Entscheidungsstichwort (Thema)
Gewährung von Kindergeld für Kind eines geduldeten Ausländers
Leitsatz (amtlich)
Die Nichtgewährung von Kindergeld für geduldete Ausländer ist auch dann, wenn sie sich über einen längeren Zeitraum in der Bundesrepublik aufhalten und erwerbstätig sind, vereinbar mit Art. 3 Abs. 1 GG.
Die Erwägung des Gesetzgebers, das Kindergeld nur Ausländern zu gewähren, die aufgrund eines Aufenthaltstitels einen rechtmäßigen dauerhaften Aufenthalt in der Bundesrepublik begründet haben und bei denen im Unterschied zu lediglich geduldeten Ausländern auch eine langfristige Integration ihrer Familien in der Bundesrepublik beabsichtigt ist, ist sachlich gerechtfertigt.
Normenkette
AuslG § 55, 56; AufenthG §§ 25, 26; EStG § 62 Abs. 2
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob der Klägerin für ihren Sohn , (geboren 08.12.1983) in der Zeit von Januar 1996 bis August 2001 Kindergeld zustand.
Die Klägerin reiste mit ihrem Ehemann und dem Sohn am 14.05.1990 aus Rumänien in die Bundesrepublik Deutschland ein und stellte Antrag auf Anerkennung als Asylberechtigte. Dieser Antrag wurde durch das Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge mit Bescheid vom 28.09.1990 abgelehnt. Die Klage gegen den Ablehnungsbescheid wies das Bayerische Verwaltungsgericht 2 mit Urteil vom 25.08.1992 zurück, den Antrag auf Zulassung der Berufung wies der Bayerische Verwaltungsgerichtshof mit Beschluss vom 17.12.1992 zurück. Die Klägerin wurde mit Bescheid des Landratsamts 1 vom 14.02.1991 zum Verlassen der Bundesrepublik Deutschland aufgefordert. Die Klägerin hat laut einer Mitteilung des rumänischen Justizministeriums vom 08.11.1991 die rumänische Staatsangehörigkeit verloren.
Mit Bescheid des Landratsamts 1 vom 28.06.1990 wurde der Klägerin der Aufenthalt zur Durchführung des Asylverfahrens gestattet. Der Bescheid stand unter der Auflage „selbständige Erwerbstätigkeit oder vergleichbare unselbständige Tätigkeit ist nicht gestattet“. Die Aufenthaltsgestattung wurde mehrmals, zuletzt bis 30.04.1992 verlängert. In der Folgezeit stellte das Landratsamt 1 der Klägerin am 09.03.1992 einen Bescheid über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) und Ausweisersatz aus, dessen Gültigkeit mehrmals verlängert wurde, unter anderem bis zum 20.12.1996.
Eine Klage auf Erteilung einer Aufenthaltsbefugnis nach § 30 AuslG wies das Bayerische Verwaltungsgericht 3 mit Urteil vom 07.02.1996 ab, die Berufung dagegen verwarf der Bayerische Verwaltungsgerichtshof -VGH - mit Urteil vom 21.11.1996. Auf die Revision der Klägerin hat das Bundesverwaltungsgericht mit Urteil vom 25.09.1997 das Urteil des VGH vom 21.11.1996 aufgehoben und die Sache zur anderweitigen Verhandlung und Entscheidung an den Verwaltungsgerichtshof zurückverwiesen. Mit Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 31.07.1998 wurde die Berufung der Klägerin wiederum zurückgewiesen. Das Bundesverwaltungsgericht verwarf mit Beschluss vom 16.12.1998 die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Revision im Urteil des Bayerischen Verwaltungsgerichtshof vom 31.07.1998.
Einen Antrag nach § 80 Abs. 5 VwGO auf Wiederherstellung der aufschiebenden Wirkung des Widerspruchs der Klägerin gegen den Ablehnungsbescheid des Landratsamts 1 vom 10.07.2001 sowie gegen die Abschiebungsandrohung hat das Bayerische Verwaltungsgericht 3 mit Beschluss vom 26.09.2001 abgelehnt. Der Antrag auf Zulassung der Beschwerde gegen diesen Beschluss wurde mit Beschluss des Bayerischen Verwaltungsgerichtshofs vom 14.12.2001 abgelehnt.
Das Landratsamt 1 hat die Gültigkeit des Bescheids über die Aussetzung der Abschiebung (Duldung) und Ausweisersatz mehrmals verlängert, zuletzt bis zum 30.12.2004. Am 22.02.2005 erteilte das Landratsamt 1 der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 7 i.V.m. § 25 Abs. 5 Satz 2 AufenthG. Diese Aufenthaltserlaubnis berechtigte zur Ausübung einer Erwerbstätigkeit und war zunächst bis zum 21.08.2005 befristet. Daneben wurde ein Staatenlosenausweis am 22.02.2005 erteilt. Am 04.08.2005 stellte das Landratsamt 1 eine unbefristete Niederlassungserlaubnis nach § 9 i.V.m. § 26 Abs. 4 AufenthG an die Klägerin aus.
Den Antrag der Klägerin vom 05.06.2001 auf Gewährung von Kindergeld für den Sohn lehnte die Familienkasse mit Bescheid vom 07.06.2001 ab.
Das Einspruchsverfahren gegen den Ablehnungsbescheid verlief erfolglos.
Mit der Klage wird für die Klägerin beantragt, unter Aufhebung des Ablehnungsbescheids der Familienkasse vom 07.06.2001 und der dazu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 21.08.2001 die Familienkasse zu verpflichten, der Klägerin Kindergeld für den Sohn für die Zeit ab 01.01.1996 zu gewähren.
Zur Begründung wird im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin Kindergeld nach §§ 62 Abs. 2 Satz 1 EStG, Art. 2 Abs. 1, 3 Abs. 1, 4 Abs. 1 EG-Verordnung 1408/71 zustehe. Die Einbeziehung von Staatenlosen und deren Gleichbehandlung mit Inländern sei nicht davon abhängig, dass der Staatenlose der Anwendung des Gemeinschaft...