Entscheidungsstichwort (Thema)

Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO

 

Leitsatz (amtlich)

Leistungsempfänger im Sinne von § 37 AO kann auch eine Person sein, an die gar nicht geleistet werden sollte, welche die Leistung also unbeabsichtigt, nur zufällig erhalten hat. Dies gilt jedenfalls dann, wenn der Leistende durch die Leistung an diesen Dritten im Verhältnis zu seinem Gläubiger nicht von seiner Leistungspflicht befreit worden ist. Die Leistung kann nach § 37 Abs. 2 AO zurückgefordert werden. Wesentlich ist lediglich, dass eine Leistung beabsichtigt und ausgeführt worden ist.

 

Normenkette

AO § 37 Abs. 2

 

Tatbestand

Streitig ist, ob dem Beklagten ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 der AbgabenordnungAO- gegen die Klägerin zusteht.

Am 26. Juli 2002 überwies der Beklagte einen Erstattungsbetrag aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung Mai 2002 der Fa. V. GmbH in Höhe von 10.078,50 € auf das Konto 1108128 bei der Klägerin. Hierbei handelte es sich um das ehemalige Girokonto der Fa. V., das die Klägerin mit Schreiben vom 16. Juli 2002 gegenüber der Fa. V. fristlos gekündigt hatte.

Unter dem Datum vom 29. August 2002 erließ der Beklagte wegen der vorangegangenen Überweisung einen an die Klägerin gerichteten Rückforderungsbescheid. Diesen begründete der Beklagte damit, dass die Erstattung unberechtigt gewesen sei, weil das Konto durch das Geldinstitut selbst gekündigt und aufgelöst worden sei. Damit sei die Klägerin als Leistungsempfänger im Sinne des § 37 Abs. 2 der AbgabenordnungAO- anzusehen und nicht die Erstattungsberechtigte und frühere Inhaberin dieses Kontos. Der Beklagte habe mit der Zahlung eine Leistung durch Rückzahlung einer Steuer erbracht. Empfänger dieser Leistung sei die Klägerin gewesen. Diese sei zwar ehemals – bis zum Juli 2002 – von der Fa. V. beauftragt gewesen, für sie Zahlungen in Empfang zu nehmen und zu verbuchen. Im Rahmen eines solchen Vertragsverhältnisses nehme das Geldinstitut eingehende Zahlungen als Vertreter oder "Zahlstelle" entgegen, da diese für die Fa. V. bestimmt gewesen seien. Da durch die Kündigung des Kontos durch die Klägerin selbst ein Auftragsverhältnis nicht mehr bestanden habe, habe sie, die Klägerin, auch nicht mehr als Vertreterin der Fa. V., für die die Zahlung bestimmt gewesen sei, auftreten können. Die Klägerin habe bei Empfang dieser Zahlung nicht mehr im Namen eines Dritten – ihrer ehemaligen Auftraggeberin -, sondern im eigenen Namen und auf eigene Rechnung gehandelt.

Den hiergegen fristgerecht eingelegten Einspruch wies der Beklagte mit Einspruchsentscheidung vom 10. Oktober 2002 zurück. Zur Begründung führte er aus, dass die Klägerin das Vertragsverhältnis am 16. Juli 2002 mit sofortiger Wirkung gekündigt habe. Dies habe zur Folge gehabt, dass die Klägerin ab diesem Zeitpunkt nicht mehr im Namen ihrer ehemaligen Auftraggeberin habe handeln können, sondern die nach der Kündigung eingehende Zahlung in eigenem Namen und für eigene Rechnung verbucht habe. Die Klägerin sei daher zur Herausgabe des überwiesenen Betrages verpflichtet. Durch die Kündigung des Vertrages habe die Klägerin zum Ausdruck gebracht, dass sie das bis zum Zeitpunkt der Kündigung bestehende Auftrags- und Geschäftsbesorgungsverhältnis nicht mehr wahrnehmen werde. Damit habe sie mangels eines wirksamen Vertragsverhältnisses kein Recht mehr gehabt, Zahlungen für die Fa. V. in Empfang zu nehmen. Die Klägerin habe eine Steuerrückzahlung nach § 37 Abs. 2 AO entgegengenommen. Für die Zahlung dieser Steuererstattung an sie habe kein Rechtsgrund bestanden, weil materiell erstattungsberechtigt aus der Umsatzsteuer-Voranmeldung nur die Fa. V. gewesen sei. Die von der Klägerin vertretene Auffassung, wonach die Zahlung an sie selbst erfolgt sei, sei unzutreffend, da eine Erstattung mit schuldbefreiender Wirkung nur an den materiell Erstattungsberechtigten erfolgen könne. Da die Erstattung ohne rechtlichen Grund an die Klägerin als ein am Steuerschuldverhältnis unbeteiligten Dritten erfolgt sei, bestehe ein Rückforderungsanspruch nach § 37 Abs. 2 AO.

Mit ihrer hiergegen erhobenen Klage verfolgt die Klägerin ihr Rechtsschutzziel weiter.

Zur Begründung trägt sie vor, dass die Fa. V. nach Zugang der fristlosen Kündigung der Kontoverbindung in der Lage gewesen sei, den Beklagten auf die Kontokündigung hinzuweisen und die Auszahlung des Erstattungsbetrages auf eines ihrer anderen Geschäftskonten zu verlangen. Dies gerade habe die Fa. V. unterlassen. Damit sei die Zahlung des Beklagten auch nicht ohne rechtlichen Grund erfolgt. Vielmehr müsse er die am 26. Juli 2002 auf das aufgekündigte Konto erfolgte Zahlung gegen sich gelten lassen, da zwar aufgrund der Kündigung vom 16. Juli 2002 der Geschäftsbesorgungsvertrag zwischen der Klägerin und der Fa. V. aufgekündigt worden sei, eine Rechtsbeziehung zwischen ihnen in Form des Abwicklungsverhältnisses aber weiter fortbestehe, da die Fa. V. zur Rückzahlung der aufgelaufenen Verbindlichkeiten in Höhe von rd. 187.000 € weiterhin verpflichtet sei. Gerade zur teilweisen...

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