Entscheidungsstichwort (Thema)
Grobes Verschulden durch unvollständiges Ausfüllen der Anlage N
Leitsatz (redaktionell)
Fehlen in der Anlage N Angaben zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte sowie zur Anzahl der arbeitstäglichen PKW-Fahrten und lässt daher das Finanzamt die diesbezüglichen Aufwendungen unberücksichtigt, so steht einer späteren Korrektur des bestandskräftig gewordenen Einkommensteuerbescheides der Vorwurf des groben Verschuldens entgegen.
Normenkette
AO § 173 Abs. 1 S. 1 Nr. 2 S. 1
Tatbestand
Die ledige, 1948 geborene Klägerin, von Beruf ärztliche Schreibkraft, begehrt zu ihren Gunsten eine Änderung der bestandskräftigen Einkommensteuerveranlagung 1997 vom 21. April 1998.
In ihrer zunächst beim Finanzamt ... am 20. März 1998 eingereichten und von diesem wegen Wohnungswechsels der Klägerin (von ... nach ...) an den örtlich zuständig gewordenen Beklagten weitergegebenen Einkommensteuererklärung 1997 hatte die Klägerin in der Anlage N bei den Angaben zu den Werbungskosten unter der Rubrik „Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte“ in der Zeile 33 zu den Aufwendungen für Fahrten das Kästchen „(mit) privaten Pkw“ angekreuzt und als amtliches Kennzeichen: „...“ benannt. Es folgen Angaben in der Zeile 34 zu den wöchentlichen Arbeitstagen („fünf“) sowie Urlaubs- / Krankheitstagen („dreißig“) und Zeile 35 zur Arbeitsstätte (... 2, ...). Die (schwarz umrandeten) Kästchen der Fragen über die Anzahl der Arbeitstage, an denen der Pkw benutzt worden war, und die einfache Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte, sind nicht ausgefüllt. Weitere Werbungskosten sind nicht angegeben.
Das Finanzamt setzte ohne Berücksichtigung von Fahrtaufwendungen den Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000,-- DM gemäß § 9a Satz 1 Nr. 1 a EStG an und veranlagte mit Bescheid vom 21. April 1998 endgültig. Es ergab sich eine Erstattung von insgesamt 18,20 DM.
Mit Schreiben ihres Prozessbevollmächtigten vom 2. September 1999 beantragte die Klägerin eine Änderung der Einkommensteuerveranlagung 1997 dahin, arbeitstägliche Pkw-Fahrten zur Arbeitsstelle wegen „offenbarer Unrichtigkeit“ nachträglich als Werbungskosten zu berücksichtigen. Bei einem Vergleich mit dem Einkommensteuerbescheid 1998, bei dem diese Fahrtaufwendungen angesetzt worden seien, sei der Fehler bemerkt worden. Das Finanzamt hätte der Klägerin die Abweichung von der Einkommensteuererklärung mitteilen müssen. Da dies nicht geschehen sei, sei die klägerische Fristversäumung entschuldbar. Das Finanzamt möge unter Gewährung von Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Fahrtaufwendungen für 228 Tage berücksichtigen.
Mit Verfügung vom 14. Oktober 1999 lehnte das Finanzamt eine Korrektur der Einkommensteuerveranlagung 1997 ab. Mit ihrem Einspruch machte die Klägerin geltend, das Finanzamt habe gegen seine sich aus § 89 AO ergebende Fürsorgepflicht verstoßen; es hätte die Klägerin auf die offensichtlich aus Unkenntnis unterbliebenen Angaben in der Steuererklärung hinweisen müssen. Das Finanzamt sei gehalten, die Veranlagung 1997 nach § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 AO, hilfsweise nach § 172 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 a AO i. V. m. § 110 AO zu ändern. Die kürzeste Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte betrage 45 km. Somit seien für 228 Fahrtage 7.182,-- DM als Werbungskosten anzusetzen. Jedenfalls sei die insoweit zu Unrecht festgesetzte Steuer zu erlassen.
Mit Entscheidung vom 14. Februar 2000 wies das Finanzamt den Einspruch als unbegründet zurück.
Mit der hiergegen gerichteten Klage verfolgt die Klägerin ihr Begehren unter Hinweis auf § 126 Abs. 3 AO weiter.
Sie beantragt (sinngemäß),
unter Aufhebung des ablehnenden Bescheids vom 14. Oktober 1999 und der hierzu ergangenen Einspruchsentscheidung vom 14. Februar 2000 das Finanzamt zu verpflichten, den Einkommensteuerbescheid 1997 vom 21. April 1998 dahin zu ändern, dass die Einkommensteuer unter Abzug von Werbungskosten für Pkw-Fahrten zwischen Wohnung und Arbeitsstätte von 7.182,-- DM (228 Tage x 45 km x 0,70 DM), diese gekürzt um den bereits berücksichtigten Arbeitnehmer-Pauschbetrag von 2.000,--, neu festgesetzt wird.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Nach seiner Auffassung sind die Voraussetzungen der hier allein in Betracht kommenden Korrekturnorm des § 173 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 AO nicht erfüllt, da der Klägerin grobes Verschulden daran vorzuwerfen sei, dass die Entstehung und der Umfang von arbeitstäglichen Fahrten zur Arbeitsstelle erst nach Erlass des Steuerbescheids 1997 dem Finanzamt bekannt wurden. Aus dem Umstand, dass die Klägerin unter Benennung des amtlichen Kennzeichens ihres Pkw Erklärungen zur Lage der Arbeitsstätte, zur Arbeitswoche und zu der Anzahl der Urlaubs- / Krankheitstage getätigt habe, habe nicht darauf schließen lassen können, dass der Pkw auch tatsächlich benutzt worden sei. Insbesondere hätten die unabdingbaren Vorgaben zur Anzahl der tatsächlichen Fahrten und zur Entfernung zwischen Wohnung und Arbeitsstätte gefehlt. Für das Erreichen des Arbeitsplatzes bestünden auch anderweitige Möglichkeite...