Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen für umfangreiche Renovierung und Modernisierung eines älteren Zweifamilienhauses als anschaffungsnaher Aufwand
Leitsatz (redaktionell)
Aufwendungen für die umfangreiche Renovierung und Modernisierung eines älteren Zweifamilienhauses stellen auch dann sofort nach § 10e Abs. 6 EStG abziehbare Kosten dar, wenn die Aufwendungen zwar innerhalb von drei Jahren nach der Anschaffung des Gebäudes anfallen und zwanzig Prozent der Gebäudeanschaffungskosten überschreiten, aber jede einzelne Baumaßnahme für sich betrachtet typischen Erhaltungsaufwand darstellt und dadurch keine wesentliche Verbesserung des erworbenen Gebäudes erreicht wird.
Normenkette
EStG § 9 Abs. 1 S. 1, § 10e Abs. 6; HGB § 255 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist die Beurteilung von Reparaturaufwendungen an einem Gebäude innerhalb von drei Jahren seit der Anschaffung (sog. anschaffungsnaher Aufwand).
Die verheirateten Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Zum 1. 9. 1991 erwarben die Kläger ein Zweifamilienhaus inA. ,G.-Str. 2 zum Kaufpreis von 590.000 DM, wovon lt. Kaufvertrag auf Grund und Boden 160.000 DM entfielen. Die Anschaffungsnebenkosten betrugen 14.218 DM.
In den Jahren 1991 bis 1994 wendeten die Kläger - lt. ESt-Erklärung - folgende Beträge auf:
1991 |
DM |
Erneuerung der Heizungsanlage - Umstellung von Öl auf Gas |
26.659 |
sonstige kleinere Baumaterialrechnungen |
7.168 |
|
33.827 |
1992 |
|
Austausch von Fenstern |
16.413 |
Sanitärobjekte |
1.382 |
Fliesen |
1.111 |
Teppichboden |
2.485 |
Badumbau |
13.912 |
Maler |
8.239 |
zahlreiche Kleinrechnungen |
14.426 |
|
57.968 |
1993 |
|
kleinere Reparaturen |
2.048 |
Außenputz |
29.406 |
|
31.454 |
In ihrer Einkommensteuererklärung für 1991 machten die Kläger einen Verlust aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. 7.381 DM hinsichtlich der Dachwohnung (23 qm) geltend, die ab 1. Juli 1992 an die Tochter der Kläger zu einer monatlichen Miete von 180 DM vermietet wurde. Von den gesamten Aufwendungen für das Grundstück rechneten die Kläger entsprechend den Nutzflächen zunächst 10,6% der Dachwohnung zu.
Als Aufwendungen vor Bezug der Wohnung gem. § 10e Abs. 6 EStG beantragten sie, Geldbeschaffungskosten (Schuldzinsen, Disagio, etc.) i. H. v. 33.356 DM und Instandhaltungsaufwendungen i. H. v. 7.169 DM zuzüglich 244 DM (Grundstück, Brandversicherung und Kaminkehrer, gesamt 40.769 DM) wie Sonderausgaben zu berücksichtigen.
10 v. H. der Aufwendungen für die neue Heizungsanlage i. H. v. 2.666 DM wurden nach § 82a Einkommensteuer-Durchführungsverordnung - EStDV - geltend gemacht.
Mit Bescheid vom 14. 9. 1995 setzte das Finanzamt die Einkommensteuer auf 33.084 DM fest. Dabei berücksichtigte es Einkünfte aus Vermietung und Verpachtung i. H. v. ./. 3.821 DM und Aufwendungen für die eigengenutzte Wohnung nach § 10e Abs. 6 EStG i. H. v. 36.266 DM (33.356 + 2.666 + 244 DM).
Die restlichen Reparaturaufwendungen behandelte es als anschaffungsnahe Aufwendungen wie Herstellungskosten (Abschnitt 157 Abs. 5 Einkommensteuer-Richtlinien - EStR -).
Hiergegen legten die Kläger Einspruch ein. Während des Einspruchsverfahrens setzte das Finanzamt mit Bescheid vom 2. 5. 1997 die Einkommensteuer auf 32.650 DM herab, da es die Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit (Kosten für das Arbeitszimmer) um 365 DM und die Werbungskosten bei Vermietung und Verpachtung wegen der Neuberechnung des Flächenanteils der Dachwohnung auf 13 v. H. um 863 DM auf 4.684 DM erhöhte. Darin enthalten waren auch 13% der bereits als Vorkosten erfaßten Finanzierungskosten i. H. v. 4.332 DM.
Mit Einspruchsentscheidung vom 18. 7. 1997 wies das Finanzamt die aufrechterhaltenen Einsprüche zurück.
Hiergegen haben die Kläger Klage erhoben und im wesentlichen vorgetragen:
Zu Unrecht gehe das Finanzamt davon aus, daß die durchgeführten Renovierungsarbeiten die „20%-Grenze“ überstiegen hätten und, daß bei einem Überschreiten dieser Grenzestets Herstellungskosten anzunehmen seien.
Nach der neuen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs komme es für die Beurteilung der Frage, ob anschaffungsnaher Aufwand vorliege, nicht mehr auf die Höhe der Aufwendungen an, sondern darauf, ob durch die Instandsetzungs- und Modernisierungsaufwendungen das Wesen des Gebäudes verändert, der Nutzungswert erheblich erhöht oder dessen Nutzungsdauer wesentlich verlängert werde. Im Streitfall seien typische Reparaturarbeiten durchgeführt worden, wobei die Erneuerung der Heizungsanlage vom Gesetzgeber gesondert nach § 82a EStDV gefördert werde und unabhängig von den übrigen Reparaturen zu beurteilen sei.
Von den gesamten Anschaffungskosten entfielen 246.602 DM auf den Grund und Boden und 357.616 DM auf das Gebäude.
Die Kläger haben beantragt, den Einkommensteuerbescheid 1991 vom 2. 5. 1997 in Gestalt der Einspruchsentscheidung vom 18. 7. 1997 dahingehend zu ändern, daß weitere Erhaltungsaufwendungen von 7.169 DM unter Verrechnung doppelt erfaßter Schuldzinsen i. H. v. 13% aus 33.356 DM steuermindernd berücksichtigt werden.
Das Finanzam...