im Jahre 1995 entstanden. Es änderte daher in der Einspruchsentscheidung vom 20.02.2003 die Umsatzsteuerfestsetzung für 1995 zu Gunsten des Klägers, indem es die steuerpflichtigen Umsätze zu 15 % wieder um das Entgelt für die Testamentsvollstreckung minderte.

Mit Bescheid vom 24.03.2003 änderte das Finanzamt die Umsatzsteuerfestsetzung für 1994 nach § 174 AO und erfasste das Honorar aus der Testamentsvollstreckung wegen der Rechnungsstellung nun in diesem Jahr; dabei erhöhte es den Umsatz zu 15 % um ....... DM und setzte eine Umsatzsteuerschuld von ....... DM und Zinsen hierzu in Höhe von ........ DM fest. Der Einspruch blieb ohne Erfolg.

Der Kläger hat Klage erhoben und beantragt im Schriftsatz vom 14.04.2005, den Umsatzsteuerbescheid für 1994 vom 24.03.2003 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 14.03.2005 und dementsprechend die Festsetzung der Nachzahlungszinsen aufzuheben.

Zur Begründung trägt er im Wesentlichen Folgendes vor:

Durch die Nachlasstätigkeit habe er keine umsatzsteuerpflichtige Leistung erbracht. Es habe sich dabei nur um einen privaten und kurzfristigen Vorgang gehandelt, der darin bestanden habe, den Nachlass in Besitz zu nehmen und an die Erben zu verteilen. Bereits aus berufsrechtlichen Gründen sei es ihm als Steuerberater untersagt, die Tätigkeit eines Testamentsvollstreckers anzubieten.

Sollte jedoch von einer Umsatzsteuerpflicht der Testamentsvollstreckervergütung auszugehen sein, so sei die Verpflichtung zur Umsatzsteuerzahlung nicht im Streitjahr, sondern in dem Jahr entstanden, in dem die Vergütung mit den Erben abgesprochen worden sei, spätestens jedoch mit der Leistungserbringung, also in der Zeit vor 1994. Denn in diesem Jahr habe er lediglich die Rechnung erstellt, jedoch kein...

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