Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufwendungen eines Schwerbehinderten (Merkzeichen: „aG“) für die Ausstattung eines PKW mit einem Automatikgetriebe als außergewöhnliche Belastung
Leitsatz (amtlich)
Die Ausstattung eines PKW mit einem Automatikgetriebe ist kein derart außergewöhnlicher Umstand, der eine Überschreitung der Pauschsätze für Fahrtaufwendungen als außergewöhnliche Belastung rechtfertigen kann, denn es handelt sich dabei nicht um eine besondere Fahrzeugausstattung für Behinderte.
Normenkette
EStG §§ 33, 33b Abs. 3
Tatbestand
Streitig ist, ob Aufwendungen für die Ausstattung eines Pkw mit einem Automatikgetriebe als außergewöhnliche Belastung zu berücksichtigen sind.
Die Kläger sind Ehegatten, die zusammen zur Einkommensteuer veranlagt werden. Der Kläger erzielt Einkünfte aus nichtselbständiger Arbeit als Personenkraftfahrer. Die Klägerin bezieht eine Rente wegen Erwerbsunfähigkeit. Die Klägerin ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung von 80 v.H., zudem ist in ihrem am 20.06.1983 ausgestellten Schwerbehindertenausweis das Merkzeichen ,,aG“ für eine außergewöhnliche Gehbehinderung eingetragen.
Mit der Einkommensteuererklärung für das Streitjahr machten die Kläger andere außergewöhnliche Belastungen i.H.v. 6.481 € geltend. Diese schlüsselten sie in folgende Positionen auf:
Privatfahrten Körperbehinderte (15.452 km laut Fahrtenbuch),
15.000 km x 0,30 € = 4.500 €;
- Praxis-, Arznei- und Rezeptgebühren 701 €
- Kosten für den behinderungsbedingten Umbau des Neufahrzeugs XXX laut Bescheinigung des Autohauses A vom 29.01.2008 i.H.v. 1.280 €. Aus dieser Bescheinigung ergibt sich, dass das Fahrzeug der Kläger mit einer serienmäßigen 4-Gang-Automatik ausgestattet ist. Die Preisdifferenz zu einem typgleichen Fahrzeug mit 5-Gang-Schaltgetriebe wurde danach anhand der Listenpreise (Stand März/April 2007) ermittelt.
Mit Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 22.02.2008 gewährte das Finanzamt den Klägern neben dem Behindertenpauschbetrag i.H.v. 1.060 € eine außergewöhnliche Belastung i.H.v. 5.201 €, woraus sich unter Abzug der zumutbaren Belastung i.H.v. 2.297 € ein Überbelastungsbetrag von 2.904 € ergab. Kosten für die Ausstattung des Pkw mit einem Automatikgetriebe wurden dabei nicht berücksichtigt.
Den Einspruch der Kläger wies das Finanzamt mit Einspruchsentscheidung vom 07.04.2009 als unbegründet zurück.
Mit der für die Kläger erhobenen Klage begehrt der Prozessbevollmächtigte, den Einkommensteuerbescheid für 2007 vom 22.02.2008 in Gestalt des Änderungsbescheids vom 06.02.2009 unter Aufhebung der Einspruchsentscheidung vom 07.04.2009 dahin zu ändern, dass eine weitere außergewöhnliche Belastung i.H.v. 1.280 € berücksichtigt wird. Hilfsweise beantragt er, den Kilometerpauschbetrag für die Berechnung der Fahrtkosten von 30 auf 32 Cent zu erhöhen und somit für Privatfahrten wegen Körperbehinderung einen Betrag von 4.800 € zu berücksichtigen. Abermals hilfsweise beantragt er, den strittigen Betrag von 1.280 € im Wege der Abschreibung zu berücksichtigen, indem die Fahrtkosten um weitere 256 € erhöht werden.
Zur Begründung wird im Wesentlichen Folgendes ausgeführt:
Da sich die Klägerin außerhalb des Hauses nur mithilfe eines Pkw fortbewegen könne, seien sämtliche Kfz-Kosten als außergewöhnliche Belastung anzuerkennen. Die Ausstattung des Pkw mit einem Automatikgetriebe stelle keinen besonderen Komfort dar, sondern sei ausschließlich durch die bestehende Behinderung veranlasst. Die Mehrkosten sollten daher wie ein behindertengerechter Umbau berücksichtigt werden. Hierzu verweisen die Kläger auf die Broschüre „Steuertipps für Menschen mit Behinderungen“ des Bayerischen Staatsministeriums der Finanzen. Darin sei auf Seite 23 Rn. 217 unter dem Punkt Fahrzeugkosten ausgeführt, dass die Kosten für den behinderungsbedingten Umbau eines Fahrzeugs neben den Fahrtkosten abziehbar seien.
Zudem lägen in dem Angewiesensein auf ein Automatikgetriebe außergewöhnliche Umstände vor, die eine Erhöhung des Kilometerpauschbetrages von 0,30 auf 0,32 € rechtfertigen würden.
Die Kläger legen eine Bescheinigung des Dr. B vom 30.04.2009 vor. Danach ist die Klägerin in orthopädischer Behandlung. Es wird attestiert, dass die Klägerin das linke Knie nicht abwinkeln könne und es daher ärztlicherseits notwendig sei, einen Pkw mit Automatikgetriebe zu fahren.
Das Finanzamt beantragt, die Klage abzuweisen.
Zur Begründung trägt es im Wesentlichen vor, dass die Kosten einer behindertengerechten Ausstattung eines Kraftfahrzeugs allenfalls durch eine Erhöhung des Kilometersatzes zu berücksichtigen seien. Dies wäre nach der Rechtsprechung des BFH allerdings nur dann möglich, wenn ein außergewöhnlicher Umstand vorläge, etwa wenn Behinderte auf ein besonderes Fahrzeug angewiesen wären, das überdurchschnittlich hohe Aufwendungen erfordere. Ein Automatikgetriebe sei jedoch keine derartige besondere Fahrzeugausstattung, sondern eine, die auch von vielen gesunden Steuerpflichtigen wegen des mit ihr verbundenen Fahrkomforts gewünscht werde und deswegen die Merkmale der...