Entscheidungsstichwort (Thema)

Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen zur Finanzierung einer aufgeschobenen Rentenversicherung gegen Einmalbetrag

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Schließt ein Stpfl. eine Rentenversicherung gegen Einmalzahlung ab, steht ein vertraglich vereinbartes Rückkaufsrecht der Annahme, der Stpfl. habe den endgültigen Entschluß gefaßt, steuerpflichtige Renteneinkünfte zu erzielen grundsätzlich nicht entgegen.

2. Die Kosten der Finanzierung des Einmalbetrages sind als Werbungskosten abzugsfähig, wenn der Stpfl. aufgrund seiner Lebenserwartung damit rechnen kann, daß die steuerpflichtigen Ertragsanteile in den zu erwartenden Rentenzahlungen höher sind als die Finanzierungskosten.

 

Normenkette

EStG § 22 Nr. 1 S. 3 Buchst. a, § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1; VVG § 165 Abs. 1, § 178 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist die Abzugsfähigkeit von Schuldzinsen zur Finanzierung einer aufgeschobenen Rentenversicherung gegen Einmalbeitrag.

1. Der am 3. 12. 1934 geborene Kläger erzielt u. a. als Apotheker Einkünfte aus Gewerbebetrieb. Er schloß im Juli 1984 mit der ... Lebensversicherung einen Vertrag über eine lebenslängliche Leibrentenversicherung gegen Einmalbeitrag. Danach sollte er nach Erreichen seines 65. Lebensjahres eine tarifliche Jahresrente von 8.950 DM erhalten. Ferner sollte aus seinen Überschußbeteiligungen eine Zusatzrente finanziert werden. Die Rentenzahlungen sollten vierteljährlich - erstmals am 1. 6. 2000 - erfolgen. Ein Rückkauf der Versicherung war grundsätzlich möglich. Die dann zu gewährende Rückvergütung betrug vor dem Beginn des Rentenbezugs 95 % der gezahlten Beträge, nach Beginn der Rentenzahlung 95 % der gezahlten Beiträge abzüglich der bereits fällig gewordenen Renten (vgl. Nr. 2 der Zusatzbedingungen). Demgegenüber war das Recht, anstelle der Rentenzahlungen eine einmalige Kapitalabfindung zu fordern, ausdrücklich unwiderruflich ausgeschlossen worden.

Zur Finanzierung des zu leistenden Einmalbeitrags von 73.900 DM nahm der Kläger bei der Versicherungsgesellschaft ein verzinsliches Darlehen von 66.550 DM auf, das Ende 1999 zurückgezahlt werden sollte. Zur Sicherstellung der Rückzahlung schloß er eine Kapitallebensversicherung ab, die an die Lebensversicherungsgesellschaft verpfändet wurde.

2. In den angefochtenen Einkommensteuerbescheiden 1986 bis 1989 und 1991 in Gestalt der Änderungsbescheide vom 17. 11. 1995, mit denen die Kläger zusammen zur Einkommensteuer veranlagt wurden, wurden die vom Kläger im Zusammenhang mit der Finanzierung des Einmalbeitrags geltend gemachten Schuldzinsen (1986 und 1987 jeweils 5.158 DM, 1988 und 1989 jeweils 4.858,20 DM und 1991 5.656,80 DM) nicht als Werbungskosten bei den Einkünften aus wiederkehrenden Bezügen i. S. des § 22 Nr. 1 EStG anerkannt. Zur Begründung wurde im wesentlichen ausgeführt, daß wegen der Kündigungsmöglichkeiten nach dem Versicherungsvertragsgesetz (VVG) keine ausreichende Gewähr dafür bestehe, daß die kreditfinanzierte Einmalzahlung zu Renteneinkünften i. S. des § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG führen würde.

3. Dagegen legten die Kläger Einspruch ein, den sie im wesentlichen wie folgt begründeten:

Wie sich aus dem Urteil des BFH vom 21. 7. 1981 VIII R 32/80 (BStBl II 1982, 42) ergebe, seien Schuldzinsen als Werbungskosten bei den Einkünften aus sonstigen Bezügen i. S. von § 22 Nr. 1 Satz 3 Buchst. a EStG zu berücksichtigen, wenn eine private Versicherungsrente mit Kredit finanziert werde. Dies gelte zumindest in Fällen wie dem Streitfall, in dem das Kapitalwahlrecht ausdrücklich ausgeschlossen worden sei. Daß auch ein Kündigungsrecht ausgeschlossen worden sei, sei nach der Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs nicht erforderlich und auch nicht sinnvoll. Abgesehen davon, daß ein derartiges Recht im Hinblick auf § 178 Abs. 1 Satz 1 i. V. mit § 165 Abs. 1 VVG wirksam gar nicht ausgeschlossen werden könne, komme es bei der Prognose, ob mit der Erzielung steuerpflichtiger Einnahmen zu rechnen sei, grundsätzlich auf den wahrscheinlichen Verlauf und nicht auf den Ausnahmefall an. Der Kläger habe indessen die Absicht, bei Fälligkeit der Versicherung Renteneinkünfte zu erzielen. Für einen Rückkauf bestehe keinerlei Anlaß. Damit habe er die geltend gemachten Schuldzinsen zur Erzielung von Renteneinkünften aufgewandt, und zwar ohne Rücksicht darauf, ob der Versicherungsfall tatsächlich auch eintrete.

Zur Frage, ob die zu erwartenden steuerpflichtigen Einnahmen höher seien als die Ausgaben, verwiesen die Kläger auf eine Stellungnahme der Lebensversicherungsgesellschaft vom 7. 12. 1990. Danach beliefen sich die für das zur Finanzierung des Einmalbeitrags aufgenommene Darlehen zu zahlenden Schuldzinsen bis Ende 1999, d. h. bis zur Tilgung des Darlehens, auf insgesamt 83.016,20 DM. Die steuerpflichtigen Ertragsanteile der ab 1. 6. 2000 zu erwartenden Rentenzahlungen betrugen demgegenüber insgesamt 94.298 DM. Bei dieser Berechnung ging die Versicherung von insgesamt 15 Rentenbezugsjahren aus. Grundlage dieser Schätzung war die abgekürzte Sterbetafel 1986/88 des Stati...

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