Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Aufwendungen einer Lehrerin außerhalb der Ferienzeit für eine Bildungsreise nach Frankreich als Werbungskosten

 

Leitsatz (redaktionell)

Spielen bei der Gesamtabwägung aller Gesichtspunkte einer Auslandsgruppenreise, die der allgemeinen Lebensführung zuzurechnenden Teile nicht nur eine untergeordnete Rolle, dann kann nicht als sachentscheidend gewertet werden, dass dem Reiseteilnehmer für den Besuch der Fortbildungsreise Dienstbefreiung gewährt worden ist und der Reiseveranstalter eine vom bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus ins Leben gerufene Einrichtung ist.

 

Normenkette

EStG § 9 Abs. 1, § 12 Nr. 1

 

Tatbestand

Streitig ist, ob die Klägerin als Gymnasiallehrerin und Fachbetreuerin für Französisch Aufwendungen für eine Auslandsgruppenreise in die Region Limousin (Frankreich) sowie Aufwendungen für den Besuch der Frankfurter Buchmesse als Werbungskosten bei ihren Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit geltend machen kann.

Die Kläger sind verheiratet und werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie sind beide als Lehrer tätig. In ihrer Einkommensteuererklärung 1998 machte die Klägerin Werbungskosten aus nichtselbständiger Arbeit in Höhe von zusammen 6.322 DM geltend.

Mit Bescheid vom 07.07.1999 wurde die Einkommensteuer 1998 auf 24.219 DM festgesetzt. Der Bescheid war nach § 165 Abs. 1 Satz 2 AO teilweise vorläufig. Dabei berücksichtigte das Finanzamt bei der Klägerin lediglich Werbungskosten in Höhe von 4.244 DM. Aufwendungen in Höhe von 1.830,65 DM, die die Klägerin für einen Fortbildungslehrgang ins Limousin (Frankreich) vom 27.09. - 03.10.1998 mit dem Titel: „Oradour und die deutsche Vergangenheit - landeskundliche Exkursion ins Limousin“ geltend machte, sowie Aufwendungen in Höhe von 197 DM für die Fahrt zur Frankfurter Buchmesse, am Samstag den 10.10.1998, ließ das Finanzamt nicht als Werbungskosten zum Abzug zu.

Der Einspruch, mit dem die Klägerin die Anerkennung der Aufwendungen für den Auslandslehrgang und die Kosten für den Besuch der Frankfurter Buchmesse als Werbungskosten verfolgte, hatte keinen Erfolg.

Das Finanzamt, das in der Einspruchsentscheidung vom 10.07.2001 das Seminarprogramm samt Reiseverlauf wörtlich wiedergab, versagte den Werbungskostenabzug mit der Begründung, es handle sich nach dem Gesamtcharakter um eine Reise, die in nicht untergeordnetem Umfang der allgemeinen Bildung diene. Nur ein Teil der Veranstaltungen könne als berufsbezogene Fachveranstaltungen eingestuft werden. Die anderen Veranstaltungen hätten keinen unmittelbar berufsbezogenen Inhalt, sondern seien allgemein interessierende Veranstaltungen. Zudem seien auch die Abendveranstaltungen nicht berufsspezifisch gewesen. So sei an einem Abend ein Theaterfestival und an drei Abenden ein französisches Kino besucht worden. Darüber hinaus sei auch der Teilnehmerkreis nicht homogen gewesen, weil an der Reise außer Lehrkräften auch zehn externe Personen teilgenommen hätten. Weder die Bescheinigung des Schulleiters, noch der Umstand, dass die Fortbildungsreise von der Akademie für Lehrerfortbildung und Personalführung in Dillingen a. d. Donau organisiert worden sei, hätten für die steuerliche Beurteilung bindende Wirkung.

Auch die Aufwendungen für den Besuch der Frankfurter Buchmesse am Samstag, den 10.10.1998 könnten nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus nichtselbständiger Arbeit anerkannt werden, weil es sich hierbei ebenfalls um gemischte Aufwendungen handle. Die Frankfurter Buchmesse spreche in großem Umfang auch private Besucher an. Der Besuch der Buchmesse befriedige das allgemeine Informationsinteresse und allgemeine berufliche Fortbildungsinteresse an Literatur und sei somit auch der privaten Sphäre zuzuordnen. Beim Besuch der Buchmesse, der zweifellos auch beruflich veranlasst gewesen sei, könne aber das Interesse der Klägerin an allgemeiner Information und Fortbildung nicht als von untergeordneter Bedeutung eingestuft werden.

Während des Einspruchsverfahrens erließ das Finanzamt am 13.12.2000 einen geänderten Einkommensteuerbescheid für 1998, in dem es die Einkommensteuer wiederum mit 24.219 DM festsetzte. In diesem Bescheid wurden die Vorläufigkeitstatbestände aktualisiert. Der geänderte Bescheid wurde gem. § 365 Abs. 3 Satz 1 AO Gegenstand des Einspruchsverfahrens.

Mit ihrer Klage beantragen die Kläger, den Einkommensteuerbescheid 1998 vom 13.12.2000 und die Einspruchsentscheidung vom 10.07.2001 dahingehend zu ändern, dass die Einkommensteuer 1998 um 615 DM niedriger auf 23.604 DM festgesetzt wird.

Zur Begründung tragen sie folgendes vor:

Bei der Lehrerfortbildung in Oradour/Frankreich handle es sich um eine vom bayerischen Kultusministerium anerkante Fortbildung. Veranstalter sei die staatliche Akademie für Lehrerfortbildung in Dillingen gewesen, über die das bayerische Kultusministerium zentral Lehrgänge zur Weiterbildung der bayerischen Lehrer organisiere. Durch diese Organisationsform könne davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Vortr...

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