Entscheidungsstichwort (Thema)
Zur anteiligen Kürzung des als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachten Pflichtteilsanspruchs, wenn nach § 13a ErbStG teilweise steuerbefreite Anteile an einer Kapitalgesellschaft zum Nachlass gehören
Leitsatz (amtlich)
Gehören zum Nachlass nach § 13a ErbStG teilweise steuerbefreite Anteile an einer Kapitalgesellschaft, so ist der als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachte Pflichtteilsanspruch gemäß § 10 Absatz 6 Satz 5 ErbStG verhältnismäßig zu kürzen.
Bei der Verhältnisrechnung ist von den Verkehrswerten auszugehen (entgegen H 31 ErbSt-Handbuch 2003).
Normenkette
ErbStG § 10 Abs. 6 S. 5, § 13a
Tatbestand
Strittig ist, ob der als Nachlassverbindlichkeit geltend gemachte Pflichtteilsanspruch verhältnismäßig gemäß § 10 Absatz 6 Satz 5 ErbStG zu kürzen ist, wenn zum Nachlassvermögen Anteile an Kapitalgesellschaften gehören, die nach § 13 a ErbStG teilweise steuerbefreit sind.
Die Klägerin ist neben ihrer Schwester M. W. eine Enkeltochter der am 18. November 1998 verstorben J. W. (Blatt 27 ErbSt-A). Einziges Kind der Erblasserin ist ihr Sohn W. W., der Vater der Klägerin. Im notariellen Testament vom 23. Oktober 1984 (Blatt 7/8 ErbSt-A) enterbte die Erblasserin ihren Sohn und bestimmte die beiden Enkelinnen zu gleichen Teilen zu Erbinnen.
Das Nachlassvermögen umfasst neben Grundvermögen, Wertpapieren, Kapitalfor-derungen und Schulden auch Betriebsvermögen in Form von Anteilen an der K & Co GmbH und der J. F. Söhne GmbH.
Im Erbschaftsteuerbescheid vom 6. November 2000 (Blatt 125 ff. Rb-A) ging der Beklagte von einem Reinnachlass im Wert von 2.141.948 DM aus. Darin sind die Anteile an den beiden Kapitalgesellschaften im Gesamtwert von 2.240.814 DM nach Abzug des Freibetrags (§ 13a Absatz 1 ErbStG) in Höhe von 500.000 DM und eines 40-prozentigen Bewertungsabschlags (§ 13a Absatz 2 ErbStG) in Höhe von 696.326 DM mit 1.044.448 DM enthalten. Obgleich der Vater seinen Pflichtteilsanspruch in Höhe von 2.000.000 DM geltend gemacht hatte (Bl. 88 ff ErbSt-A), berücksichtigte der Beklagte unter Berufung auf § 10 Absatz 6 ErbStG lediglich 932.594 DM und setzte die Erbschaftsteuer auf 145.635 DM fest.
Gegen diesen Bescheid legte die Klägerin innerhalb eines Monats Einspruch (Blatt 136 ff. Rb-A) mit der Begründung ein, der Pflichtteilsanspruch sei vollumfänglich abzugsfähig, da die Voraussetzungen der Kürzungsvorschrift nicht vorliegen würden. Außerdem rügte sie die vom Beklagten angestellte Verhältnisrechnung als fehlerhaft.
In seiner Einspruchsentscheidung vom 13. Juni 2001 (Blatt 167 ff. Rb-A) ging der Beklagte nunmehr von einem Reinnachlass in Höhe von 1.598.125 DM aus und minderte die Erbschaftsteuerfestsetzung auf 104.850 DM. Den geltend gemachten Pflichtteilsanspruch berücksichtigte er dabei in Höhe von 1.476.417 DM. Im übrigen wies er den Einspruch unter Hinweis auf Abschn. R 31 Absatz 2 Erbschaftssteuer-Richtlinien mit dem Argument zurück, § 10 Absatz 6 Satz 5 ErbStG gestatte den Abzug von Schulden, die im Zusammenhang mit nach § 13a ErbStG begünstigten Anteilen an Kapitalgesellschaften stehen, lediglich im Verhältnis des steuerlichen Wertes der Anteile nach und vor Anwendung des § 13a ErbStG. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Einspruchsentscheidung Bezug genommen.
Mit der am 16. Juli 2001 erhobenen Klage begehrt die Klägerin weiterhin die Berücksichtigung des Pflichtteils in Höhe von 2.000.000 DM. Hierzu trägt sie im Wesentlichen vor:
Die vom Beklagten vorgenommene Kürzung der Pflichtteilsschuld sei fehlerhaft, da die Pflichtteilsschuld in keinem wirtschaftlichen Zusammenhang mit den nach § 13a ErbStG befreiten Anteilen an Kapitalgesellschaften stehe. Ein wirtschaftlicher Zusammenhang im Sinne von § 10 Absatz 6 ErbStG liege nach der Entscheidung des BFH vom 21. Juli 1972 (BStBl II 1973 Seite 3) dann vor, wenn die Entstehung der Schuld unmittelbar auf Vorgängen beruhe, die die Anteile an Kapitalgesellschaften betreffen. Beim Pflichtteilsanspruch würde es sich aber um eine Schuld handeln, welche die Anteile an den steuerbegünstigten Kapitalgesellschaften lediglich mittelbar belaste, da der Pflichtteilsanspruch gemäß § 2303 Absatz 1 BGB eine Geldforderung sei, die den gesamten Nachlass und nicht bloß einzelne Nachlassgegenstände belaste. Eine andere Auslegung würde den zivilrechtlichen Grundlagen, die zur Auslegung der Erbschaftssteuer heranzuziehen seien, nicht gerecht werden, da nach dem deutschen Erbrecht keine einzelnen Nachlassgegenstände, sondern Erbquoten übertragen werden, die mit entsprechenden Verbindlichkeiten wie dem Pflichtteilsanspruch belastet seien. Bereits hieraus ergebe sich, dass der Pflichtteilsanspruch sich gegen den gesamten Nachlass richte und damit kein wirtschaftlicher Zusammenhang mit einzelnen Nachlassgegenständen gegeben sein könne. Für einen fehlenden wirtschaftlichen Zusammenhang des Pflichtteilsanspruchs mit einzelnen Nachlassgegenständen spreche zudem dessen Natur als Geldforderung. Eine quotale Kürzung der Pflichtteilsschuld widerspreche daher sowoh...