Entscheidungsstichwort (Thema)
Versteuerung eines negativen Aktiengewinns einer Kapitalgesellschaft im Falle eines Veräußerungsgewinns im VZ 2003
Leitsatz (amtlich)
Ein negativer Aktiengewinn erfüllt auch im Falle eines Gewinns aus der Rückgabe von Investmentanteilen die Tatbestandsvoraussetzung "Gewinnminderung" des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG.
Im VZ 2003 liegt keine verfassungsrechtlich unzulässige Rückwirkung von § 40a Abs. 1 Satz 2 i.V.m. § 43 Abs. 18 KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes vor.
Normenkette
KStG § 8b Abs. 2-3; KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes § 40a Abs. 1 S. 2; KAGG i.d.F. des Korb II-Gesetzes § 43 Abs. 18
Tatbestand
Streitig ist die Anwendung des § 8b KStG auf einen negativen Aktiengewinn aus der Veräußerung von Investmentanteilen.
Bei der Klägerin handelt es sich um ein genossenschaftliches Kreditinstitut.
Die Klägerin hielt 2.265 Anteile an dem Investmentsondervermögen „FONDS A“ (ISIN:) in ihrem Betriebsvermögen. Die Klägerin hatte die Fondsanteile im Rahmen der Fusion mit der ehemaligen Raiffeisenbank 1 in 1978 übernommen. Diese hatte die Anteilscheine 1969 erworben. Die Anschaffungskosten betrugen 15,789 € je Anteil, insgesamt 35.762,09 €. Die Anteile wurden am 26.11.2003 zu einem Preis von 24,60 € pro Anteil, insgesamt also 55.719 € an die Fondsgesellschaft zurückgegeben. Dabei wurde ein Veräußerungsgewinn von 19.957 € erklärt und versteuert.
In der Zeit vom 04.05.2006 bis 24.05.2006 fand für die Jahre 2002 bis 2004 bei der Klägerin eine Betriebsprüfung statt, die u.a. zu folgender Feststellung führte (vgl. Bp-Bericht vom 05.07.2006, Tz. 1.17):
Bei dem Wertpapiersondervermögen „FONDS A“ handelt es sich um einen jährlich Mitte November ausschüttenden Aktienfonds, der im Jahr 1956 in Deutschland aufgelegt wurde. Das Fondsvermögen wird überwiegend am Deutschen Aktienmarkt angelegt und vorwiegend in Stammwerten investiert.
Für den Tag der Veräußerung wurde durch die Fondsgesellschaft ein negativer Fonds-Aktiengewinn von 12,07 % je Anteil bekannt gegeben.
Daraus errechnet sich ein negativer Aktiengewinn der Klägerin i.H.v. 6.725 € (-12,07 % von 55.719 €). Dieser negative Aktiengewinn sei dem körperschaftsteuerpflichtigen Einkommen gem. § 8b Abs. 3 KStG i.V.m. § 40a Abs. 1 Satz 2 des Gesetzes über Kapitalanlagegesellschaften (KAGG) hinzuzurechnen. Nach § 43 Abs. 18 KAGG sei diese Regelung für alle Veranlagungszeiträume anzuwenden, die noch nicht bestandskräftig sind. Das Finanzamt folgte den Feststellungen des Betriebsprüfers und zog in dem Körperschaftsteuerbescheid 2003 vom 10.08.2006 Gewinne/Gewinnminderungen gem. § 8b Abs. 2 und 3 KStG i.H.v. 11.487 € von dem Jahresüberschuss ab. Der Betrag von 11.487 € ist der Saldo aus einem im Streitjahr erzielten positiven Aktiengewinn und den genannten - 6.725 €. Die Körperschaftsteuer setzte es nach § 164 Abs. 2 AO auf 393.287 € fest, woraus sich nach Abzug von Kapitalertragsteuer und Zinsabschlag eine verbleibende Steuer von 384.153 € errechnete. Der Vorbehalt der Nachprüfung wurde aufgehoben.
Der hiergegen gerichtete Einspruch der Klägerin wurde mit Einspruchsentscheidung vom 11.04.2007 als unbegründet zurückgewiesen.
Die Klägerin hat am 07.05.2007 Klage erhoben und trägt nun vor:
Das Finanzamt habe zu Unrecht den steuerpflichtigen Veräußerungsgewinn aus der Rückgabe der Anteilscheine an dem Wertpapier-Sondervermögen um den negativen Aktiengewinn erhöht. § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG i.V.m. § 8b Abs. 3 KStG seien auf den Streitfall nicht anwendbar, da es an einer Gewinnminderung im Sinne dieser Vorschriften fehle; die Klägerin habe aus der Veräußerung der Anteilscheine einen Gewinn erzielt, zu einer Gewinnminderung sei es nicht gekommen. Unter „Gewinnminderung“ sei eine Buchung zu verstehen, die das Ergebnis des Betriebsvermögensvergleichs – den Gewinn – vermindert habe. Anwendungsfälle dieser Vorschrift seien daher Teilwertabschreibungen im Rahmen der Bewertung zum Bilanzstichtag (sog. Bewertungsfall) sowie Verluste aus Veräußerung der Fondsanteile (sog. Veräußerungsfall).
Die historische Auslegung der Norm des § 40a Abs. 1 Satz 2 KAGG bestätige das oben auf Basis der rein grammatikalischen Auslegung gefundene Ergebnis. Die Gesetzesbegründung zu Art. 6 des Gesetzes zur Umsetzung der Protokollerklärung der Bundesregierung zur Vermittlungsempfehlung zum Steuervergünstigungsabbaugesetz – sog. „Korb II-Gesetz“ -(BT-Drs. 15/1518, 17) spräche von einer Regelung für den Fall von Verlusten aus der Veräußerung von Anteilscheinen. Die Formulierungen des Gesetzesentwurfes seien wortgleich in das Gesetz vom 22.12.2003 übernommen worden.
Ein davon abweichender objektivierter Wille des Gesetzgebers lasse sich auch nicht im Wege der systematischen Auslegung aus der Umsetzung des Halbeinkünfteverfahrens durch den Gesetzgeber ableiten. Vielmehr bestätige ein Vergleich mit dem identischen Wortlaut in der Tatbestandsvoraussetzung des § 8b Abs. 3 KStG dieses Ergebnis. Die Formulierung des § 8b Abs. 3 KStG sei mit der Einschränkung in § 40a ...