Entscheidungsstichwort (Thema)
Zeitpunkt der Entstehung der Erbschaftsteuer bei einem betagten Anspruch aus einem Vermächtnis
Leitsatz (amtlich)
Hat der Erblasser letztwillig verfügt, dass ein Geldvermächtnis aus dem Verkaufserlös eines im Nachlass befindlichen Grundstücks zu zahlen ist, ohne für den Verkauf des Grundstücks eine Frist zu bestimmen, so ist ein betagter Anspruch des Vermächtnisnehmers gegeben für den die Erbschaftsteuer nicht bereits mit dem Tode des Erblassers entstanden ist. Die Erbschaftsteuer für diesen Erwerb von Todes wegen entsteht nach § 9 Abs. 1 Nr. 1a ErbStG - frühestens - mit dem Verkauf des Grundstücks.
Normenkette
ErbStG § 9 Abs. 1 S. 1 Nr. 1a, § 14 Abs. 1
Tatbestand
Streitig ist, wann die Erbschaftsteuer für einen Erwerb von Todes wegen entstanden ist.
Am 19. August 1988 verstarb A (im Folgenden Erblasserin genannt). Laut Erbschein des Amtsgerichts - Nachlassgericht - vom 06.12.1988 ist sie aufgrund privatschriftlichen Testaments vom 15.10.1987 von B, ihrem Lebensgefährten und Rechtsvorgänger des Klägers, allein beerbt worden. In ihrem Testament hatte die Erblasserin u. a. verfügt, dass C das Hausgrundstück 1, Gemarkung (im Folgenden 1), als "Alleinerbe" erhalten soll, verbunden mit der Anordnung, dass er das Haus verkaufen und 1/5 u. a. an B sofort auszahlen muss. Wegen des weiteren Inhalts und genauen Wortlauts wird auf das Testament vom 15.10.1987 verwiesen.
Mit notariell beurkundetem Vertrag vom 16.05.1986 hatte die Erblasserin an Frau D nicht nur Räume im Anwesen 1 sowie das von der Erblasserin unter der Firma "E" betriebene Handelsgeschäft für den Zeitraum 1. Juli 1986 bis 30. Juni 1996 verpachtet, sondern ihr nach näherer Maßgabe auch ein Ankaufsrecht über das Grundstück 1 eingeräumt. Das als veräußerlich und vererblich vereinbarte Recht konnte von D frühestens am 1. Juli 1991 - nicht jedoch vor dem Tode der Erblasserin - ausgeübt werden. Beide Seiten waren berechtigt, nach dem Ablauf von 10 Jahren, also ab dem 01.07.1996, den Abschluss des Kaufvertrages zu verlangen, unabhängig davon, ob die Erblasserin dann noch lebt. Die Rechte aus dem Ankaufsrecht sollten erlöschen, wenn nicht wenigstens eine Seite innerhalb von 11 Jahren seit dem 01.07.1986 das Ankaufsrecht ausgeübt hat. Zur Sicherung des Ankaufsrechts bewilligte die Erblasserin die Eintragung einer entsprechenden Auffassungsvormerkung für D, das Recht wurde entsprechend im Grundbuch eingetragen. Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die notariell beurkundete Vereinbarung vom 16.05.1986 verwiesen.
In Erfüllung des Vermächtnisses überließ B als Erbe das Hausgrundstück mit notariell beurkundeter Überlassung und Auflassung vom 07.07.1989 dem Vermächtnisnehmer C. C verpflichtete sich dabei dem Erben und den Herauszahlungsberechtigten gegenüber, die Ausübung des Ankaufsrechts zu verlangen, sobald ihm dies aufgrund der im Vertrag über das Ankaufsrecht getroffenen Bestimmungen möglich ist.
Wegen weiterer Einzelheiten wird auf die notarielle Urkunde vom 07.07.1989 Bezug genommen.
Nachdem B am 12.02.1990 eine Erbschaftsteuererklärung eingereicht hatte, setzte das FA 2 ihm gegenüber mit Bescheid vom 26.06.1990 unter dem Vorbehalt der Nachprüfung wegen des Erwerbs von Todes wegen nach A Erbschaftsteuer i. H. v. 149.025 DM fest. Die Erbfallkosten berücksichtigte es dabei mit dem damals gesetzlich vorgesehenen Pauschbetrag von 10.000 DM, weil für die beantragten Erbfallkosten keine Belege vorgelegt worden seien. Den Vermächtnisanspruch bezüglich des Grundstücks 1 berücksichtigte es hilfsweise und vorläufig mit 1/5 des erhöhten Einheitswertes (= 102.704 DM). Der Bescheid ist dem Kläger als damaligen Bevollmächtigten des B bekannt gegeben worden.
Auf dessen Einspruch hin wurde mit nach § 164 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 12.09.1990 die Erbschaftsteuer auf 105.000 DM herabgesetzt. In diesem Bescheid kam für den vermächtnisweisen Erwerb aus dem Verkauf des Grundstücks 1 kein Wert zum Ansatz mit der Begründung, dass es frühestens zum 01.07.1991 verkauft werden könne. Der Bescheid erging gemäß § 165 Abs. 1 AO vorläufig, da das Grundstück bisher noch nicht verkauft worden sei und demnach noch kein Verkaufspreis feststehe.
Am 16.06.1997 verstarb B.. Der Kläger ist sein Alleinerbe geworden. Zu diesem Erwerb von Todes wegen ist vom zuständigen FA 3 kein Erbschaftsteuerbescheid erlassen worden.
Am 08.07.1999 wurde der zwischenzeitlich für den Erbfall der Erblasserin zuständig gewordenen Erbschaftsteuerstelle des beklagten Finanzamts bekannt, dass das Grundstück 1 für 1 Mio. DM am 15.06.1998 veräußert worden war. Mit nach § 165 Abs. 2 AO geändertem Bescheid vom 05.07.2000 setzte es gegenüber dem Kläger für den Erwerb des B von Todes wegen nach der Erblasserin Erbschaftsteuer i. H. v. 162.412 DM fest. Unter Berücksichtigung von Zahlungen aufgrund eines Vergleichs und Aufwendungen im Zusammenhang mit der Grundstücksveräußerung errechnete es den - anteiligen - Wert des Vermächtnisses mit 123.426 DM. Der Bescheid erging weiterhin vorläufig gemäß § 165 Abs...