Entscheidungsstichwort (Thema)
Haftung des Arbeitgebers nach § 42d EStG
Leitsatz (redaktionell)
Der Arbeitgeber haftet für die Lohnsteuer, die er nach § 38 Abs. 3 EStG einzubehalten und abzuführen hat, § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG.
Die Haftung des Arbeitgebers ist nur in den in § 42d Abs. 2 EStG genannten Fällen ausgeschlossen (fehlerhafte Lohnsteuerkarte; zum Lohnsteuereinbehalt nicht ausreichender Barlohn; Unmöglichkeit nachträglicher Änderung des Lohnsteuerabzugs).
Normenkette
EStG § 42d Abs. 1 Nr. 1, Abs. 2, § 40 Abs. 2 S. 2, §§ 38a, 38 Abs. 3
Nachgehend
Tatbestand
Streitig ist, ob die Klägerin - auch der Höhe nach - zu Recht als Arbeitgeberin nach § 42d Abs. 1 Nr. 1 EStG für Lohnsteuer, die sie einzubehalten und abzuführen gehabt hätte, in Haftung genommen worden ist, weil die Voraussetzungen für eine Lohnsteuerpauschalierung nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG nicht erfüllt waren.
Bei der Klägerin - einer Steuerberatungsgesellschaft - fand vom 26.01.2001 bis zum 20.02.2001 für den Zeitraum Dezember 1996 bis Dezember 2000 erstmals eine Lohnsteuer-Außenprüfung statt. Der Prüfer stellte dabei u.a. folgenden Sachverhalt fest:
"Im Prüfungszeitraum erhielten die Arbeitnehmer jährlich im November folgende Zahlungen des Arbeitgebers:
Mit der Bezeichnung ›Fahrtkostenzuschuss‹ wurde der nach § 9 Abs. 1 Satz 3 Nr. 4 und Abs. 2 [EStG] als Werbungskosten abzugsfähige Betrag für Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte (Jahresbetrag) errechnet, ausgezahlt und pauschalversteuert. Der Differenzbetrag zum errechneten Weihnachtsgeld wurde mit der Bezeichnung ›Weihnachtsgeld‹ nach den persönlichen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer versteuert.
Arbeitnehmer mit höheren ›Fahrtkostenzuschüssen‹ erhielten weniger Weihnachtsgeld als andere Arbeitnehmer mit niedrigeren ›Fahrtkostenzuschüssen‹. Arbeitnehmer, die keine ›Fahrtkostenzuschüsse‹ erhalten konnten, erhielten Weihnachtsgeld ausbezahlt."
Nach Meinung des Prüfers lagen hinsichtlich der "Fahrtkostenzuschüsse" die Voraussetzungen für eine Pauschalierung der Lohnsteuer nach § 40 Abs. 2 S. 2 EStG nicht vor, weil sie nicht zusätzlich zum ohnehin geschuldeten Arbeitslohn erbracht worden seien, sondern unter Anrechnung auf das - freiwillig gezahlte - Weihnachtsgeld. Eine zusätzliche Zahlung liege nämlich auch dann nicht vor, wenn sie unter Anrechnung auf eine freiwillige Sonderleistung, z.B. Weihnachtsgeld, erbracht werde. Es sei unerheblich, ob die zusätzliche Leistung ihrerseits vom Arbeitgeber geschuldet oder freiwillig gewährt werde.
Die "Fahrtkostenzuschüsse" seien deshalb nach den persönlichen Besteuerungsmerkmalen der einzelnen Arbeitnehmer nachzuversteuern.
Wegen der Einzelheiten wird auf den Prüfungsbericht vom 07.08.2001 Bezug genommen.
