Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewerbesteuermeßbescheid 1992
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Beschluß
Der Streitwert wird auf 6.895 DM festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob Überstundenvergütungen an einen Alleingesellschafter-Geschäftsführer einer GmbH verdeckte Gewinnausschüttungen – vGA – darstellen.
Die Klägerin ist eine GmbH. Sie betreibt einen … sowie die Vermittlung von … Ihr Alleingesellschafter-Geschäftsführer ist Herr … (B). Nach dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag vom 30.10.1990 mit Nachtrag von 29.12.1991 hat er Anspruch auf folgende Bezüge:
- Monatliches Gehalt von brutto 6.000 DM
- 30 v.H. Gewinntantieme, berechnet aus dem steuerpflichtigen Gewinn vor Abzug der Tantieme, abzüglich der nichtabzugsfähigen Betriebsausgaben ohne Körperschaftsteuer, zuzüglich der steuerfreien Einnahmen;
- zusätzlich Vergütung für betrieblich notwendige Mehrarbeit mit dem durchschnittlichen Stundenlohn i. S. von § 3 b Abs. 1 Satz 2 EStG;
- zusätzlich Vergütung für tatsächlich geleistete Sonntags-, Feiertags- und Nachtarbeit i. S. von § 3 b Abs. 2 EStG; die Voraussetzungen für die Zahlung der Mehrarbeit und der Zuschläge hat der Geschäftsführer durch Aufzeichnungen nachzuweisen.
Nach § 6 des Anstellungsvertrages hat der Geschäftsführer eine regelmäßige Arbeitszeit von Montag bis Freitag 7.30–12.00 Uhr und 13.00 bis 18.00 Uhr sowie Samstag von 7.30–12.00 Uhr (52 Stunden wöchentlich).
Im Streitjahr 1992 erhielt der Geschäftsführer folgende Vergütungen:
Grundgehalt 12 × 6.000 DM |
72.000,00 DM |
|
Überstundenvergütungen nach Einzelaufzeichnung |
33.221,88 DM |
|
Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit |
6.090,80 DM |
|
Gewinntantieme |
10.032,00 DM |
|
Pkw-Nutzung |
4.560,00 DM |
|
Gesamt |
125.904,68 DM |
|
Das beklagte Finanzamt betrachtete die Überstundenvergütungen und Zuschläge für Sonntags- und Nachtarbeit in Gesamthöhe von 39.312,68 DM als unüblich und rechnete sie mit Bescheid über den einheitlichen Gewerbesteuermeßbetrag 1992 vom 28.09.1994 als vGA dem erklärten Einkommen hinzu.
Mit ihrem hiergegen gerichteten Einspruch beantragte die Klägerin, vom Ansatz dieser vGA abzusehen.
Der Einspruch hatte keinen Erfolg. Das beklagte Finanzamt führte zur Begründung seiner Einspruchsentscheidung im wesentlichen aus: Überstundenvergütungen an einen GmbH-Geschäftsführer seien allgemein unüblich und führten zu vGA. Der GmbH-Geschäftsführer habe einen Sonderstatus inne. Er habe eine umfassende Pflicht, die geschäftlichen Interessen der Gesellschaft zu fördern. Er habe stets seine volle Arbeitsleistung zu erbringen. Ein Vergleich mit einem „normalen” Arbeitnehmer sei nicht möglich. Die Ableistung von Überstunden sei dem Geschäftsführer-Anstellungsvertrag immanent. Die Vereinbarung von Überstundenvergütungen widerspreche dem, da sie den Geschäftsführer auf die Stufe des „einfachen Arbeitnehmers” stellten.
Problematisch sei überdies die Kontrolle der geleisteten Überstunden, da die anderen Arbeitnehmer stets vom Geschäftsführer abhängig und beeinflußbar seien. Für die Gesellschaft sei es nicht relevant, ob der Geschäftsführer für die Erreichung des Zieles der Gesellschaft viel oder wenig persönliche Arbeitszeit einsetze. Er werde daher üblicherweise mit einem Festgehalt sowie Tantieme entlohnt. Die Überstundenvergütung sei ein eher untaugliches Mittel, den Geschäftsführer zur Gewinnmaximierung anzuhalten.
Mit ihrer Klage trägt die Klägerin dagegen vor: Der Erfolg des in einem kleinen Ort befindlichen Unternehmens beruhe neben einem guten Preis-Leistungs-Verhältnis auf der ungewöhnlichen Flexibilität der Öffnungszeiten der Werkstatt. Der Geschäftsführer sei für seine Kunden so gut wie täglich bis mindestens 21.00 Uhr und am Samstag bis 18.00 Uhr erreichbar gewesen. Auch bei einem Gesellschafter-Geschäftsführer könnten vernünftige Gründe für eine Überstundenregelung im Anstellungsvertrag vorliegen. Während bei größeren Unternehmen weniger die geleistete Arbeitszeit, sondern mehr die glückliche Hand des Geschäftsführers den Erfolg des Unternehmens bestimme, sei bei relativ kleinen Betrieben häufig neben der fachlichen Kompetenz auch die umfassenden Präsenz des Geschäftsführers für seine Kunden ausschlaggebender Faktor für den Erfolg. Da die dann oft ungewöhnlich langen Arbeitszeiten bei kleineren Betrieben im Grundgehalt nicht abgegolten werden könnten und auch eine Tantiemeregelung keinen ausreichenden Ersatz für die Arbeitszeiten von 60 bis 70 Stunden wöchentlich bieten könne, erscheine in diesem Falle eine Überstundenregelung erforderlich. Das gelte insbesondere für kleinere Betriebe, bei denen das Grundgehalt an einem Meistergehalt mit Zuschlag für die Geschäftsführung zu bemessen sei. Ein hohes Grundgehalt unabhängig von der geleisteten Arbeitszeit könne gerade diesen Anreiz nicht bieten. Nachdem die vom Hessischen Finanzgericht geforderten Voraussetzungen, nämlich
- zeitnahe Aufzeichnung der Überstunden,
- feste Arbeitszeiten und
- monatliche Abrechnung
erfüll...