Entscheidungsstichwort (Thema)

Zur Berechnung eines Auflösungsverlustes bei wesentlicher Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft

 

Leitsatz (redaktionell)

Nachträgliche Anschaffungskosten einer im Privatvermögen gehaltenen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft, an der einer von zwei Gesellschaftern wesentlich beteiligt ist, sind im Rahmen eines Auflösungsverlustes nach § 17 EStG in der im Veranlagungszeitraum 1995 gültigen Fassung nur zu berücksichtigen, soweit sie durch das Gesellschaftsverhältnis des wesentlich an der Kapitalgesellschaft beteiligten Gesellschafters veranlasst sind (zugleich: Abgrenzung zur Frage des Drittaufwandes). Ein sachgerechter Maßstab für die Zuordnung der Aufwendungen zu den Gesellschaftsverhältnissen ist aufgrund einer Würdigung aller im Einzelfall vorliegenden tatsächlichen Umstände zu entwickeln, wobei den zeitnah zum Auflösungszeitpunkt liegenden Umständen das größte Gewicht zukommt.

Zur steuerlichen Berücksichtigung von Finanzierungskosten (Schuldzinsen) im Zusammenhang mit einer im Privatvermögen gehaltenen wesentlichen Beteiligung an einer Kapitalgesellschaft in der Zeit vor und nach Auflösung der Gesellschaft.

 

Normenkette

EStG § 17 Abs. 1, 4

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe eines Auflösungsverlustes i.S. des § 17 Einkommensteuergesetz (EStG) in der im Veranlagungszeitraum 1995 geltenden Fassung sowie die steuerliche Berücksichtigung von Schuldzinsen.

Die Kläger sind Eheleute, die im Streitjahr 1995 zusammen zur Einkommensteuer veranlagt worden sind. Der Kläger war als Bauingenieur tätig, die Klägerin als Kfm. Angestellte. Beide Kläger waren Gesellschafter der 1975 gegründeten Ingenieurbau M GmbH (im Folgenden: GmbH) mit Sitz in L. An den Stammeinlagen i.H.v. zuletzt 100.000 DM waren seit 1983 der Kläger zu 75 % und die Klägerin zu 25 % beteiligt; die GmbH-Anteile wurden im Privatvermögen gehalten. Geschäftsführer der GmbH war der Kläger.

Anlässlich einer am 25. Mai 1994 durchgeführten Gesellschafterversammlung beschlossen die Kläger, die GmbH zu liquidieren ; zum Liquidator wurde der Kläger bestellt. Im Protokoll der Gesellschafterversammlung (Einkommensteuerakte ≪EStA≫ Bl.92a ff.) wird als Grund für die Liquidation genannt, dass der Jahresfehlbetrag 1993 der GmbH rd. 539 TDM betrage, keine kostendeckenden Aufträge zu erhalten seien und ein weiterer Verlust, der im Hinblick auf eine anhaltend "restriktive Arbeitsmarkt und Preissituation in der B AG" zu erwarten sei, nicht hinnehmbar sei. Weiterhin ergibt sich aus dem Protokoll, dass der Kläger vorgeschlagen habe, einen Teil der Schulden der GmbH durch Verzicht auf die ihm von der GmbH zugesagten, bei der A-Versicherung rückversicherten Pensionszusagen, einen Betrag von rd. 252 TDM zu übernehmen; dementsprechend enthält das Protokoll den Beschluss, eine Verzichterklärung des Klägers einzuholen und die Auflösung und Auszahlung der Rückdeckungsversicherungen einzuleiten. Außerdem wurde beschlossen, dass die "dann noch bestehenden bzw. im Rahmen der Liquidation noch anfallenden Schulden bei der Stadtsparkasse L" von dem Kläger zu übernehmen seien, falls die Mittel der GmbH hierzu nicht ausreichen sollten; mit der Stadtsparkasse L (im Folgenden: SSK) seien die notwendigen Vereinbarungen einzuleiten (EStA Bl.92c).

Mit Schreiben vom 31. Mai 1994 meldete der Kläger dem Amtsgericht Registergericht L zur Eintragung in das Handelsregister die Auflösung der GmbH mit Wirkung zum 31. Mai 1994 (EStA Bl.92d). Eine offenbar dieser Meldung beigefügte, von beiden Klägern unterzeichnete "Niederschrift über die Gesellschafterversammlung" der GmbH (EStA Bl.92g) datiert auf den 31. Mai 1994 und gibt als Gesellschafterbeschluss u.a. die Auflösung der GmbH zum 31. Mai 1994 und die Bestellung des Klägers zum alleinigen Liquidator wieder.

Dass der Abschluss der Liquidation der GmbH im August des Folgejahres 1995 erfolgt ist, ist zwischen den Beteiligten unstreitig; die Schlussbilanz der GmbH datiert auf den 24. August 1995 (vgl. EStA Bl.32); auch der Beklagte ist davon ausgegangen, dass an diesem Tag das letzte betriebliche Konto ausgeglichen und die Geschäftskasse der GmbH entnommen worden sei (vgl. EStA Bl.154).

In der am 28. November 1996 beim Beklagten eingegangenen gemeinsamen Einkommensteuererklärung 1995 der Eheleute machte der Kläger als Einkünfte aus Gewerbebetrieb einen Auflösungsverlust i.S. des § 17 EStG i.H.v. ./. 1.058.561 DM geltend (EStA Bl.35 ≪Erklärung≫; Bl.33 f. ≪Berechnung≫).

Der Beklagte berücksichtigte hingegen in seinem Einkommensteuerbescheid 1995 vom 1. Oktober 1998 (EStA Bl.163 ff.), mit dem er die Einkommensteuer auf Null DM festgesetzte, als Einkünfte des Klägers aus Gewerbebetrieb nur einen Auflösungsverlust i.H.v. ./. 684.386 DM . An diesen Wert knüpfte der Beklagte auch in seinem Bescheid über die Feststellung des verbleibenden Verlustabzugs zum Schluss des Veranlagungszeitraums 1995 vom 1. Oktober 1998 (EStA Bl.168 ff.) an (für den Kläger festgestellter verbleibender Verlustabzug 153.761 DM). Auf diese Weise beabsichtigte der B...

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