In den Prüfungsunterlagen befindet sich auch eine Übersicht ("Weihnachtsgeld (2)"), in der für die Jahre 1997 bis 2000 für jeden Angestellten Monatsgehalt, Weihnachtsgeld, Fahrtkostenzuschuss, Summe aus Weihnachtsgeld und Fahrtkostenzuschuss und das Verhältnis dieser Summe zum Monatsgehalt ausgewiesen ist. Letzteres schwankt zwischen 0 (N, 1998) und 173,26 % (A, 1999).
Im Folgenden werden auszugsweise für einige Arbeitnehmer Werte der Tabelle wiedergegeben:
Name |
Jahr |
Gehalt |
Weihnachtsgeld |
FK-Zuschuss |
Summe |
A |
1997 |
1.950,0 |
26,0 |
1.624,0 |
1.650,0 |
|
1998 |
2.000,0 |
0,0 |
1.700,0 |
1.700,0 |
|
1999 |
2.030,0 |
1.700,0 |
1.817,2 |
3.517,2 |
|
2000 |
2.380,0 |
0,0 |
1.800,0 |
1.800,0 |
B |
1997 |
3.750,0 |
1.979,0 |
1.771,0 |
3.750,0 |
|
1998 |
3.825,0 |
1.979,0 |
1.771,0 |
3.750,0 |
|
1999 |
2.875,0 |
1.979,0 |
1.771,0 |
3.750,0 |
|
2000 |
3.950,0 |
857,0 |
2.093,0 |
2.950,0 |
C |
1997 |
2.425,0 |
0,0 |
2.100,0 |
2.100,0 |
|
1998 |
2.475,0 |
0,0 |
2.150,0 |
2.150,0 |
|
1999 |
2.525,0 |
0,0 |
2.150,0 |
2.150,0 |
D |
1997 |
4.100,0 |
815,0 |
2.185,0 |
3.000,0 |
|
1998 |
4.130,0 |
766,0 |
2.234,0 |
3.000,0 |
|
1999 |
4.170,0 |
766,0 |
2.234,0 |
3.000,0 |
|
2000 |
4.200,0 |
26,2 |
1.773,8 |
1.800,0 |
E |
1997 |
1.780,0 |
1.780,0 |
0,0 |
1.780,0 |
|
1998 |
1.820,0 |
1,780,0 |
0,0 |
1.780,0 |
|
1999 |
1.850,0 |
1.780,0 |
0,0 |
1.780,0 |
|
2000 |
2.100,0 |
1.280,0 |
0,0 |
1.280,0 |
F |
2000 |
1.700,0 |
5,2 |
744,8 |
750,0 |
G |
1997 |
3.500,0 |
1.823,0 |
802,0 |
2.625,0 |
|
1998 |
3.600,0 |
2.055,0 |
945,0 |
3.000,0 |
|
1999 |
3.650,0 |
2.055,0 |
945,0 |
3.000,0 |
|
2000 |
5.000,0 |
1.392,6 |
1107,4 |
2.500,0 |
Eine ähnliche Übersicht, beschränkt auf Weihnachtsgeld und Fahrtkostenzuschuss, befindet sich auf S. 5 des Berichts über die Lohnsteuer-Außenprüfung.
Bei den Arbeitnehmern, die inzwischen nicht mehr bei der Klägerin beschäftigt waren, sollte die Lohnsteuer direkt nachgefordert werden.
Für die auf diese Arbeitnehmer entfallende Lohnsteuer nahm das Finanzamt die Klägerin mit Bescheid vom 29.08.2001 i.H.v. 4.818 DM in Haftung, weil sie Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe. Ein Leistungsgebot erging jedoch nicht.
Hinsichtlich der Lohnsteuer (einschließlich Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer) 1997 bis 2000 für die übrigen Arbeitnehmer nahm das Finanzamt die Klägerin mit einem weiteren Bescheid vom 29.08.2001 i.H.v. 8.210,71 DM in Haftung, weil sie Lohnsteuer in unzutreffender Höhe einbehalten und abgeführt habe. Die Klägerin werde anstelle der Arb...