Entscheidungsstichwort (Thema)
Produktschulungen und Verkaufstrainings für Fachhandelskunden keine freiberufliche, sondern gewerbliche Tätigkeit - Newsletter im Zusammenhang mit Produktschulungen keine schriftstellerische Tätigkeit
Leitsatz (redaktionell)
1. Bei Produktschulungen und Verkaufstrainings, die Kenntnisse oder Erkenntnisse nicht aufgrund eines für ein bestimmtes Fachgebiet allgemeingültigen, im Einzelfall abwandlungsfähigen Lernprogramms vermitteln, sondern auf die Erarbeitung und Entwicklung eines auf die speziellen Bedürfnisse einer Person abgestellten Programms abzielen, die den Geschäftsinteressen des Auftraggebers dienen, handelt es sich nicht um eine Lehrtätigkeit, sondern um eine einzelfallbezogene beratende Tätigkeit, die als gewerbliche Tätigkeit zu qualifizieren ist.
2. Die Erstellung eines Newsletters der in unmittelbaren Zusammenhang mit Produktschulungen, den Geschäftsinteressen des Auftraggebers dient, stellt keine schriftstellerische, sondern eine gewerbliche Tätigkeit dar.
Normenkette
EStG § 18 Abs. 1 Nr. 1 S. 2; GewStG § 2 Abs. 1 S. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Qualifizierung der Einkünfte des Klägers aus seiner Tätigkeit für B in den Jahren 2009 bis 2014 als Einkünfte aus Gewerbebetrieb.
Der Kläger ist seit Juli 2007 selbständig in der eigenen Firma A für die B GmbH (im Folgenden: GmbH) als einzige Kundin tätig. Den Gewinn ermittelte er durch Einnahme-Überschuss-Rechnung (§ 4 Abs. 3 EStG).
Er reichte Gewerbesteuererklärungen für die Jahre 2009 bis 2014 ein (Eingang beim Finanzamt am 15.11.2010, 08.03.2012, 21.03.2013, 28.02.2014, 05.03.2015 und 21.12.2015). Diesen folgend wurden Gewerbesteuermessbescheide erlassen, die jeweils unter dem Vorbehalt der Nachprüfung standen:
VZ |
Bescheid vom |
Gewerbesteuermessbetrag in € |
2009 |
28.01.2010 |
1.155 |
2010 |
25.04.2012 |
1.193 |
2011 |
06.06.2013 |
1.176 |
2012 |
02.07.2014 |
2.163 |
2013 |
28.07.2015 |
514 |
2014 |
18.02.2016 |
735 |
Gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2011 vom 06.06.2013 legte der Kläger mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 02.07.2013 Einspruch ein (= Eingang beim Finanzamt). Es würden keine gewerblichen Einkünfte des Klägers, sondern Einkünfte aus freiberuflicher Tätigkeit aus dem Einzelunternehmen A vorliegen.
Zur Begründung wurde (mit Schreiben des Prozessbevollmächtigten vom 29.10.2013) der Lebenslauf des Klägers vorgelegt, aus dem sich u.a. ergibt, dass der Kläger seit 1969 (mit Unterbrechung durch den Wehrdienst) bei B angestellt war, u.a. als Schulungsleiter im Kundendienstzentrum der B AG und zuletzt von April 2004 bis Juni 2007 als Produkt Direktor und Abteilungsleiter Produkt Marketing Vision bei der GmbH. Er ist Meister im Radio-Fernsehtechniker Handwerk und hat sich u.a. von 1988 bis 2000 extern im Bereich Management weitergebildet.
Außerdem wurde ein Schreiben der GmbH vom Januar 2012 eingereicht. Darin wird zur "Tätigkeitsbeschreibung des freiberuflichen Mitarbeiters Herrn A" ausgeführt, dass dieser schwerpunktmäßig Produktschulungen für Fachhandelskunden der GmbH durchführe. Die Lehrtätigkeit erfolge in organisierter und institutionalisierter Form durch Schulungen, die im Vorfeld von B selbst oder von Großhändlern geplant seien. Die Schulungsunterlagen seien für alle Teilnehmer gleich und würden begleitend zum Frontalunterricht in Papierform ausgegeben. Der Schulungsleiter rechne nach fest vereinbarten Stundensätzen ab. Der Kläger vermittle sowohl produktspezifische als auch technische Kenntnisse. Die Schulungsteilnehmer erhielten Zertifikate, welche die Fachhändler als autorisierte Servicepartner auswiesen. Technische Schulungen (Servicelehrgänge, Dauer von 9-16 Uhr) seien für die Teilnehmer kostenpflichtig, reine Produkt Marketing Trainings (Dauer ca. 2 Stunden) kostenfrei. Das vermittelte Produktwissen werde durch monatliche Newsletter ergänzt, deren Inhalt der Kläger in Absprache mit dem Auftraggeber festlege und diesen nach redaktionellen Gesichtspunkten gestalte.
Am 14.07.2014 legte der Prozessbevollmächtigte Einspruch gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2012 vom 02.07.2014 ein, am 03.08.2015 gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2013 vom 28.07.2015 und am 01.03.2016 gegen den Gewerbesteuermessbescheid 2014 vom 18.02.2016. Zur Begründung verwies er jeweils auf die Vorjahre.
Von 10.11.2014 bis 18.02.2016 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt, die sich auf die Einkommensteuer, Umsatzsteuer und Gewerbesteuer für die Jahre 2009 bis 2011 bezog (vgl. Prüfungsanordnung vom 15.10.2014). Mit Schreiben vom 04.07.2016 teilte das beklagte Finanzamt dem Kläger mit, dass die Betriebsprüfung abgeschlossen sei und zu keiner Änderung der Besteuerungsgrundlagen geführt habe.
Des Weiteren wies die Rechtsbehelfsstelle des beklagten Finanzamts mit Schreiben vom 17.06.2016 den Kläger darauf hin, dass nach ihrer Auffassung Einkünfte i.S.d. § 15 EStG aus der Schulungs-Tätigkeit für die GmbH vorlägen. Sie forderte den Kläger außer...