Entscheidungsstichwort (Thema)
Ermäßigter Steuersatz gem. § 34 EStG für Abfindungszahlung
Leitsatz (redaktionell)
Ausnahmsweise liegt dann, wenn eine Teilleistung nur in einer im Verhältnis zur Hauptentschädigung sehr geringen Höhe (hier: ca. 1,3 % der Hauptleistung) bezahlt wird und die ganz überwiegende Hauptentschädigungsleistung in einem anderen Veranlagungszeitraum geleistet wird, eine Zusammenballung im Sinne des § 34 EStG im Veranlagungszeitraum der Hauptleistung vor.
Normenkette
EStG §§ 34, 34 Abs. 1, 2 Nr. 2, § 24 Nr. 1
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob eine Abfindung mit dem ermäßigten Steuersatz nach § 34 EStG zu besteuern ist.
Die Kläger werden zusammen zur Einkommensteuer veranlagt. Sie erzielen Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit. Der Kläger schloss am 08.09.2006 mit seinem bisherigen Arbeitgeber, dem A, 1 einen Aufhebungsvertrag, der eine Beendigung des Arbeitsverhältnisses zum 30.09.2006 vorsah. Nach Ziffer 1 b dieses Vertrages erhält der Kläger eine einmalige Abfindungszahlung in Höhe von 77.257 €.
An den Kläger wurde die Abfindungszahlung in zwei Teilbeträgen ausbezahlt, nämlich im September 2006 in Höhe von 1.000 € und im Januar 2007 in Höhe des Restbetrages von 76.257 €.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 02.04.2008 wich das Finanzamt von der von den Klägern eingereichten Einkommensteuererklärung insoweit ab, als es die im Januar überwiesene Abfindungszahlung in Höhe von 76.257 € dem vollen Steuersatz unterwarf. In den Erläuterungen zur Festsetzung wurde ausgeführt, dass die Voraussetzungen des § 34 EStG nicht erfüllt seien.
Das Einspruchsverfahren verlief ohne Erfolg.
Mit der Klage begehren die Kläger sinngemäß, den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 02.04.2008 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 05.08.2008 dahin zu ändern, dass wegen der Abfindungszahlung in Höhe von 76.257 € eine Steuerbegünstigung nach § 34 Abs. 1 EStG gewährt wird. Für den Fall des Unterliegens wird die Zulassung der Revision beantragt.
Zur Begründung wird vorgetragen, dass die Vorabzahlung von 1.000 € im September 2006 auf Initiative und Druck des Arbeitgebers geleistet worden sei. Da der Kläger als Arbeitnehmer diese Modalitäten nicht zu vertreten habe, sei ihm die Tarifermäßigung nach § 34 EStG zu gewähren. Die ermäßigte Besteuerung nach § 34 EStG bezwecke den Ausgleich von Härten, die sich aus der progressiven Besteuerung der Entschädigung ergeben. Die Nachteile aus der Zusammenballung der Entschädigungszahlung in einer Summe sollten damit gemindert werden. Hätte im Streitfall der Arbeitgeber die zugesagte Entschädigung tatsächlich wie vertraglich vereinbart auf einmal gezahlt, so wäre dem Kläger der in Frage stehende steuerliche Nachteil nicht entstanden. Jedoch dürfe das Erfordernis, dass eine steuerlich begünstigte Entschädigungszahlung vollständig in einem Betrag zu leisten sei, nicht schematisch angewendet werden. So habe der BFH klargestellt, dass die neben einer Abfindung gewährten sozialen Zusatzleistungen für eine Anwendung des § 34 Abs. 1 EStG unschädlich seien. Eine einheitliche Entschädigung sei daher nur einmal ermäßigt zu besteuern. Der BFH stelle für die Beurteilung dieser Fragen auf den Grundsatz der Angemessenheit ab. So könne es auch im Streitfall nicht sein, dass ein untergeordneter Teil der Entschädigung, der vorab gezahlt werde, dazu führe, dass der Kläger die sich aus dem progressiv gestalteten Steuertarif resultierenden Härten zu tragen habe. Die Vorabzahlung, die im Streitfall nur 1,3% der Gesamtabfindung ausmache, sei vielmehr unschädlich im Vergleich mit der Entschädigungsleistung vom Januar 2007. Wenn das Finanzamt nunmehr für den gesamten Betrag der Entschädigungsleistung den Steuervorteil versage, so fehle jegliches Augenmaß und es werde der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit nicht beachtet.
Überdies sei zu beachten, dass der Gesetzeswortlaut des § 34 Abs. 1 EStG nicht voraussetze, dass die Entschädigungsleistung „zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zufließt“. Damit sei § 34 EStG einer Auslegung durch das Gericht zugänglich.
Das Finanzamt beantragt Klageabweisung.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass die Gewährung der begünstigten Besteuerung nach § 34 EStG voraussetze, dass die Abfindungszahlung zusammengeballt in einem Veranlagungszeitraum zugeflossen sei. Die Vergünstigung könne nicht gewährt werden, wenn die Abfindungszahlung in unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ausbezahlt werde. Im Streitfall sei die Abfindungsentschädigung in zwei Teilbeträgen und in zwei unterschiedlichen Veranlagungszeiträumen ausbezahlt worden. Nach der BFH-Rechtsprechung seien lediglich ergänzende, in späteren Veranlagungszeiträumen zufließende Zusatzleistungen, die Teil der einheitlichen Entschädigung sind, und in späteren Veranlagungszeiträumen aus Gründen der sozialen Fürsorge für eine gewisse Übergangszeit gewährte Zahlungen ausnahmsweise für die Beurteilung der Hauptleistung als einer zusammengeball...