Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftungsbescheid über Umsatzsteuer 1993 und 1994
Nachgehend
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kosten des Verfahrens hat die Klägerin zu tragen.
Beschluß
Der Streitwert wird auf 143.837 DM festgesetzt.
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin die Nullregelung des § 52 Abs. 2 UStDV anzuwenden berechtigt ist.
Die Klägerin betreibt ein Bauunternehmen (Hoch-, Brücken- und Tunnelbau). Bei ihr fand im Jahr 1995 eine Umsatzsteuerprüfung für die Jahre 1993 und 1994 statt (vgl. Prüfungsbericht vom 12.07.1995). Der Prüfer stellte dabei fest, daß die Klägerin im Inland erbrachte Werkleistungen durch im Ausland ansässige Bauunternehmen als innergemeinschaftliche Erwerbe in Höhe von 227.146 DM (34.071,90 DM Umsatzsteuer) im Jahr 1993 und 428.965 DM (64.344,78 DM Umsatzsteuer) im Jahr 1994 behandelt hatten. Der Prüfer hielt die Voraussetzungen für einen innergemeinschaftlichen Erwerb nicht für erfüllt, weil keine Warenbewegung zwischen zwei Mitgliedstaaten stattgefunden habe (§ 1 a Abs. 1 Nr. 1 UStG).
Im Verlauf der Umsatzsteuerprüfung gab die Klägerin berichtigte Voranmeldungen ab und erklärte darin die oben genannten Leistungen als steuerpflichtige Umsätze gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 1 UStDV, die unter die Nullregelung nach § 52 Abs. 2 UStDV fielen. Der Prüfer erkannte diese Sachbehandlung mit der Begründung nicht an, die Klägerin könne den Vorsteuerabzug nicht in Anspruch nehmen, weil die Voraussetzungen des § 15 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 14 UStG nicht erfüllt seien. Nach Abschn. 192 Abs. 10 UStR müsse der leistende Unternehmer in der Rechnung grundsätzlich mit seinem wirklichen Namen bzw. der wirklichen Firma angegeben sein. Bei den vorgelegten Rechnungen seien die in den Abrechnungspapieren genannten Leistenden nicht mit den tatsächlich Leistenden identisch. Der gute Glaube des Leistungsempfängers an die Befugnisse des Lieferers werde nicht geschützt. Für das Vorliegen der den Rechtsanspruch auf Vorsteuer begründenden Tatsachen trage der Unternehmer, der sich auf ihr Vorliegen berufe, die objektive Beweislast. Die Klägerin hafte daher gemäß § 55 UStDV für die nach § 54 UStDV anzumeldende und abzuführende Steuer. Hinsichtlich der rechnerischen Auswirkung wird auf den Prüfungsbericht verwiesen.
Das Finanzamt erließ am 22.08.1995 gemäß § 55 UStDV Haftungsbescheide gegen die Klägerin wegen Umsatzsteuer in Höhe von 37.784,10 DM bezüglich der H. Ltd., 54.605,55 DM bezüglich der M. Ltd. GB. 15.869,70 DM bezüglich D. Ltd. ebenfalls GB. 4.626,90 DM bezüglich L. Ltd. GB. 23.022,60 DM bezüglich T. Ltd. GB. und 7.927,95 DM bezüglich A. Ltd.
Die Klägerin legte hiergegen Einspruch ein mit der Begründung, der Prüfer habe in seinem Bericht keinen Hinweis gegeben, daß die in den vorgelegten Rechnungen aufgeführten Leistenden nicht mit den tatsächlich Leistenden identisch seien. Seine Feststellungen würden lediglich bezüglich der Rechnungen der T. Ltd. über 129.195 DM und der H. Ltd. über 52.100 DM sowie einer hieraus resultierenden Umsatzsteuer von 23.647,17 DM anerkannt.
Das Finanzamt wies den Einspruch mit Einspruchsentscheidung vom 21.09.1995 zurück. Zur Begründung führte es aus:
Von der Klägerin werde nicht bestritten, daß sie steuerpflichtige Werkleistungen von nicht im Erhebungsgebiet ansässigen Unternehmern habe ausführen lassen. Die sog. Nullregelung könne nur in dem Falle angewandt werden, wenn der Leistungsempfänger die ausgewiesene Steuer in voller Höhe als Vorsteuer abziehen könne. Dies sei im Streitfall nicht möglich, da die Person des leistenden Unternehmers nicht geklärt sei. Es sei festgestellt worden, daß die auf den Rechnungen genannten Firmen, die die Werkleistungen erbracht haben sollen, nicht existierten, andererseits die wirklichen Firmen oder Personen, welche die Werkleistungen erbracht hätten, nicht leicht und eindeutig identifiziert werden könnten. Von der Klägerin seien sie nicht benannt worden. Es müsse vermutet werden, daß die Leistungen tatsächlich von englischen Bauarbeitern erbracht worden seien, die nicht Arbeitnehmer der Ltd's gewesen seien, sondern nach dem englischen System der „self employed person” als weitere selbständige Subunternehmer eingesetzt worden seien. Inwieweit die britischen Arbeiter überhaupt selbständig tätig geworden seien, könne hier dahingestellt bleiben. Es fehle daher die Gewißheit, daß die Leistungen von Unternehmern bezogen worden seien. Außerdem stehe fest, daß die in den Rechnungen genannten Firmen nicht die Leistenden gewesen seien, da sie kein eigenes Personal beschäftigt hätten.
Die Klägerin sei auch nicht gutgläubig gewesen, da sie als eingesessene Firma mit den Praktiken auf dem Bausektor bestens vertraut gewesen sei. Die Nichtansässigkeit der Firmen im Erhebungsgebiet sei der Klägerin zudem bekannt gewesen. In einigen Rechnungen dieser Firmen sei ausdrücklich auf die Verpflichtung zur Einbehaltung und Abführung hingewiesen worden. Im übrigen sei auch ein Irrtum unbeachtlich, da § 55 UStDV verschulden...