Entscheidungsstichwort (Thema)
Umsatzsteuer 1991
Tenor
I. Die Klage wird abgewiesen.
II. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Kläger zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger ist ein eingetragener Verein, der im März 1989 gegründet wurde und als gemeinnützig anerkannt ist. Er betreibt als Zweckbetrieb i. S. des § 68 Nr. 1 a AO ein Altenheim, bzw. Altenpflegeheim.
Im Streitjahr betrieb er sowohl ein Kurzzeit- als auch ein Langzeitpflegeheim. Das Haus, in dem das Heim betrieben wird, verfügt über insgesamt 58 Heimplätze; davon entfallen 23 Plätze auf die Langzeitpflege. Eine konsequente räumliche Trennung hinsichtlich Lang- und Kurzzeitpflege war nicht durchgeführt; gleiches gilt für Personal und Therapieangebote.
Der Kläger hatte für das Streitjahr keine Umsatzsteuererklärung eingereicht, da er der Auffassung war, seine Umsätze seien sämtlich nach § 4 Nr. 16 d UStG von der Umsatzsteuer befreit.
Im Jahr 1995 wurde bei dem Kläger eine Betriebsprüfung durchgeführt, bei der die Prüfer festgestellt hatten, daß der Kläger im Streitjahr auch Umsätze aus sog. Kurzzeitpflege getätigt hatte. Die Prüfer vertraten die Auffassung, für diese Umsätze gelte nach der Rechtsprechung des BFH (Urteil vom 01. Dezember 1994 – V R 116/92, BStBl II 1995, S. 220) die Befreiungsvorschrift des § 4 Nr. 16 UStG nicht, da der Begriff des Pflegeheims nicht solche Einrichtungen umfasse, in denen Pflegebedürftige nur vorübergehend aufgenommen würden. Einrichtungen der Kurzzeitpflege fielen nicht unter § 1 Abs. 1 HeimG, da sie nicht zum ständigen Wohnen alter Menschen bestimmt seien.
Im einzelnen trafen die Prüfer folgende Feststellungen:
Die Tagessätze für die Kurzzeitpflege, die nicht der Prüfung durch die Heimaufsicht unterliegen, lagen ca. 25 % über denen für die Langzeitpflege.
Die Aufnahmebedingungen für die Kurzzeitpflege enthalten u. a. folgende Regelungen:
§ 1 Leistungen des Betreibers
Der Betreiber überläßt dem Gast auf befristete Zeit einen Kurzzeitpflegeplatz in seiner Einrichtung.
§ 2 Leistungen des Gastes
1. Die Höhe des Entgeltes richtet sich nach der Angabe im Aufnahmeschein ….
2. …
3. …
Wenn eine Verweildauer von weniger als 30 Tagen feststeht, ist das Entgelt für die Verweildauer bei Aufnahme fällig.
…
§ 11 Dauer und Kündigung des Vertrages
1. Aufnahmedauer und Vertragsdauer bei Einzug in die Kurzzeitpflegeeinrichtung betragen mindestens 14 Tage und höchstens 9 Monate. Mit der vereinbarten Aufnahmezeit (siehe Antrag), spätestens aber nach 9 Monaten, endet das Vertragsverhältnis, ohne daß es einer Kündigung bedarf…
Die den Prüfern stichprobeweise vorgelegten Aufnahmescheine von Gästen der Kurzzeitpflege enthielten alle einen festgelegten Zeitraum, für den der jeweilige Gast in die Kurzzeitpflege aufgenommen wurde. Hinter der Rubrik „… für den Zeitraum” stand jeweils in Klammern „mindestens 14 Tage, höchstens 9 Monate”.
Den von Prüfern zur Versteuerung herangezogenen Bruttoentgelten in Höhe von unstreitig 1.512.906,00 DM (zzgl. Bearbeitungsgebühren von insgesamt 19.200,00 DM) läge eine Aufenthaltsdauer zwischen 3 und 253 Tagen zugrunde.
Aus mehreren Stammblättern ergab sich, daß Gäste wegen urlaubsbedingter Abwesenheit der Betreuer, bzw. Pflegepersonen in der Kurzzeitpflege untergebracht worden waren.
In einem Werbeprospekt wies die … u. a. darauf hin, welche Gründe es für die Aufnahme in eine Kurzzeitpflegeetnrichtung gebe:
- Senioren zur Urlaubspflege
- Senioren zur Nachsorge nach Krankenhausentlassung
- Senioren zur Erholung
- Senioren, die auf einen Heimplatz warten
- Probewohnen
- Hilfe zur Wiedererlangung der Selbständigkeit
Aufgrund der Prüfungsfeststellungen erließ der Beklagte am 30. November 1995 einen Umsatzsteuerbescheid für das Streitjahr und setzte die Umsatzsteuer auf 99.272,00 DM fest. Der Einspruch, der sich gegen die Festsetzung von Umsatzsteuer in Höhe von 95.282,00 DM richtete, blieb ohne Erfolg.
Mit seiner Klage macht der Kläger – wie bereits im Verwaltungsverfahren – geltend, das Urteil des BFH vom 01. Dezember 1994 sei auf den vorliegenden Fall nicht anwendbar, da die Sachverhalte nicht vergleichbar seien. Er biete eine sog. „Wartepflegeeinrichtung” an, die einen ganz anderen Charakter als Kurzzeitpflegeeinrichtung aufweise als in dem dem BFH-Urteil vom 01. Dezember 1994 zugrunde liegenden Sachverhalt. Er habe vorwiegend hilfebedürftige Menschen aufgenommen, die auf einen Dauerpflegeplatz gewartet hätten. Dementsprechend habe die Vertragsdauer 9 Monate betragen – ein Zeitraum, der normalerweise ausreiche, um einen Dauerheimplatz zu beschaffen. Diese Gäste gäben in der Regel ihren Hausstand schon bei Aufnahme in die Kurzzeitpflege auf. Die Einrichtungen des Klägers stünden allen Bewohnern gleichermaßen zur Verfügung. Beim Kläger handele es sich gewissermaßen um „eingestreute” Kurzzeitpflege ohne räumliche und organisatorische Abgrenzung zum Bereich der vollstationären Dauerpflege.
Der BFH habe hingegen offensichtlich in einem Fall entschieden, in dem nur Kurzzeitpflege betrieben wurde.
Nach dem Urteil des Verwaltungsgerichts Stuttgart vom 23. August 1...