Entscheidungsstichwort (Thema)

Erfordernis der eigenhändigen Unterschrift bei Klageerhebung

 

Leitsatz (redaktionell)

Aus dem Erfordernis der Schriftform für eine Klageerhebung folgt, dass die Klageschrift als bestimmender Schriftsatz von demjenigen, der die Verantwortung für den Inhalt trägt, eigenhändig unterschrieben sein muss.

 

Normenkette

FGO § 64 Abs. 1, § 65 Abs. 1 S. 1

 

Tatbestand

Streitig ist in formaler Hinsicht die Zulässigkeit der Klage.

Die bei Gericht am 10.12.2002 per Fax eingegangene Klage vom 08.12.2002, die im Briefkopf und im Text Frau "…" als Klägerin ausweist, richtet sich gegen die Einkommensteuerbescheide 1995 und 1996 vom 11.03.1998 und vom 18.02.1999 sowie die Einspruchsentscheidungen vom 07.11.2002. Die Klageschrift enthält die handschriftlich ausgeführte Unterschrift "…"

Ein den Streitfall betreffendes Schreiben (Fax) der Klägerin vom 15.12.2002, gerichtet an den Präsidenten des Finanzgerichts, weist ebenso wie ein weiteres Schreiben (Fax) zur Klagebegründung vom 25.01.2003 die gleiche Unterschrift aus. Erstmals ein Schreiben (Fax) vom 04.05.2003 betreffend "Aussetzung des Termins" enthält eine deutlich andere Unterschrift "…"

Als Anlage war diesem Schreiben nochmals per Fax das Schreiben an, den Präsidenten vom 15.12.2002 in Kopie beigelegt, wobei diese Kopie - im Gegensatz zu dem ursprünglichen Schreiben vom 15.12.2002 - nunmehr ebenfalls mit der deutlich anderen Unterschrift versehen war.

Mit Schreiben vom 20.07.2003 hat der Ehemann der Klägerin (Briefkopf: … Unterschrift: … zum Ausdruck gebracht, dass seine Frau aufgrund heftiger Erstickungsanfälle ihn gebeten habe, ihre Arbeit so gut wie möglich zu erledigen.

Herr ist daraufhin zur Vorlage einer Vollmacht (im Original) aufgefordert worden. Diese Vollmacht der Klägerin vom 10.08.2003 (per Fax) und vom 10.09.2003 (im Original) weist die deutlich andere Unterschrift "…" aus, die nicht mit der Unterschrift auf der Klage vom 08.12.2002 übereinstimmt.

Im Anschreiben des Berichterstatters vom 15.09.2003 ist der nunmehrige Prozessbevollmächtigte darauf hingewiesen worden, dass die Klage vom 08.12.2002 nicht von der Klägerin, sondern von ihm selbst - ohne jede Kenntlichmachung eines Vertretungsverhältnisses - unterzeichnet ist. Wegen dieses Verstoßes gegen das Erfordernis der Schriftform sei die Klage vom 08.12.2002 unzulässig, eine Heilung dieses Mangels scheide nach Ablauf der Klagefrist aus.

Mit (Antwort-)Schreiben (Fax) vom 30.09.2003 hat der Prozessbevollmächtigte darum gebeten, die "in Ihrem Schreiben vom 15.09.2003 geäußerten Hinweise mit dem Herrn Vorsitzenden erörtern zu dürfen." Er hat weiterhin zum Ausdruck gebracht, dass gerade die Differenzierung der beiden Ehenamen dem steuerrechtlichen Anspruch auf Unterscheidbarkeit bei Eheleuten entspreche; … könne nur seine Frau sein - … könne nur er sein. In einem Klammerzusatz heißt es wörtlich: "Bei nicht persönlicher Erklärung ist eine Schreibhilfe in der Regel unschädlich, da zu vermuten ist, dass der Aussteller den Schreibhelfer zur Unterzeichnung bevollmächtigt hat (RG 81, 2). Vorsorglich hat der Prozessbevollmächtigte die Aussetzung des gesamten Verfahrens beantragt und im Falle einer Entscheidung die Zulassung der Revision.

Mit Schreiben vom 19.10.2003 in doppelter (Fax-)Ausfertigung - einmal unterschrieben nur von dem Prozessbevollmächtigten (Fax, abgesendet am 19.10.03 um 15:29 Uhr) und einmal unterschrieben von der Klägerin und dem Prozessbevollmächtigten (Fax, abgesendet am 19.10.03 um 21:36 Uhr) - hat der Prozessbevollmächtigte die "Einsetzung in den vorigen Stand" beantragt. Unter Hinweis auf "BVerwG Verw.Rspr.Bd.6 Nr. 205" führt er aus, dass dann, wenn der Prozesshandlung ein wesentlicher Mangel anhafte, das Institut der Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gemäß § 60 VwGO (§ 56 FGO) beantragt werden könne. "Dieser Antrag erfolgt hiermit." Zur Begründung macht der Prozessbevollmächtigte im wesentlichen einen- unverschuldeten Rechtsirrtum geltend; auf seine Ausführungen im einzelnen wird verwiesen. Als Anlage (Fax) hat der Prozessbevollmächtigte dem Antrag beigefügt die Klage vom 08.12.2002 wegen Verspätungszuschlägen 1994, 1995, 1996 (geführt beim Finanzgericht unter dem Az. VI 348/2002, vgl. hierzu das Urteil vom heutigen Tage) mit dem Stempelaufdruck "Duplikat" und neben der Unterschrift dem Klammerzusatz "mit Genehmigung meiner Frau", dem Datum "19.10.03" und der Unterschrift "…"

In der mündlichen Verhandlung hat der Prozessbevollmächtigte bestätigt, dass er die Klage seiner Ehefrau vom 08.12.2002 selbst unterschrieben habe. Er hat hierzu eine eidesstattliche Versicherung seiner Ehefrau vom 12.10.2003 vorgelegt, aus der sich ergibt, dass die Klägerin ihrem Ehemann ausdrücklich Vollmacht erteilt hat, und diese Vollmacht "seit der Terminierung der Klageeinreichung beim Finanzgericht Nürnberg (08.12.2002)" besteht. Bezüglich des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand hat der Prozessbevollmächtigte sich auf einen Rechtsirrtum berufen und darauf hingewiesen, dass sein Schre...

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